Guillaume Faye

Auszug aus dem Buch ›Wofür wir kämpfen‹. Manifest des europäischen Widerstandes. Das metapolitische Hand- und Wörterbuch der kulturellen Revolution zu Neugeburt Europas.

Das CHAOS ist der Zustand der Zerrüttung und der Anarchie eines beliebigen Ganzen, nachdem es durch eine Katastrophe aufgelöst worden ist. Das ›Nach-Chaos‹ (das ›Nachher‹) ist die Wiederaufbauphase einer neuen Ordnung, nach einer revolutionären Logik der Meta-Morphose (Um-Wandlung, Um-Bildung).

Es ist der ewige Zyklus des Lebens, des Todes und der Wiedergeburt, wie er von Friedrich Nietzsche mit seiner Ewigen Wiederkehr des Gleichen, aber auch vom Mathe­matiker René Thom in seiner ›Théorie des Catastrophes‹ veranschaulicht wurde.

Die Gesellschaft, in der wir leben, kann nicht mehr ›zurechtgeflickt‹, das kranke System nicht mehr als solches gerettet werden, auch wenn Konservative aller Schattierungen sich hierüber noch Illusionen machen.

Die Lösung, das Heil, die Rettung können nunmehr nur aus einer chaotischen Situation entstehen (Bürgerkrieg, Wirtschaftskrise gigantischen Ausmaßes, usw.), welche die Geister ›umstülpen‹ wird. Da wird manches, was zuvor unvorstellbar war, plötzlich akzeptabel und unerläßlich werden.

Alle Merkmale werden anders und der Aufbau einer neuen Ordnung (das ›Nachher‹) wird dadurch erst möglich sein. Denn echte Lösungen werden nur in der Krise gefunden.

Um ein neues Haus zu bauen, muß erst das alte unbewohnbar werden und zusammenstürzen. Diese Feststel­lung zu treffen, heißt nicht Pessimist, sondern Realist zu sein.

 

DEKADENZ: Entkräftung eines Volkes oder einer Kultur aus endogenen Gründen, wobei die Identität und die Schöpferkraft dieses Volkes oder dieser Kultur allmählich dahinschwinden und verlorengehen.

In der Geschichte waren die Urgründe der Dekadenz schon immer die gleichen; übertriebener Individualismus und Glückshascherei, Erschlaffen der Sitten, gesellschaftlicher Egoismus, Entmännlichung, Verächtlichmachung der heroischen Werte, überhandnehmender Intellektualismus bei den Eliten, Verfall der Volks­erziehung, Zweckentfremdung oder Vernachlässigung des Seelenlebens und des Sakralen, usw.

Aber auch andere Gründe tauchen häufig auf: Veränderung des völkisch-biologischen Substrats, Entartung der natürlichen Aristokratien, Verlust des historischen Gedächtnisses, Aushöhlung der Grundwerte.

Dekadenz entsteht, wenn die Sorge um den historischen Fortbestand der Volksgemeinschaft nachläßt, wenn die Solidaritäts- und Abstammungsbande innerhalb einer Gemein­schaft sich lockern.

Zusammenfassend kann man festhalten, daß sich in der Dekadenz scheinbar gegensätzliche Symptome vereinigen: ein Übermaß an Vergeistigung bei den Eliten, die sich immer mehr von der Wirklichkeit entfernen, und das Abgleiten der Masse in den Primitivismus (panem et circenses – Brot und Spiele). Das heutige Europa befindet sich in einer solchen Situation.

Meistens wird die Dekadenz als solche gar nicht erkannt, sie wird von ihren Zeitgenossen sogar in Abrede gestellt. Diejenigen, die sie anprangern, werden als Schwarz­seher, Untergangspropheten, Spielverderber verfemt, denn Dekadenzzeiten schmücken sich gerne mit der Maske der Fortschrittlichkeit und des Aufstiegs. Solche Haltungen sind aber nichts anderes als vergebliche Beschwörungen der Wirk­lichkeit: Man schweigt die Symptome tot, um sich zu beruhigen.

Keine Dekadenz sollte allerdings als unumkehrbar betrachtet werden. Es gilt vielmehr, den tragischen Optimismus von Nietzsche zu pflegen.

Guillaume Faye, ᛉ 7. November 1949 in Angoulême; ᛣ 6. März 2019 in Paris

NIHILISMUS: Tiefsitzender Glaube, das Leben hätte ›keinen Sinn‹; Vernichtung aller übergeordneten Werte; zynischer, blasierter Hang zur Verachtung der Grundsätze der Handlung, ja sogar zur Annahme, es gäbe gar keine solche (aus dem lateinischen ›nihil‹ = nichts)

Der Nihilismus ist das Wahrzeichen einer Zeit, in der alles wertlos und gleichwertig ist, in der echter Sinn für das Sakrale verlorengeht und das Haupt­augenmerk der Menschen dem Konsum und der sofortigen Bedürfnis­befrie­digung gilt.

Die lebenserhaltenden Werte (Fortbestand der Sippe, Vertei­digung des eigenen Bodens, Gemeinschaftssinn, Sorge um die späteren Genera­tio­nen, Weitervermittlung der Traditionen, Ästhetik usw.) haben sich aufgelöst zugunsten einer Pseudo-Ethik künstlicher Werte (Humanitarismus, Antirassis­mus, Allgemeinplätze über die ›Demokratie‹, angeblich ›soziales‹ oder ›ökologisches‹ Gerede, das stets und immer von der Wirklichkeit widerlegt wird usw.).

Somit stellt sich der Nihilismus als das unmittelbare Ergebnis des ichbezogenen, obsessiven, rechnerischen Spießertums dar. Wie die derzeitige Entwicklung der Weltwirtschaft deutlich zeigt, liegt das Hauptanliegen des Systems, das über uns Macht ausübt und dazu Befehle gibt, gerade darin, kurzfristigen Finanzgewinn zu gewährleisten und die Wirtschaftlichkeit zu ›maximieren‹ – unter Ausschluß aller anderen Anliegen, auch im Bereich der Volksgesundheit.

Diese Weltsicht ist zutiefst nihilistisch, da sie davon ausgeht, alles andere als die sofortige Befriedigung materieller Bedürfnisse sei wertlos. Sie drückt sich durch den Zusammenbruch jedes historischen Bewußtseins und die Ablehnung jeder Transzendenz aus, die über den kleinlichen, materiellen Egoismus hinausgehen würde.

Heute erleben wir den Höhepunkt des Nihilismus: Entwurzelung des einzelnen, Triumph des Marktes um des Marktes willen, Verschwinden eines echten Lebenssinnes zugunsten seichter Strategien des persönlichen Überlebens oder Reicherwerdens.

Übrigens stellt sich das ersehnte ›Glück‹ nicht ein, sondern eher sein Gegenteil: die Verzweiflung. Diese drückt sich nicht nur in einer noch nie erreichten Selbstmordrate aus, sondern auch in der Morbidität der zeitgenössischen ›Kunst‹ (bildende Künste, Theater, Filmkunst, Literatur usw.), wo alles auf ›die Suche nach dem Absurden‹ abgestellt ist, in der Herabwürdigung der Komik zum Hohn, in der Verdrängung des Lachens durch das Grinsen, der Tragödie durch das Gejammer.

Wir erleben zur Zeit die Implosion der westlichen Ideologien, die bar jeden seriösen Lebensentwurfs sind, die Ausbreitung der Eigenliebe (auch Narzißmus genannt), den kollektiven Selbstmord der Europäer durch Unfruchtbarkeit sowie die Diktatur einer ziellos gewordenen Welt, die tut, als wüßte sie nicht, daß sie einer Katastrophe entgegeneilt.

Es gibt nun Menschen, die im Islam ein Gegengift erblicken. Zugegeben, der Islam ist alles andere als nihilistisch. Doch das Problem liegt darin, daß ein Rück­griff auf den Islam hieße, ein Übel gegen ein anderes auszutauschen, liegt doch das Ziel des Islams gerade darin, die europäische Kultur zu begraben.

Nur eine Explosion wird Europa vom Nihilismus befreien. Erst in einer schweren Kri­se, die das materielle und physische Überleben in Frage stellt, finden die Menschen näm­lich durch eine paradoxale dialektische Umkehrung die transzendente Di­men­sion ihres Daseins wieder: Ist eine bestimmte Schwelle des Niedergangs ein­mal überschritten, ist die Tragödie die Hebamme ihrer Regeneration.

Eine neue, erweiterte Auflage des Buches im Verlag ›Ahnenrad der Moderne‹ ist in Vorbereitung.

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