Prof. Dr. Werner Best

 

Es ist heute ein Gemeinplatz, daß das römische Imperium durch ›Rassenmischung‹ den ›Rassetod‹ gestorben sei. Aus dieser Feststellung könnte der Schluß gezogen werden, daß es genügt hätte, durch geeignete Maßnahmen die ›Rassenmischung‹ zu verhüten, damit Rom dem ›Rassetod‹ hätte entgehen können. Wenn aber gefragt wird, durch welche Maßnahmen die ›Rassenmischung‹ verhütet werden konnte, dann fällt der Blick auf die beispielhaften ›Kastenstaaten‹ der nordischen Spartiaten und der arischen Hindu und – stellt fest, daß auch diese mit höchster Weisheit erklügelten und mit größter Härte aufrechterhaltenen Systeme der Rassentrennung dennoch die ›Rassenmischung‹ und den Verfall der Oberschicht nicht aufhalten konnten!

Der Grund hierfür liegt in der lebendigen Totalität der überpersönlichen und überzeitlichen menschlichen Lebenswirklichkeiten der Völker. Wenn Menschen und Menschengruppen durch die Zeiten sich gleichbleibende Gegenstände wären wie Steinblöcke, so könnte man aus verschiedenartigen Menschengruppen Staats-Gebäude in der Weise errichten, daß für alle Zeiten die eine Menschenart den ›Unterbau‹ und die andere Menschenart den ›Oberbau‹ bildete. Die Schichten blieben getrennt und in unverändertem Verhältnis von ›oben‹ und ›unten‹, bis etwa ein allgemeiner Verfall oder eine Katastrophe das Gebäude zum Einsturz brächte.

Menschentum ist aber nicht ein sich gleichbleibender Gegenstand. Es lebt vielmehr – d. h. es wird, es entwickelt sich – in den überpersönlichen und überzeitlichen Lebenseinheiten der Völker, die in gleicher Weise lebendige Totalitäten darstellen wie jedes lebende Einzelwesen. Zu einem lebenden Einzelwesen – einem ›Organismus‹ – gehören notwendig verschiedenartige ›Organe‹, gehören Kopf und Füße, gehört ein eigenes notwendiges ›Oben‹ wie ein eigenes notwendiges ›Unten‹.

Die ›unwürdige‹ dienende Funktion der Füße kann nicht einem fremden, zum Dienen geborenen Wesen übertragen werden. So bedarf auch jede einzelne überpersönliche und überzeitliche Lebenswirklichkeit des Menschentums, die wir Volk nennen, in ihrem Leben, in ihrem Werden, in ihrer Entwicklung von Generation zu Generation verschiedenartiger, von Menschen und Menschengruppen des eigenen Blutes gebildeter ›Organe‹, um sich im Daseinskampf zu behaupten und sich für die Zukunft zu erhalten.

Zwischen diesen ›Organen‹ besteht nicht nur ein gegenwärtiges Zusammenwirken, sondern auch ein lebendiger Entwicklungskreislauf, der am deutlichsten wird im Verhältnis zwischen den sog. ›oberen‹ und den sog. ›unteren‹ Schichten, die sich durch ihre Tätigkeit für das Ganze und durch ihre Lebensweise unterscheiden.

Ständig steigen im Wechsel der Generationen Menschen und Sippen der ›unteren‹ Schichten in die ›oberen‹ auf und sinken Menschen und Sippen aus den ›oberen‹ Schichten in die ›unteren‹ herab. Es scheint, daß hierdurch das Leben einen Ausgleich schafft gegen die einseitige Lebensweise der Einzelmenschen in den nach Aufgaben differenzierten Volksschichten, weil sonst diese einseitige Lebensweise zu einer Entartung der Einzelmenschen und ihrer Nachkommen und damit zur Schädigung des Volksganzen führen würde.

Dies gilt um so mehr, als die technische Entwicklung unserer Zivilisation bereits zu einer bedenklichen physischen und psychischen Erschlaffung führt, so daß der Asienforscher Sven Hedin für die europäischen Völker mit Recht feststellt:

Rein physisch gesehen ist man passiver und bequemer geworden; alle harte Arbeit, die die Menschen stählt, wird jetzt von Maschinen verrichtet. Man verweichlicht und wird schlapp, und die gewonnene Zeit hat kaum irgendwelchen Wert.

Ein Volk – verstanden als überpersönliche und überzeitliche Lebenswirklichkeit des Menschentums – ist also nur so lange ›gesund‹ und entwicklungsfähig, als der lebendige Kreislauf zwischen allen zur Erhaltung des Volkes notwendigen ›Organen‹ besteht. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die ›Organe‹, mit denen das Volk an seiner Erde haftet: die Menschengruppen, die den Acker bebauen, das Vieh ziehen, den Wald pflegen, auf Fischfang fahren oder die Schätze der Erde aus den Schächten bergen.

Immer wieder werden aus diesen erdnahen Volksschichten andere, sog. ›höhere‹ Schichten neu geschaffen, während es jenen ›höheren‹ Schichten nur schwer gelingt, zur Erde zurückzukehren.

Römische Dekadenz, Gemälde von Thomas Couture

Wenn ein Volk seine lebendige Totalität aufgibt, indem es sich als Herrenschicht über andere Völker oder über gemischte Menschengruppen (z. B. Heloten- oder Sklavenmassen) legt, so wirken dennoch die Lebensgesetze von Aufstieg und Niedergang unverändert weiter. Und keine Verfassung und kein Verbot kann auf die Dauer verhindern, daß aus den fremdvölkischen Unterschichten die tüchtigen Elemente aufsteigen und entweder in die Herrenschicht eindringen oder zu ihr in Konkurrenz treten, wie auch ein Absinken der schwachen Elemente aus der Herrenschicht nicht verhindert werden kann, die aber nunmehr nicht in das eigene Blut sondern in das fremde Volkstum absinken und in diesem den Drang ›nach oben‹ steigern.

Der ›Rassetod‹ des römisch-italischen Volkstums begann deshalb nicht erst dann, als seine eheliche und uneheliche Blutvermischung mit allen Völkern des Mittelmeerraumes schrankenlos freigegeben war, sondern bereits in der Zeit, in der dieses Volkstum seine Wurzeln, seine erdnahen Volksschichten, aus der italischen Erde zu lösen begann.

Nach der Schlacht bei Pydna (168 v.d.Z.) bewies der römische Senat noch lebensgesetzliche Erkenntnisse, wenn er sie auch nur zur Vernichtung eines Feindes anzuwenden versuchte: Das makedonische Volk, das als letztes völkisch-bewußtes Volk des Ostens den Römern Widerstand geleistet hatte, wurde in vier Vasallenstaaten zerstückt, zwischen denen nicht nur jede Wirtschaftsgemeinschaft (commercium), sondern auch jede Ehegemeinschaft (connubium) verboten wurde; die Blutseinheit dieses Volkes sollte für alle Zeiten zerrissen werden.

Zur gleichen Zeit aber begann durch die Schuld des gleichen Senats der Zerfall des römisch-italischen Volkstums von seinen Wurzeln her, wie in einer neueren Darstellung der römischen Geschichte treffend ausgeführt ist:

Die Aufrichtung der römischen Weltherrschaft seit 168 wurde aber gleichzeitig der Anfang der Weltausbeutung mit ungeheuren Rückwirkungen auf das siegreiche Staatswesen in seinem Innern. Der alte Bauernstaat begann in der plötzlichen wirtschaftlichen und geistigen Umwälzung schnell und vollkommen zugrunde zu gehen. Die vielen, durch die Kriege um ihre heimische Scholle gebrachten Bauernsoldaten wurden zu Händlern und lösten sich von Italien los, um in den Provinzen und Schutzgebieten ihr Glück zu versuchen. Andere näher bei Rom wohnende ehemalige Bauern suchten Zuflucht in der Hauptstadt, die räumlich und an zweifelhaften Bewohnern rasch wuchs. Wohl steht man in diesen Jahren nach der Schlacht von Pydna diplomatisch und militärisch auf dem Gipfelpunkt des Könnens, aber gleichzeitig wird auch im wirtschaftlichen Ausbeuten der großartigen politischen Leistungen ein Höhepunkt sondergleichen erreicht und in der Folgezeit beibehalten, ja noch gesteigert. Eine mammonistische Entartung ist die Folge, wie sie seitdem das Kennzeichen alles römischen Wesens geworden ist. (Ernst Kornemann)

Die geistige Entwicklung im römischen Imperium aber ging, da der Geist eine Funktion des Lebens ist, mit dem biologischen Verfall der Völker des Imperiums parallel. Die Einzelmenschen, die nicht mehr in den Lebenskreislauf gesunder Völker eingebettet waren, suchten sich und die Welt in dem metaphysischen Individualismus orientalischer Offenbarungsreligionen zu begreifen und verfielen zum großen Teil einer lebensverneinenden Weltflucht oder einer eschatologischen Todesangst.

Bis zum heutigen Tage gehen alle lebensfeindlichen Tendenzen, die den Völkern des europäischen Kulturkreises über die christlichen Kirchen und über das ›Heilige Römische Reich‹ des Mittelalters eingeimpft worden sind, auf diese geistigen Verwesungsprodukte des großen Völkersterbens im römischen Imperium zurück.

Untergang des Römischen Reiches, Gemälde von Giovanni Paolo Pannini,

Aus: Herrenschicht oder Führungsvolk in: ›Reich, Volksordnung, Lebensraum‹, 3.Bd., Darmstadt,1942
Print Friendly, PDF & Email