Gabriele Adinolfi
Ein Gespenst geht um in Europa: das Gespenst eines unauffindbaren Faschismus, von dem Paranoiker besessen sind und das die Repressionskräfte, die sich in der Hexenjagd lebendig fühlen, aufstachelt. Es geht um diejenigen, die, um sich ein Image und einen Grund zum Leben zu geben, einen unsichtbaren Bösewicht verfolgen müssen, der vorzugsweise wehrlos ist, denn unter ihnen gibt es wirklich nur wenige, die zurückschlagen könnten. Die einzige Beschäftigung der Angreifer ist es, einen imaginären Feind zu vernichten, über den sie nichts wissen, dem sie aber alle Ursachen für ihr existenzielles Scheitern zuschreiben.
Somit sind wir wieder – allerdings ohne einen Bürgerkrieg – in den dunklen Tagen, in denen das Töten eines Faschisten kein Verbrechen war, und wir befinden uns in der Rechtfertigung der kriminellen Antifa-Banden und sogar der ›Foibe‹, der Gruben, in die Tausende italienischer Zivilisten von Titos Kommunisten bei lebendigem Leib geworfen wurden.
Das ist weit davon entfernt, eine Wiederholung der Geschichte zu sein, sogar weit davon entfernt, eine Farce zu sein, wie Marx sagen würde: Wir befinden uns hier in der dunkelsten und schäbigsten, untermenschlichen Raserei! Für diesen Wahnsinn ist die wichtigste Erklärung das Unglück aufgrund des menschlichen Elends derer, die diesen dummen, blinden und vor allem völlig überholten Haß in sich tragen; aber das ist nicht die einzige.
Es gibt noch eine andere: die historische Entwicklung der Symbiose von Kapitalismus und Kommunismus, die dafür gesorgt hat, daß beide als Mentalitäten und Mechanismen gemeinsam überleben, auch wenn sie sich in unterschiedlichen Formen ausdrücken. China zum Beispiel ist ein Kommunismus, der zum Kapitalismus wurde, die USA sind ein Kapitalismus, der die kommunistische Kernideologie übernommen und gefördert hat.
Was Europa betrifft, so markierte der Fall der Berliner Mauer den wirtschaftlichen und strukturellen Sieg des Kapitalismus über den gescheiterten Kommunismus, aber auch das unsichtbare Eindringen in die westlichen Organe der HVA[1]-Erbenstrukturen der Stasi (Ausdruck desselben Bundes, der Trotzki und Rosa Luxemburg hervorbrachte und sich hauptsächlich mit Sabotage im Westen beschäftigte). Im wiedervereinigten Deutschland nach 1990, begünstigt durch den von der Frankfurter Schule vorbereiteten Boden, wuchsen diese unscheinbaren Strukturen wie ein Endo-Parasit. Das heißt jene Insekten, deren erwachsene Weibchen Eier in den Körper eines unglücklichen Opfers legen und die Larven sich vom Körper des lebenden Insekts ernähren lassen, indem sie es von innen heraus auffressen.
Aber es gibt nicht nur die Kinder der HVA-Stasi, sondern auch die Trotzkisten in Frankreich, die Kinder der Sozialistischen Internationale in den spanisch- und portugiesischsprachigen Ländern und die Katho-Kommunisten in Italien. Alle diese Gruppen haben die kapitalistische Entwicklung begleitet und tun dies auch weiterhin, ohne irgendwelche revolutionären Träume zu verfolgen. Sie haben sich den Mechanismen unterworfen, aber im Gegenzug haben sie sich darin durchgesetzt, der gesamten Gesellschaft, die sie umgestalten wollen, psychologische und geistige Ätzsäuren aufzuzwingen, indem sie zunächst der ›tabula rasa‹ Raum geben.
Heute, wo es keine untereinander unterschiedlichen politischen Linien mehr gibt, sondern nur noch unterschiedliche Vorstellungen von Verwaltung und Kulisse, kommt es auf europäischer und sogar auf amerikanischer Ebene zu einer Wiederholung desselben Musters wie 1974 in Italien. Damals erfolgte die „Befriedung“ der beiden verfeindeten Kompagnons (Christdemokratie – Kommunistische Partei Italiens) durch die terroristische Strategie der wahllosen Massaker in der Menge, die trotz aller Offensichtlichkeiten, Indizien und Beweise den Faschisten zugeschrieben wurden, wodurch ein unmenschlicher und imaginärer Feind geschaffen wurde, der es dann dem gesamten Apparat der IKP und der extremen Linken ermöglichte, sich ungestraft bei der Jagd auf Faschisten und deren physischer Auslöschung auszutoben. Und so gaben sich all diese bedauernswerten Gestalten eine glänzende Rolle, während sie gleichzeitig mit den „Bossen“ kollaborierten, die sie ansonsten zu verfluchen vorgaben.
Das Schema wiederholt sich auf beunruhigende Weise. Der einzige Hoffnungsschimmer besteht darin, daß die hypnotische Wirkung der Propaganda der Online-Netzwerke es ermöglicht, das gleiche Muster zu reproduzieren, ohne daß die Terroristen im Dienste der Hexenjäger zuvor terroristische Massaker begehen müssen. Es reicht aus, darüber auf eine bestimmte Weise zu sprechen, damit sie von gefangenen Zellen als real wahrgenommen werden.
Abgesehen davon ist die Tatsache, daß eine Reihe von psychopathischen, von jeglicher Realität losgelösten Tätern Massenmord übt, wie die berüchtigte ›Hammerbande‹, die unter anderem in Budapest bei der Festnahme von Ilaria Salis[2] zuschlug, eine Tatsache, die nicht von selbst verschwinden wird, und jeder, der sich davon unbeeindruckt gibt, sie heute verharmlost oder gar rechtfertigt, ist mitschuldig am künftigen Blutvergießen, ob er sich dessen bewußt ist oder nicht. Auch wenn er dann natürlich, wie immer, seine Hände in Unschuld waschen wird. Die Erfahrung der illuminierten und besessenen Bourgeoisie, die dem Terrorismus der 1970er Jahre, der zunächst als von der Vorsehung bestimmt begrüßt und dann gerechtfertigt wurde, indem man ihn als ungestüme oder jugendliche Verteidigungsform darstellte, sowohl das „Wohnzimmer“ als auch den Treibstoff und den Schutz bot, hat offensichtlich wenig genutzt. Sie haben sich damals nicht geschämt und werden es auch jetzt nicht tun. Es ist eine Frage der Natur: Manche Menschen sind aus Berufung abscheulich.
[1] Die HVA war die Spionage- und Sabotagestruktur außerhalb der DDR (Kommunistisches Deutschland), die von dem berüchtigten Markus Wolf geleitet wurde.
[2] Ilaria Salis ist eine italienische Antifa, die im Februar 2023 in Budapest in einem Taxi zusammen mit zwei deutschen Anführern der Hammerbande verhaftet wurde, die mit Stöcken, Hämmern und anderen stumpfen Gegenständen ausgerüstet waren, unmittelbar nachdem ihre Kommandos am Rande einer jährlichen patriotischen Kundgebung wiederholt neun nationale Demonstranten, die einzeln ins Visier genommen worden waren, mit 10 gegen 1 angegriffen hatten. Diese wurden brutal auf den Kopf und die Arme geschlagen oder niedergestochen, was zu Anklagen wegen internationaler bewaffneter Bandenverbrechen und mehrfachen Mordversuchen gegen Salis und seine Kollegen führte. Ein Großteil der Linken und der italienischen Medien führt heute eine Kampagne zugunsten der Inhaftierten.
Nachbemerkung:
Für jeden, der sich nur auf die Situation in seinem Land konzentriert, ist es schwierig, die Sensibilität und die Gefahr des gegenwärtigen Moments zu erfassen.
Die antifaschistische (oder antinationale) Inquisition hat ein seit Jahrzehnten nicht gekanntes Ausmaß erreicht. Nicht nur politisch unkorrekte Veranstaltungen werden verboten, sondern sogar Gedenkfeiern. Die Medienpropaganda plakatiert eine völlig künstliche faschistische Gefahr. Währenddessen organisieren sich internationale bewaffnete Banden und greifen an. Wenn wir uns auf das beschränken, was in den Prozessen offiziell ermittelt wurde, gab es 18 Mordversuche in Deutschland und 9 in Ungarn durch die Antifa. Die Angeklagten sind laut den deutschen Richtern nicht mit einer Gefängnisstrafe vereinbar. In Griechenland wurden Anarchisten nach Bombenanschlägen – mit Todesopfern – festgenommen, und obwohl man bei ihnen die Zeitzünder fand, wurden sie mangels ausreichender Beweise freigelassen.
Es scheint, als würden wir die Geburtsstunde der Strategie der Spannung aus den 1970er Jahren in Italien erneut erleben, allerdings auf europäischer Ebene. Hinzu kommt, daß der Krieg in Gaza einige islamistische Minderheiten radikalisiert und sie von befreundeten Mächten und Mafias, die den Krieg in der Ukraine ausnutzen, mit Waffen versorgt werden. Dessen müssen wir uns bewußt sein und wachsam bleiben.