Pierre-Antoine Plaquevent

Politischer Analyst, Experte für Soft Power und Informationskriege, Frankreich

Multipolarität und ›Offene Gesellschaft‹:

Geopolitischer Realismus gegen kosmopolitische Utopie. Pluriversum gegen Universum.

Laßt uns einen zukünftigen universalen Staat vorstellen, der die gesamte Menschheit umfasst.In der Theorie würde es keine Armee mehr geben, sondern nur eine Polizei. Wenn eine Provinz oder eine Partei zu den Waffen greift, würde sie der Weltstaat zu Rebellen erklären und sie als solche behandeln. Aber dieser Bürgerkrieg, eine Episode der Innenpolitik, würde in der Rückschau als eine Rückkehr zur Außenpolitik erscheinen, da es im Falle des Siegs der Rebellen zu einer Desintegration des Weltstaates kommen würde.

(Raymond Aron, Peace and War between Nations, Paris, 1962)

Die Welt ist keine politische Einheit, sondern ein politisches Pluriversum.

(Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen)

 

Postpolitischer Messianismus der ›Offenen Gesellschaft‹ und der globale Bürgerkrieg

George Soros und die Globalisten bezeichnen ihr politisches Projekt mit dem Begriff der “offenen Gesellschaft”. Für sie stellt die Offene Gesellschaft viel mehr als ein politisches Ideal dar. Es handelt sich vielmehr um eine totale anthropologische Revolution, die darauf abzielt, auf die Menschheit als Ganzes umzugestalten und die  historischen Nationalstaaten abzuschaffen, welche noch immer den normativen Rahmen der internationalen Beziehungen bilden. Um dieses Ziel zu erreichen, bedienen sich die Globalisten einer Form des ›Social Engineering‹, das schrittweise, aber kontinuierlich auf die menschlichen Gesellschaften einwirkt.

Diese Methode, die auf eine schleichende und ununterbrochene Veränderung der Gesellschaft mit dem Wissen der Bürger abzielt, wurde theoretisch von den Gründervätern der Kybernetik und des Kulturmarxismus erdacht. Heute wird sie von Soros-Netzwerken mit einer in der gegenwärtigen Epoche nie dagewesenen Effizienz betrieben. Es handelt sich dabei um eine überpolitische oder metapolitische Konzeption, die darauf abzielt, die Politik und die Vorrechte der Nationalstaaten schrittweise in einem globalen „Superstaat“ aufzulösen, der den Rahmen und die Führung des Lebens der gesamten Menschheit bestimmen würde. Die Menschheit wird als eine einzige, vereinte und integrierte planetarische Ökumene verstanden.

Dieses Konzept der “offenen Gesellschaft ist der radikale Höhepunkt eines historischen Prozesses der Säkularisierung, der im Westen seit der Renaissance einsetzte. Dieser Prozess durchlief verschiedene Phasen: Reformation, Aufklärung, Saint-Simonianismus, utopischer Sozialismus, theoretischer Marxismus, ursprünglicher Kommunismus und Bolschewismus (die zum Stalinismus und “Sowjetismus” mutierten); Kulturmarxismus und universitärer Freudo-Marxismus nach 1945 und schließlich liberal-libertärer Liberalismus nach dem Mai 1968.

Jede Welle dieser Säkularisierungsbewegung war radikaler und tiefer als die vorhergehende. Die ›offene Gesellschaft‹ als ein metapolitisches Projekt faßt alle vorhergehenden Phasen dieses Säkularisierungsprozesses zusammen. Sie fungiert auch als Verbindungsstück zwischen dem anti-stalinistischen Freudo-Marxismus und der liberalen Kritik des Autoritarismus und Historizismus, der von Karl Popper zu dieser Zeit durchgeführt wurde. Anstelle eines platonischen, hegelianischen, marxistischen oder faschistischen “Historizismus” setzt ›offene Gesellschaft‹ den kategorischen und teleologischen Imperativ der Konvergenz aller menschlichen Gesellschaften hin zu einem einzigen globalen “Demos”.

An die Stelle einer geopolitischen und historischen Konzeption eines differenzierten Menschen setzt sie die universalistische und kosmopolitische Konzeption einer einzigen, grenzenlosen Menschheit. Die Zurückweisung des Historizismus, die für das Konzept der ›offenen Gesellschaft‹ spezifisch ist – von Popper geschaffen und von Soros radikalisiert – führt paradoxerweise zu einem “Historizismus vom Ende der Geschichte”. Ein Ende der Geschichte, das alle menschlichen Narrative konvergieren und in einer weltweiten Einheit der Menschheit verschmelzen lassen solle, war endlich realisiert. Hier existiert keine Dialektik zwischen dem Einen und dem Partikularen mehr, sondern viel mehr die Verschmelzung und Vermischung der Partikularismen in einer allgegenwärtigen und planetaren Einheit.

Dieser Begriff der ›Offenen Gesellschaft‹ deckt sehr genau jenes Universum ab, das Carl Schmitt in ›Der Begriff des Politischen‹ erwähnte; ein Universum, das, indem es vorgibt, universell zu sein, dazu neigt, die Existenz des Politischen selbst zu leugnen, das von Natur aus „pluriversal“ ist. Die ›offene Gesellschaft‹ als Ideal eines Endes der nationalen Alterität im Hinblick auf einen endgültigen und utopischen (im wahrsten Sinne des Wortes) Weltfrieden stellt nach der Definition von Carl Schmitt und der Gesamtheit der konservativen Denker eine Verneinung des Wesens des Politischen dar. Die ›offene Gesellschaft‹ ist in Wirklichkeit eine Kosmopolitik, die als Erwartungshorizont das Ende der Geopolitik und das Ende des Politischen hat.

Aus diesem Grund nutzt sie ›Social Engineering (soziale Ingenieurskunst) und Kybernetik zur Kontrolle der entnationalisierten Menschenmassen durch post-politische Mittel, die sie selbst zu verwalten denkt. Aber während die ›offene Gesellschaft‹ die normale Ordnung der internationalen Beziehungen auflöst, indem sie diese von innen parasitär durch überstaatliche und transnationale Identitäten zersetzt, entsteht eine Art universaler Bürgerkrieg, dessen Flammen ständig die gegenwärtigen Ereignisse erhellen.

Das spiegelt sich in gegenwärtigen Konflikten wieder, die immer weniger aus erklärten zwischenstaatlichen Kriegen bestehen, und immer mehr aus asymmetrischen und hybriden Konflikten, in welchen sich die “Partisanen” und Piraten einer universalen, liquiden Gesellschaft gegenseitig in zunehmend vagen, brutalen und unkonventionellen Kriegsschauplätzen gegenüberstehen. Im Geiste des Globalismus sind diese Kriege Prolegomena und der notwendige Prozess hin zu einem baldigen Ende der internationalen Gegensätze.

In dem Maße, wie der Kosmopolitismus und sein antistaatlicher Millenarismus fortschreiten, wird auch der Weltbürgerkrieg fortschreiten. Um diesen unausweichlichen Trend zu bremsen, wird das Ideal des Endes des Staates und einer postpolitischen Parusie, ähnlich wie beim Kommunismus der Anfänge, de facto zur Rückkehr einer Willkür führen, die brutaler ist als alles, was je ein Staat in der Geschichte über seine Bürger verhängt hat.

Wenn die Nationalstaaten bezwungen sein werden, wird ein globaler Leviathan von nie dagewesener und ungebremster Brutalität entstehen. Die Gelbwesten haben sich gegen einen Avatar dieses liberalen Leviathans erhoben. Der liberale Leviathan beschützt die Einwanderer, die er als Sklaven benötigt und um die Nationen aufzulösen, aber er sticht die Augen der Franzosen aus, die sich den Konsequenzen des Globalismus entgegenstellen. Der Macron-Merkel-Leviathan benötigt mehr Einwanderer, um Volksaufstände zu verhindern und sie als Hilfspolizisten gegen französische Patrioten einzusetzen.

Morgen schon kann sich der gesamte liberale Westen in einen Leviathan verwandeln, wenn er sich mit der Gefahr der internationalen Ansteckung durch eine Rückkehr des Nationalismus konfrontiert sieht, und es ist hauptsächlich die Europäische Union, die niemals damit einverstanden sein wird, ihre jakobinisch-globalistische Föderation in ein Bündnis der souveränen, aber miteinander kooperierenden Nationalstaaten umzuwandeln. Das Wesen des Globalismus ist der Populozid, in welcher Form auch immer: blutig unter dem Jakobinismus oder Bolschewismus, milde in seiner heutigen Form. Die ›offene Gesellschaft‹ ist der Populozid (Völkermord) mit einem Lächeln. Aber ein Lächeln, das immer nervöser und verkrampfter werden wird.

Die Offene Gesellschaft und die gegenwärtigen geopolitischen Gräben 

Im Angesicht dieses weltweiten Projekts einer transnationalen ›Offenen Gesellschaft‹ intensiviert sich in der westlichen Welt der Kampf zwischen den Globalisten im Geiste Soros’ (wie Merkel-Macron und anderen wie Trudeau) und einer Tendenz, die ich als neo-westlich bezeichnen würde (hierunter fallen Trump-Orban-Salvini). Diese Bruchlinie zwischen Globalisten und Neo-Westlern zieht sich durch den gesamten Westen und erweist sich als entscheidend für die Zukunft des Systems der internationalen Beziehungen. Werden wir auf eine stärkere globalistische Integration zusteuern oder werden die anglo-protestantische Welt und ihre Verbündeten zusammenhalten, um einer eurasischen strategischen Allianz und der Entstehung einer post-westlichen Welt entgegenzutreten?

Um eine freie Hand im geo-ökonomischen Krieg zwischen dem US-Imperium und seinen strategischen eurasischen Rivalen zu haben, wird es für die Neo-Westler immer wichtiger, den Einfluß des Soros-Netzwerks innerhalb des Westen einzudämmen und ihn auf außerhalb des Westens zu begrenzen. In diesem Sinne kann es nützlich sein, um die Bodenflächen-Giganten China und Rußland in die Schranken zu weisen.

So wie es in Hongkong, der Ukraine, Georgien, Armenien und überall anders verwendet wird, um das Küstenland abzuschließen, welches das eurasische Herzland einkreist. Neo-Westler (welche nicht dasselbe wie Neokonservative aus der Bush-Ära sind) werden sich manchmal mit rechtsgerichteten Zionisten einig, um die Allianz zwischen dem Soros-Netzwerk und der israelischen Linken um Ehud Barak zu kontern, aber sie können auch auseinandergehen, wie der erst kürzlich vollzogene Ausschluß von John Bolton zeigt. In diesen Höhen der politischen Macht des Westens bläst der Wind sehr scharf und ändert seine Richtung sehr schnell…

Die Epsteinaffäre war ein guter Indikator für diese Reibung zwischen der globalistischen “Soros”-Linken und der philozionistischen neo-westlichen Rechten. Bereits 2015 hatte Trump Bill Clinton wegen seiner regelmäßigen Teilnahme an von Jeffrey Epstein veranstalteten “Performances” kritisiert. Sobald man Epstein des Mißbrauchs Minderjähriger verdächtigt hatte, nahm Donald Trump Kontakt mit Bradley Edwards auf, dem Anwalt der jungen Opfer. Bradley Edwards behauptete sogar, daß Trump der einzige ›Prominente‹ gewesen sei, der so gehandelt habe und daß seine Zusammenarbeit sehr wertvoll für ihn gewesen sei.

Darüber hinaus ist Epsteins Nähe zu Ehud Barak bekannt, eine Nähe, die durch Fotos der ›Daily Mail‹ enthüllt wurde, die Ehud Barak zeigen, wie er “Jeffrey Epsteins’ Anwesen in New York im Jahr 2016 betritt, sein Gesicht dabei teilweise bedeckt, zusammen mit anderen jungen Frauen, welche das Anwesen am selben Tag betreten.”

Ehud Barak, der noch Ende Juni 2019 “das Ende der Netanyahu-Ära” angekündigt hatte, fand sich plötzlich in den Schlagzeilen der ›Daily Mail‹ (der verkaufsmäßig zweitgrößten britischen Tageszeitung) als Animateur minderjähriger Mädchen wieder. Dies alles geschah inmitten einer von Spannungen um den Brexit geprägten Periode. Der Brexit wurde von der Regierung Trump gegen die Soros-nahen Euro-Globalisten unterstützt. Ehud Barak wird regelmäßig von der israelischen Rechten beschuldigt, von Soros und seinen israelischen Verbindungsleuten unterstützt zu werden. Netanyahu war als erster hocherfreut über die schmutzigen Enthüllungen über Ehud Barak. Diese Enthüllungen ereigneten sich kurz vor den Wahlen zur gesetzgebenden Versammlung in Israel und erwiesen sich als schwerwiegend für den Likud.

Wir sehen hier eine Achse Trump-Netanyahu im Konflikt mit einer internationalen Clinton-Epstein-Barak-Soros-Linken. Und das ist nur der hervorstechendste Punkt dieser Konfrontation, da an den am meisten umstrittenen sozialen Themen wie Abtreibung, LGBT, Kommunitarismus oder nationaler Identität diese beiden Orientierungen des Westens regelmäßig einander gegenüberstehen und divergieren.

Am Schluß meiner Studie über Soros’ politische Netzwerke sprach ich von “Einheit und Teilung innerhalb des politischen Judentums”; seitdem hat sich diese Trennlinie nur verschärft. Der sehr einflußreiche Neokonservative Daniel Pipes geht sogar so weit, von einer “Fundamentalopposition zwischen dem Staat Israel und dem jüdischen Establishment in Europa” zu sprechen. Daniel Pipes beschuldigt  die jüdische Linke in der Diaspora jene Allianz abzulehnen, die Juden mit westlichen Konservativen und Populisten eingehen sollten, um den Feinden Israels und des Westens, der Linken und dem Islam, zu begegnen.

Diese ständige Anprangerung der “islamischen Linken” ist die Linie, die Goldnadel, Elizabeth Levy, Ivan Rioufol, Eric Zemmour und Medien wie das Magazin ›l’Incorrect‹ in Frankreich verfolgen. Es ist eine Strategie, die darauf abzielt die europäischen Nationen in eine jüdisch-westliche, amerikanisch zentrierte Allianz ins Angesicht des Soroschen’ Kosmopolitismus zu treiben. Diese geopolitische Richtung hat schon immer in den Vereinigten Staaten existiert, wo Robert Strausz-Hupé (von jüdischer und hugenottischer Abstammung) das ›Foreign Policy Research Institute‹ (FPRIForschungsinstitut für Außenpolitik) in den 1950er Jahren gegründet hat, ein einflußreiches geopolitisches Schulungszentrum, das konzeptionell darauf abzielt, Amerika im Kontext des Kalten Krieges aufzurüsten.

Robert Strausz war gewissermaßen der Vater des Neokonservatismus, der die Theorie entwarf, daß ein dekadentes Europa aus den Klauen Rußlands, Chinas und des arabischen Asiens gerettet werden müsse. Um dies zu erreichen, sollte Europa wie eine Provinz des amerikanischen Reiches verwaltet werden, vergleichbar mit der Rolle, die das Römische Reich für die griechischen Städte im Kampf gegen das asiatische Persien spielte. Er theoretisierte auch die Idee eines universellen amerikanischen Imperiums als bewaffneter Aufklärer für die globale Demokratie. Eine Idee, die wiederum von den Neokonservativen des ›Project for the New American Century‹ (PNAC) in den späten 1990er Jahren aufgegriffen wurde.

Neo-Westler wie Trump (oder sein ehemaliger Berater Bannon) sind realistischer, weniger idealistisch und daher weniger interventionistisch als die Neokonservativen. Sie sind weniger an der Idee eines universellen amerikanischen Imperiums, als an der Verhinderung des Auseinanderbrechens der Vereinigten Staaten unter dem Gewicht ihrer inneren Widersprüche interessiert, während sie den amerikanischen Einfluß stark genug aufrecht erhalten wollen, um den Aufstieg Chinas auszugleichen und dabei an der Spitze des internationalen Systems im 21. Jahrhundert zu bleiben.

Aber Trump hält nicht die gesamte Machtstruktur USA in seinen Händen, woraus sich die harschen globalistischen oder zionistischen Tendenzen erklären (welche sich gegenseitig scharf entgegen stehen), die den Vereinigten Staaten ihre jeweilige Agenda aufzwingen und damit Trump davon abhalten, seine Wahlversprechen und eine Rückkehr zu einem moderaten Isolationismus zu erfüllen. Wie wir sehen können, ist das internationale geopolitische System zwischen verschiedenen Entwicklungslinien geteilt, die jeweils versuchen, ihre eigenen geopolitischen, ideologischen und sozialen Ausrichtungen durchzusetzen.

Man könnte diese Entwicklungen wie folgt herunter deklinieren: 

1/ Ein neo-westlicher Pankonservatismus, der von der Trump-Regierung und ihren Verbündeten in Europa, Großbritannien und der israelischen Rechten propagiert wird. Dieser Pankonservatismus will Rußland gegenüber China schonen, aber eine strategische Konvergenz zwischen der EU und Rußland verhindern. In gewisser Weise wird hier das Denken von Samuel Huntington wiederbelebt. Oberflächliche Kommentatoren lachten über Trumps Absichten, Grönland zu kaufen, aber abgesehen davon, daß es einen strategischen Brückenkopf über den Atlantischen Ozean gegen Rußland und Eurasien bilden würde, sollten wir uns daran erinnern, daß Samuel Huntington in seinem Buch “Kampf der Kulturen” genau Grönland und Skandinavien als Teil der christlich-abendländischen Zivilisation in seine Rangliste der Weltzivilisationen einbezog. Dieser Pankonservatismus, der Punkt um Punkt auf dem westlichen Schachbrett errang, hat erst kürzlich einige Rückschläge erhalten, zum Beispiel mit dem Strache-Skandal in Österreich, dem Ende der Lega/MS5 Koalition in Italien und der Blockade des Brexits in Großbritannien. Dies beweist die noch immer intakte Macht der Anhänger von Soros in Europa.

2/ Ein rein nach der Facon Soros geprägter globalistischer Europagedanke, dessen politischer Schwerpunkt gegenwärtig durch das Paar Macron-Merkel verkörpert wird. Daher rührt der Vertrag von Aix-la-Chapelle (Aachen: Vertrag über die deutsch-französische Kooperation und Integration), der von Macron und Merkel in diesem Jahr unterzeichnet wurde. Dieser Vertrag zielt darauf ab, einen integrierten globalistischen Kontinentalpol zu schaffen und einen Plan B für die EU im Angesicht der Gefahren des Zusammenbruches oder auch eines einfachen Richtungswechsels der EU durch den Aufstieg des Souveränismus in Europa abzuschließen. Dieser Aufstieg wurde zumindest für den Moment durch das politische Manövrieren in Italien, Großbritannien und Österreich aufgehalten.

3/ Eine geo-ökonomische Integration Eurasien, dessen Hauptantriebskraft China ist und dessen Bestreben, das groß kontinentale Projekt einer “Neuen Seidenstraße” zu verwirklichen. Es sollte in Erinnerung gerufen werden, daß das Projekt für eine ›Neue Seidenstraße‹ offiziell als “Ein Gürtel, eine Straße” („One Belt, One Road“ /OBOR) betitelt wird und darauf abzielt, sich vom Pazifischen Ozean bis zum Baltischen Meer hin und neben China auf “64 asiatische, nahöstliche, afrikanische, zentral- und osteuropäische Staaten“ auszudehnen. Mit einem Budget von 800 Milliarden bis einer Billion Dollar (das Fünf- bis Sechsfache des Marshall-Plans) könnte dieses Projekt China dazu in die Lage versetzen, das zu tun, was angelsächsische Geopolitiker immer gefürchtet haben: die Integration des gesamten eurasischen Kontinents bis zum Jahr 2049, dem Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China. Ein ökonomische Integration, die das Zentrum der Weltwirtschaft vom Westen nach Eurasien verschieben würde, aber ein Eurasien, das von China und nicht von Europa und Rußland gesteuert wird.

Für eine vierte geostrategische Orientierung Europas

Wir müssen realistisch sein: In jedem der drei Szenarien, die ich soeben ausgeführt habe, fällt den “eingeborenen europäischenVölkern ein Schicksal zu, daß eher dem politischer Objekte als dem von Subjekten gleicht. Die gegenwärtige Situation ist für unsere Völker auf allen Ebenen sehr gefährlich: demografisch, wirtschaftlich, sicherheitspolitisch, kulturell, zivilisatorisch, religiös usw.

In Hinsicht auf Werte und einen bestimmten Willen, die globalistische Kultur des Todes zu zügeln, erscheinen der Pankonservatismus und seine souveränen Verbündeten die beste der drei Optionen zu sein, aber auf der Ebene der Außenpolitik mit der ständigen Parasitierung durch den streng-religiösen Zionismus, erweist sich diese Orientierung als problematisch für unsere geostrategischen Interessen im Nahen Osten und in Eurasien.

Genauso wie das Europäertum Macrons, Attalis, Soros‘ und Merkels zielt er nicht auf Bildung eines Bündnisses europäischer Nationalstaaten ab, um eine höhere Ebene geopolitischer Macht zu erreichen, sondern eher auf die Erschaffung eines paneuropäischen politischen Raumes und “Demos”, der langfristig die historischen europäischen Nationen im Rahmen einer Weltregierung ersetzen könnte. Dieser sogenannte europäische Souveränismus stößt auf eine Aporie: Wie soll sich irgendein kontinentaler Souveränismus mit dem kategorischen Imperativ Kants, von einem Europa als einer regionalen Welt, die Teil eines integrierten weltweiten Regierung ist, vereinbaren? Dieser Europäismus ist nichts anderes als ein Kosmopolitismus, maskiert durch die Versprechungen europäischer Souveränität, die sich niemals erfüllen werden.

Um es noch schlimmer zu machen, ist der europäische Globalismus zwar dazu bestimmt, universal zu sein, jedoch nicht für Mächte außerhalb des Westens. Die Mächte, die sich dem Kampf gegen Soros’ kategorischen Imperativ der Weltregierung verschrieben haben, betrachten ihn als neuen Avatar des westlichen Kolonialismus. Darüber hinaus entwaffnet dieser europäische Globalismus Europa im normalen Gang der weltweiten Angelegenheiten, um unsere Interessen aufrecht zu erhalten oder sogar auszudehnen, im andauernden Kampf zwischen den geopolitischen Mächten. Dieser europäische Globalismus ist nicht universal und nur eine geostrategische Orientierung unter vielen, aber eine, die sich in letzter Konsequenz für Europa als Ganzes tödlich erweisen könnte.

Für uns Europäer ist die Vision, der geopolitische Kompaß, der uns leiten sollte, so scheint es mir, die immer aktualisierbare Idee der Achse Paris-Berlin-Moskau (oder Moskau-Berlin-Paris) und ein strategisch-kontinentales Übereinkommen zwischen blockfreien Souveränisten. Dies ist die einzige geopolitische und zivilisatorische Option, die uns in die Lage versetzt, in erster Linie dem europäischen Globalismus und der tödlichen Soros/Macron/Merkel-Europa-Union entgegenzutreten, aber auch der neo-westliche Anglosphäre und Chinas Aufstieg Grenzen zu setzen. Es wäre schön, wenn wir nicht zwischen der Bestie des Meeres und der Bestie der Erde, zwischen Leviathan (Seeungeheuer) und Behemoth (Landungeheuer), wählen müßten…

Behemoth und Leviathan, Wiliam Blake

Nur ein erneuerter Wille zur Macht und eine euro-russische Kooperation könnten unsere bevorstehende Knechtschaft zum einen oder die Verbreitung des Weltbürgerkriegs zum anderen aufhalten. Nur ein Streben nach euro-russischer Kooperation kann verhindern, daß die romanisch-germanischen und turanischen Völker im globalen geo-ökonomischen Krieg auseinander dividiert werden zwischen Neo-Westlichkeit, Neo-Asiatismus und post-nationalem Globalismus. Auf diesem Weg ist Moldawien ein Grundstein dieser ambitionierten, aber vitalen geopolitischen Architektur für die Zukunft unserer Völker und Nachkommen.

 

Quelle: http://www.pierreantoineplaquevent.fr/2020/03/02/multipolarite-et-societe-ouverte-le-realisme-geopolitique-contre-lutopie-cosmopolitique-pluriversum-vs-universum/
Übersetzt von Solveig de Boissezon
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