Guillaume Faye

 

Wir kennen die Geschichte von Judas, einem militanten Jünger Christi, der ihn aus Angst vor den Römern und den Juden, also aus persönlichen Gründen, verraten hat.

Diese Kategorie kennt zwei Versionen: Zunächst einmal den militanten Verfechter der Sache, den man unterstützt und gefördert hat, der von der Kerngruppe Hilfe erhalten hat, seine Schulden jedoch nicht zurückzahlt und stattdessen seine Karriere vorantreibt, wobei er den ursprünglichen Treuepakt einfach vergißt.

Im allgemeinen gehörten sie zu denen, die sich anfangs am leidenschaftlichsten und überschwänglichsten in ihrer vorgetäuschten Loyalität zeigten. Aus Karrierestreben, menschlicher Feigheit, nur allzu menschlich, sind sie wieder in die hegemoniale Ideologie zurückgefallen, die sie gleichzeitig fasziniert und erschreckt. Ob sie nun in der Politik, den Medien oder im intellektuellen Bereich tätig sind, sie machen niemals brillante Karrieren im System, denn ihre neuen Herren kennen ihre Vergangenheit und ihre Unaufrichtigkeit sehr gut. Sprechen wir in ihrem Fall von passivem Verrat.

Und dann gibt es noch diejenigen, die sich dem aktiven Verrat verschrieben haben. Sie denunzieren und beschuldigen ihre ehemaligen Freunde der „teuflischen” Ideologien, die sie selbst zuvor geteilt haben, um sich einen Platz in der gutmenschlichen Gesellschaft zu sichern. Sie wechseln die Seiten, versuchen aber gleichzeitig, Freundschaften und Finanzierungen in dem Lager zu bewahren, das sie gerade verraten haben, dank der Taktik der doppelten Sprache („Ich habe mich verändert, ohne mich zu verändern, du, der du mich kennst, weißt das sehr gut... ”).

Sie bemühen sich, die Leiche im Keller vergessen zu machen. Eine Reihe von Naiven fällt darauf herein. Aber ihr Schicksal ist besiegelt: Selbst wenn sie der Verfolgung entgehen, läßt ihnen das System, um das sie buhlen, nicht einmal einen Klappstuhl in der Straßenbahn der politischen Korrektheit, in die sie in aller Eile eingestiegen sind – viel zu spät.

Sie haben sich wieder eingefügt, aber sie sind in die letzte Reihe verbannt worden. Sicherheit um den Preis der Schande. Aber manchmal gibt es Gerechtigkeit: Wenn sie glauben, sich genug vor dem Feind verbeugt zu haben, damit dieser sie akzeptiert, wirft ihnen dieser Feind eines Tages ihre ursprüngliche Verfehlung vor die Füße und entläßt sie von heute auf morgen wie einen Lakaien. Adieu, Kühe, Schweine…

Der Eid von Brutus, Gemälde von Gavin Hamilton, 1763

Der Brutus-Komplex: Brutus ermordete Cäsar aus politischen Gründen, eher aus einer gewissen Überzeugung als aus persönlichem Haß. (Es handelt sich hier natürlich um eine Allegorie).

Diese Psychologie des Verrats betrifft diejenigen, die aus ideologischer Überzeugung systematisch gegen ihr eigenes Lager, nämlich das ihres Volkes, vorgehen. Die bürgerlichen Oberschichten, ob links oder rechts, sind auf diesem Gebiet sehr spezialisiert, ebenso wie die Erben der säkularisierten christlichen Moral oder des Marxismus trotzkistischer Prägung.

Alle Nuancen sind vertreten: vom Verrat aus Bequemlichkeit (für die Karriere) bis zum militanten Verrat (aus leidenschaftlicher Überzeugung). Aber beide sind aufrichtig und beruhen auf dem Ergebnis einer ständigen Propagandakampagne, die einen mentalen Virus hervorgebracht hat, der seit mehreren Generationen die öffentliche Meinung auf wuchernde Weise befällt.

So sind es vom großen Verräter bis zum kleinen Verräter, vom Lehrer bis zum Richter, vom Polizisten bis zum Soldaten, vom Gewählten bis zum „Sozialarbeiter”, vom Journalisten bis zum Gewerkschafter, vom Prälaten bis zum Gaukler – ohne den Technokraten, den hohen Beamten, den Minister, den Politiker, den Künstler, den „Kulturträger” usw. zu vergessen – immer dieselben Dogmen, dieselben totalitären Vulgata, dieselben ideologischen Ikonen, die rigoros angewendet werden, in einer Arbeit von Termiten, die die tragenden Balken der europäischen Zivilisation zerfressen: Kosmopolitismus, Immigrationismus, Dritte-Welt-Denken, masochistische Verachtung des europäischen ethnischen Bewußtseins, Islamophilie, „antirassistische“ Attitüden, Vergötterung der „Durchmischung“ usw.; nicht zu vergessen die massive Verbreitung kultureller Anti-Werte (die für jedes Volk zersetzend sind), die die Sitten und die tiefgreifenden Fortpflanzungsstrukturen betreffen: antiselektive pädagogische Theorien, Anerkennung der Homosexualität als überlegene Normalität, Zerstörung der europäischen Ästhetik, kultureller Relativismus und Ethnopluralismus, Abwertung unserer Volkskultur zugunsten derjenigen der Völker, die uns überfluten, Antinatalismus usw. – die Liste ist sehr lang.

Die Argumente des Verrats: Die Elster schmückt sich mit den Federn des Pfaus

Die Psychologie der verschiedenen Arten von Verrätern wird durch mehrere spitzfindige Argumentationstechniken gestützt, deren Inspirationen von Lügen bis zu naiver oder vorgetäuschter Ahnungslosigkeit reichen. Sie folgen dieser Regel: Die Psychologie des Verrats tarnt Verleugnung als Treue.

Technik Nr. 1: semantische Umkehrung

Als „orwellsche” Eigenschaft aller Totalitarismen wird Weiß zu Schwarz und Schwarz zu Weiß. „Die Einwanderung ist eine Chance für Frankreich”; „Es gibt in Frankreich heute nicht mehr Ausländer als 1935”; „Der Islam ist eine Religion des Friedens”; „Es gibt keine Unsicherheit, sondern nur eine Fantasie der Unsicherheit”, „Es wäre besser, die Vorteile der Einwanderung für unser Land und die Vorzüge der Vermischung und Durchmischung der Bevölkerungen zu lehren”.  

Oder auch: „Populismus” (dem einheimischen Volk eine Stimme geben) ist „demagogisch und undemokratisch”. Noch perfider (und bei bestimmten pseudo-identitären Intellektuellen, von denen einige übrigens eine solch schändliche Etikettierung ablehnen, häufig anzutreffen) ist der ethnopluralistische Trugschluß: Durch die Anerkennung des anderen in der eigenen Gesellschaft würde man die eigene Identität stärken.

Technik Nr. 2: Ablenkung der Aufmerksamkeit

Dabei geht es darum, sich auf falsche Probleme zu konzentrieren oder einen zweitrangigen Gegner als Hauptfeind darzustellen.

Was uns bedroht, ist nicht der Bevölkerungsrückgang, die Migrationswelle aus der Dritten Welt, die galoppierende Islamisierung, die kolossale Verschuldung, die fiskalisch-soziale Sozialisierung der Gesellschaft, der Zusammenbruch des Schulwesens, sondern die „Kommodifizierung der Welt”, die „Kapitalform”, der „Bruch der gesellschaftlichen Bindungen”, der „“US-Zionismus”, usw.

Die sekundären Fragen, die von Fachleuten, die sich in Fachjargon ergehen, im allgemeinen schlecht verstanden werden, werden vorrangig vor den Hauptfragen behandelt. Es sei angemerkt, daß die Intellektuellen, die gegen diese Windmühlen in den Krieg ziehen – ohne das geringste Risiko für sich selbst –, zur Kategorie der falschen Rebellen, der Pseudo-Widerstandskämpfer gehören. Das System braucht eine solche Täuschung (die künstliche „politische Unkorrektheit”, um seine falsche Fassade des Pluralismus aufrechterhalten zu können).

Technik Nr. 3: Künstlicher Optimismus und vorsätzliche Nachlässigkeit

Es ist das „Alles in bester Ordnung, Madame la Marquise“ oder „Mein General, die Suppe ist gut!“.Was für eine kreative Energie bei diesen Jugendlichen aus den Vororten! Rap? Aber das ist doch superkreativ und genial! Standortverlagerungen? Ein positiver Faktor für Wachstum und Stimulierung! Ethnische Erneuerungen? Ein Hilferuf, ein Akt der Liebe!

Jack Lang ist der Spezialist für diese Art von Übungen. Diejenigen, die Alarm schlagen, sind “Declinisten“, die an der Grenze zum Antipatriotismus stehen (These von Villepin) oder altmodische Spießer, die nichts vom „Neo-Tribalismus der postmodernen Gesellschaft verstanden haben, der so reich an Versprechungen ist (Dauerleier des Bibliothekssoziologen Michel Maffesoli).

Technik Nr. 4: Selbstverleugnung, Schuldgefühle, Selbsthass (oder Ethnomasochismus), Xenophilie

Im allgemeinen basiert diese Methode auf wissenschaftlicher, historischer, politischer oder wirtschaftlicher Fälschung.

Das Boot ist seit langem schwer beladen: Verbrechen der Kolonialisierung und des Sklavenhandels, Plünderung der Dritten Welt durch Europa, egalitärer Ethnopluralismus (unsere Zivilisation sei nicht überlegen, sondern vielleicht sogar anderen unterlegen), alte Ideen von ›Ex Oriente Lux‹, von der arabisch-muslimischen Zivilisation, die uns alles gelehrt hat, Schuldgefühle wegen des Zweiten Weltkriegs, kulturelle, sprachliche und geostrategische Amerikanomanie; anthropologische Wahnvorstellungen über „Afrika, die Wiege der Menschheit” oder pseudogenetische Behauptungen über die Nichtexistenz von Rassen.

Aus diesem Diskurs leiten sich beispielsweise die Untergrabung der Weitergabe des europäischen Erbes (folkloristisch, künstlerisch, kulturell, historisch) zugunsten einer Entwurzelung und der erzwungenen Übernahme fremder Kulturen oder das Monopol des „Rassismus” ab, eine Hauptsünde, die nur den Europäern zugeschrieben wird; die systematische Abwertung und das Gebot des Vergessens und der Ablehnung jeglichen Erbes, jeglicher autochthonen Erinnerung; die offizielle Islamophilie usw.

Die trotzkistische Linke und die christlichen Kirchen spielen in diesem Diskurs eine wichtige Rolle. Das ist übrigens ganz normal: Die wahre christliche Weltanschauung ist universalistisch und kosmopolitisch; die marxistisch-trotzkistische Weltanschauung, die daran anknüpft, zielt ganz einfach auf die Zerstörung des europäischen Seins selbst ab, einschließlich des biologischen.

General de Gaulle in Algerien im Juni 1958, der, nachdem er verkündet hat „Vive l’Algérie française“… verriet das ganze Volk der Algerienfranzosen, indem er die FLN (Freiheitsfront der Araber, auf dem Feld militärisch besiegt) an die Macht gebracht hat.

Die Motive des Verrats

Der Verräter, in all seinen Ausprägungen, hat mehrere Motive. Er versucht, seine Niederlage zu rationalisieren, d. h. durch intellektuelle Verschiebung seinen Rückzug in einen Sieg zu verwandeln. Warum?

1. Er hat Angst. Aufgrund des Stockholm-Syndroms schlägt er sich auf die Seite seiner Angreifer, um sie zu beschwichtigen, indem er ihnen und sich selbst vorgaukelt, daß er im Grunde genommen die gleichen Werte habe und daß keine Gefahr bestehe. Aber er hat die Seele eines „Dhimmi” , eines Unterwürfigen (und deshalb ist er heute islamfreundlich): Lieber gedemütigt als verfolgt werden. Er begreift nicht, daß er beides sein wird.

2. Er ist ein Mitläufer und konventionell. Er ist ein Mitläufer. In einer allgemeinen Atmosphäre der Resignation bedeutet Widerstand den sozialen Ausschluß. Verrat bedeutet, mit den Wölfen zu heulen. Aber ein Schaf, das sich mit Wölfen verbünden will, hat kaum Aussicht auf Erfolg. Der Verräter hofft auf intellektuelle, politische, soziale und finanzielle Anerkennung. Er kann sie erhalten, wenn er früh in seinem Leben verrät. Tragikomisch ist die Situation der alten Verräter, die zu spät die Seiten gewechselt haben…

3. Er wird von Ressentiments und Rachegelüsten getrieben. Diese können sehr unterschiedlich sein und haben ihren Ursprung immer in persönlichen „Geheimnissen”. Der Verräter hat mit denen seiner Familie, seines natürlichen Lagers, eine Rechnung zu begleichen. Dies ist am häufigsten der Fall (ich zähle hier nur einige Kategorien auf) bei Trotzkisten oder Para-Trotzkisten, die für Einwanderung und Globalisierung sind, bei Pro-Islamisten usw. Sehr oft liegt dem Verrat eine Frustration zugrunde.

4. Seine Überzeugungen stehen hinter seinen Interessen zurück. Diese Art von Verräter hat nicht so sehr eigene Ideen oder fest verankerte Überzeugungen, sondern ist ein gewiefter Taktiker. Er hat (ob Politiker oder Intellektueller) keine klaren und fundierten Ansichten, keine sichere Doktrin, keine intellektuelle Originalität. Er kopiert und fügt nach Lust und Laune zusammen. Er ist immer ein professoraler Anhänger des Fatalismus, der zu „Realismus” umgedeutet wird. Der Verräter wittert den Zeitgeist, ist immer ein ausgezeichneter Beobachter und Psychologe. Wenn sich der Wind dreht, weiß er wie bei einem Segelboot, seinen Kurs zu ändern und seinen Rumpf neu zu streichen.

5. Er ist verwirrt und fanatisiert von einer Ideologie oder einem Glauben. Das durch das ›Zweite Vatikanische Konzil‹ neu interpretierte Christentum oder der Marxismus in seinen verschiedenen Ausprägungen haben irreparable Schäden angerichtet. Die ideologische Verbindung zwischen dem „sozialen Christentum” und dem Trotzkismus, die in den 60er Jahren vollzogen wurde, ist heute das Rückgrat all dessen, was die europäische Identität bekämpft und verfolgt.

Natürlich können sich diese verschiedenen Kategorien überschneiden. Bei dem verstorbenen Henri Groues, genannt Abbé Pierre (Gott hab ihn selig), vermischte sich beispielsweise der empfundene Haß mit ideologischem Fanatismus. Er forderte die vollständige Öffnung Europas für alle Migranten aus der Dritten Welt. Das stand im Einklang mit seiner Ideologie. Seine übertriebene, medienwirksame Mitleidspose („der Heilige Mann“) hat die öffentliche Meinung immer getäuscht. Ein billiger Saint-Vincent-de-Paul, der Gipfel der Heuchelei.

Die Institutionalisierung des Verräters: die Logik von Kollaboration/Widerstand

Die heutige Situation in Westeuropa ist für diejenigen, die ihr Volk und seine Identität verteidigen, sehr schwierig, denn, wie mir eine russische Nationalistin lapidar sagte: „Die schlimmste Situation für einen Nationalisten ist es, seinem eigenen Staatsapparat gegenüberzustehen, was bei Ihnen in Westeuropa der Fall ist.”. In der Tat müssen die identitären Widerstandskräfte nicht nur gegen die Kollaboration mit dem Feind seitens der Zivilgesellschaft (Medien, Wirtschaftsnetzwerke, Ideologen der offiziellen Lehrmeinung) kämpfen, was noch zu bewältigen ist, sondern müssen vor allem, um ihr eigenes Volk zu verteidigen, mit sehr ungleichen Waffen gegen die Staatsgewalt selbst vorgehen, was bei den russischen Identitären tatsächlich nicht der Fall ist. Sie müssen also Gesetze mißachten, Schläge von Justiz, Polizei, Finanzamt usw. einstecken.

Der Verräter nimmt nicht mehr nur die Form von Einzelpersonen an, sondern verschmilzt mit der Macht selbst, in ihren vielfältigen Ausprägungen, zivil, wirtschaftlich, staatlich, administrativ. Zur Zensur und Neutralisierung von Widerstandsideen kommen Einschüchterung und konkrete Repression hinzu.

Bischof Petrus Cauchon beim Prozeß gegen Jeanne d’Arc, Bildquelle: Wikipedia

Wir befinden uns in folgender Situation: Die staatlichen Instanzen und die sozioökonomischen Kräfte der Zivilgesellschaft (sowohl auf EU-Ebene als auch in jedem einzelnen Land) befinden sich in einer objektiven Situation strategischer Komplizenschaft mit – kurz gesagt – dem Eindringling und der Unterdrückung aller Widerstandskräfte, die natürlich nicht mehr als „subversiv” (wie die sowjetischen Dissidenten) bezeichnet werden, sondern als teuflisch: eine Verschiebung von der ideologischen zur moralischen Ebene.

Die Flamme der Treue

Diese Situation könnte als hoffnungslos erscheinen, ist es aber nicht. Die Institutionalisierung von Verrat und Kollaboration in den Staatsapparaten und in der vorherrschenden Ideologie kann langfristig nur zu einer Verstärkung des Widerstands und zu unerwarteten Formen der Dissidenz führen. Durch eine Auswahl der Mutigsten.

Die Figur des Anti-Verräters, d. h. des Menschen, der seiner eigenen Lebensachse und seinem Volk treu ist, ist die des Ehrenmannes, des vir der Römer, dessen Vorbild natürlich ›Regulus‹ ist, eine herausragende Figur der europäischen Seele, ein römischer Held.

Marcus Atilius Regulus, Folter und Hinrichtung, Kupferstich von Bartolomeo Pinelli

Er hält seinen Eid, auch wenn es ihn das Leben kostet, indem er sich den feindlichen Karthagern ausliefert, um sein gegebenes Wort zu halten. Seine persönliche Ehre verschmilzt mit der seines Volkes. Aber sein Opfer war nicht umsonst, denn Karthago wird schließlich zerstört werden. Das ist das Wesen des Patriotismus, dessen zentrale Tugend die Selbstaufopferung ist.

Der Verräter als historische Figur, ob klein oder groß, Intellektueller oder Beamter des Staatsapparats, konnte und kann niemals das letzte Wort haben, da er sich selbst entfremdet ist. Er besitzt nicht diese Lebensachse (die der hinduistischen Weisheit wohlbekannt ist).

Er ist ständig außerhalb seiner selbst, inkonsequent. Verrät er nur sich selbst? Nein, denn er besitzt keine innere Flamme, keine bejahende und schöpferische Persönlichkeit. Verrät er sich selbst, indem er die Sache seines Volkes mit Füßen tritt? Verachtet der Verräter tief in seinem Inneren, in seiner inneren Stille, sein eigenes Ego?

Das ist nicht sicher, denn er besitzt kein echtes „Ego”. Wie bei den Vampiren aus den Legenden spiegelt der Spiegel nicht sein Gesicht wider, sondern seine eigene Leere. Der Verräter hat nicht die Würde des Feindes, er verdient keine Kriegsauszeichnungen. Sein trauriges Schicksal ist es, weder gehaßt noch geliebt zu werden, sondern eliminiert. Das Schicksal der Ratten.

Quelle: Terre&Peuple Magazin, Nr. 31
Beitragsbild: Der Judaskuss, Gemälde von Giotto Bondone