Pierre Krebs
Seit mehr als 30 Jahren sind wir nie müde geworden zu sagen, zu schreiben und vorzutragen, daß wir in diesem System weder ›rechts‹ noch ›links‹ zu orten waren, sind oder sein werden – aus dem einzigen Grund, daß wir uns mental, kulturell, weltanschaulich oder metaphysisch außerhalb dieses volksfreindlichen Konstruktes befinden.
Aufklärung tut diesbezüglich immer noch Not. Der folgende Text will müde oder vergeßliche Gemüter einmal mehr erfrischen und aufrütteln: Das System ist nämlich gewohnt, innerhalb der klassischen egalitären bzw. judäochristlichen Betrachtungsweise in starren Kategorien zu denken, und es gerät intellektuell und ideologisch aus der Fassung, sobald es sich mit einer Denkungsart auseinandersetzen muß, die eine neue Weltanschauung – aus der vorherrschenden ideologischen Sackgasse heraus – als globale Notwendigkeit fordert, welche das System auf dem politisch-ideologischen Schachbrett seines Gesellschaftsmodells aber nicht einzuordnen vermag.
Die ›Neue Kultur‹ des Ethno-Sozialismus befindet sich, philosophisch gesehen, außerhalb der Weltanschauung, die sowohl die reaktionärste Rechte (jakobinisch aus Tradition, judäochristlich aus Atavismus, kapitalistisch aus Temperament) als auch die unzeitgemäße Linke (neomarxistisch aus Tradition, universalistisch und egalitaristisch aus Atavismus, technokratisch aus Temperament) einschließt.
Sie ist in Werten verwurzelt, die den Menschen auf eine völlig andere Ethik hinlenken, und bewegt sich geistig zwischen den gegensätzlichen Polen einer anderen Auffassung des Lebens und der Menschen, einer anderen Definition ihrer Rechte, ihrer Pflichten, ihrer Bestimmung.
Die ›Neue Kultur‹ bildet nicht nur einen Fremdkörper für die herrschenden Ideen, sie entlarvt außerdem die rein oberflächlichen Teilungen eines Systems, das im großen ganzen stark monolithisch bleibt, wird es doch sowohl ›rechts‹ als auch ›links‹ von denselben merkantilistischen Werten, von derselben egalitaristischen Weltanschauung und von denselben monotheistischen Bezügen am Leben erhalten.
Übrigens: Auch die Bezeichnung ›Neue Rechte‹, die hier in Deutschland wahllos und ungeniert verwendet wird, ist selten zutreffend.
Die Verwendung dieses Begriffes war von vornherein betrügerisch. Die französischen Medien etikettierten erstmals im Sommer 1979 den G.R.E.C.E. als ›Neue Rechte‹. Der G.R.E.C.E. (Groupement de recherche et d’études pour la civilisation européenne) berief sich aber in erster Linie auf eine ›Neue Kultur‹ mit metapolitischer Sendung.
Es war schon damals folglich absurd, eine Bewegung, die außerhalb des Systems stand, deren Ideen weder rechts noch links beheimatet waren und auf einer radikal anderen Weltanschauung fußte, als ›Neue Rechte‹ zu apostrophieren!
Alle, die hier in Deutschland sich als ›identitätsbewußt‹ ausgeben, aber gleichzeitig im Christentum verfangen sind und dennoch die ›Neue Rechte‹ für sich in Anspruch nehmen, müssen sich den Vorwurf der Falschmünzerei gefallen lassen, denn die sog. ›Nouvelle Droite‹ hat sich von Anfang an durch eine klare und fundierte Verwerfung des Judäo-Christentums ausgezeichnet.
Siehe auch: ›Wir lassen uns nicht tätowieren‹ in: Elemente der Metapolitik 6, 1998.
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Jegliche unbequemen Gedanken werden mit Totschlagbegriffen etikettiert. Wann war das jemals anders? Die überlieferten Geschichtsfälschungen belegen es bis zum Überdruss. Die Geschichte davor existierte nur noch in Artefakten, Steinen, Versteinerungen und Metallen – außer sie war in Höhlen vor zerstörerischen Einflüssen geschützt.
Je nach Weltsicht meiner Befürworter oder Kritiker werde ich völlig sinnfrei in irgendwelche Schubladen gesteckt, was zu widersprüchlichen Zuordnungen führt.
Das Orakel von Delphi schweigt für immer!
Die Kirchenfürsten hierzulande huldigen dem Islam und der Regenbogen-Ideologie. Wenn wir uns immer wieder neu an den allzeitlichen Schatzkammern des menschlichen Geistes bereichern, gehören nichtsdestotrotz auch die geistigen Goldmünzen der abendländisch-christlicher Kultur dazu. Ich muß kein gläubiger Christ sein, um im Innern einer Kathedrale Erhabenheit zu empfinden: „Heilige Orte, heidnische wie christliche, sind in Ehren zu halten, nicht weil es einen Gott gibt oder auch nicht, sondern weil diese Orte stille Berührungspunkte zwischen dem einzelnen und dem Makrokosmos sind.“ (C. Paglia „Der Krieg der Geschlechter“ Seite 47, Byblos, Berlin 1993; amerik. EA. 1992) Letzteres bemerkte die italo-amerikanische, vom katholischen Glauben abgefallene, Schriftstellerin Camilla Paglia ungefähr zu derselben Zeit als in Norwegen hölzerne Stabkirchen brannten. Die jugendlichen (wahrscheinlichen) Brandstifter, die sich selbst als heidnische Kämpfer gegen das Christentum sahen, zeigten uns damit, das sie sich nicht grundsätzlich von den Barbaren unterschieden, die bis heute mit ähnlichen Kulturbarbareien im Nahen und Mittleren Osten hervortreten. Dabei wirkt es ohnehin schon grotesk, wenn sich diese Neuheiden als Krieger inszenieren, die doch aber gegen ein Christentum vermeintlich zu Felde ziehen, das nur noch eine leere Hülle, eine sich selbst widersprechende Phrase ist. Das erinnert in seiner karnevalesken Art an die politische Linke, die, schon lange die kulturelle Hegemonie ausübend, sich noch immer in der Rhetorik der weltweit Verfolgten und Unterdrückten übt. Warum kommt uns hierbei wieder der gute alte Don Quichotte in den Sinn? Der politische Islamismus, dem nicht zuletzt von den „christlichen“ Fortführern die Tore geöffnet wurden, ist dagegen eine wirkliche Bedrohung für Europa mit seinen Traditionen und seiner gewachsenen Kultur. Die Möglichkeit jedenfalls, daß in naher Zukunft die eingeborenen gemeinsam mit den fremden neuen Barbaren durch die modernen Ruinen eines Europas wie wir es kannten streifen werden, rückt bei einer sich weiterhin permanent verstärkenden Tendenz in den Bereich des Vorstellbaren.
Wer also sind heute unsere wirklichen Feinde, wer unsere Freunde im Kampf gegen jene? Als Wien zweimal gegen die Türken verteidigt werden musste (1529 und 1683), hielt es das katholische Frankreich lieber mit der türkischen Hohen Pforte. Daß ein osmanischer Sultan die Hagia Sophia einst zu einem Pferdestall machte, hat sich tief dem kollektiven Gedächtnis Europas eingeprägt. Der Neuheide („Heide sein – zu einem neuen Anfang“) und Wortführer der Nouvelle Droite, Alain de Benoist, erklärte vor einigen Jahren sinngemäß, daß Araberfeindschaft heute die größte Dummheit sei. Hier ist schon der Anklang an das bekannte Thomas-Mann-Zitat zum Antikommunismus bemerkenswert. Der Begriff der Neuen Rechten, ob nun der französischen oder deutschen, ist daher genauso unscharf und in sich widersprüchlich wie der von Armin Mohler (1920-2003) nach 1945 eingeführte Begriff der Konservativen Revolution. Als eindeutige Grenzziehung taugen sie beide nichts. Es bleiben letztendlich immer nur die beiden Rechts-Links-Axiome übrig: Gleichheit versus Ungleichheit, die a priori gute Natur des Menschen versus die grundböse Natur des Menschen! Ernst Jünger (1895-1998), der bis heute als einer der Exponenten der Konservativen Revolution und als einer der Hauptvertreter des Weimarer Neuen Nationalismus betrachtet wird, postulierte später den Weltstaat (in „Der Arbeiter“ von 1932 theoretisch bereits vorweggenommen) und konvertierte am Ende seines Lebens zum Katholizismus. Ein Lehrbeispiel dafür, daß sich nicht nur Linke fundamental irren können; das gilt für die Vergangenheit genauso wie für die Gegenwart und Zukunft!