Gerhard Hess

 

pertho: Topf, Kessel
Phonetischer Wert : p
Tierkreis: Zwillinge
Mai-Mitte

Sakralfest: Perthas/Mai-Quellen-Mutterfest

Quellen- und Brunnenfest zu Ehren der germ. blumenbekränzten Maimutter Perdo/Peratha. Man schmückt seine Brunnen und pilgert zu heiligen Quellen, um Opfer für die Quelldisen zu erbringen.

Die -Rune zeigt in ihrer hieroglyphischen Gestalt den aufgestellten Kessel der großen Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin. Ihre Zahl ist die Elf der Faselzeit; elf goldene Äpfel als Liebesgabe verspricht im eddischen Skirnismál der werbende Bittsteller seiner Liebsten als Morgengabe. Und schon die latènezeitliche Venus des Kultwägelchens von Strettweg/Niederösterreich steht auf einem elfstrahligen Kranz und hält über ihrem Haupt den kultischen Kessel.

Im Gotischen heißt die Rune pertra und gleicht auch im „Codex Salis­burgensis“ dem Topf. Der keltische Name dieser Göttin ist Perta, der germa­nische Perchta, Perahta. Die indogermanische Wortwurzel per– („gebären, hervorbringen“) liegt ebenso zugrunde, wie auch ahd. beraht („hell, glänzend“) mit den Formen bercht, bert, pert, brecht, precht.

Dieser Kessel der Göttin, das Füllhorn oder die Schale, ist das Ursymbol des Weiblichen und seit jeher ein Kult­gerät der weisen Frauen, Heilerinnen und Hebammen. Im übertragenen Sinne steht er für die lebenschaffende und nährende Ge­bär­­mutter der Frau und Erdgöttin. Noch die kelt. Barden des Mittel­alters besangen ihre neue Muttergöttin als Pair („Kessel“).

Eine 1890 bei Nîmes/Frankreich gefundene Inschrift lautet auf den Namen unserer Göttin Perta: pertae ex voto („der Perta geweiht“). In unmittelbarer Nähe der Fundstelle liegt eine Quelle, le Peirou („der Kessel“) genannt. Auch der vedische Satapatha Brahmana sagt es gerade und unmißverständlich heraus: „Der Mutterleib wahr­­lich ist der Topf“, und der Yajurveda ergänzt: „Die Erde ist das große Gefäß.“

Diese Rune der Liebes- und Fruchtbarkeitsmutter ist das starke Zeichen körperhaft weiblicher Wesenheit, ihres bannenden Zaubers, ihrer überwältigenden Wirkkraft im Sinne des kosmogonischen Eros und ihres Königtums über die triebgeprägte Sinnen­welt der Menschheit. Sie mag genutzt werden für jeglichen Zauber der Leidenschaft, für Wollust-, Minne- und Vegetations-Magie.

Gralkult-Wagen von Strettweg aus dem 7. Jh. v.0

Ein so wichtiges altgläubiges Sinnbild und Mythen-Thema wie es der Gral darstellt, konnte der Runen-Schöpfer nicht unerwähnt lassen. Er baute die Grals-Rune an 11. Stelle des ODING-Systems ein, so daß sie im Kalender auf etwa Mitte Mai zu stehen kommt. Die Zahl 11. drückt noch im Verständnis der verfälschten aber auf heidnischen Grundlagen basierenden kirchenchristlichen Zahlenaussagen, die fleischliche Sünde aus. Natürlich hat die Liebeslust und die daraus resultierende Fruchtbarkeit der Menschen sehr viel mit dem zu tun, was die naturferne Christenkirche als Laster- und Unkeuschheits-Sünden bezeichnete. Schon der bronzene „Kultwagen von Strettweg“, aus der Hallstattkultur Süddeutschlands, etwa dem 7. Jh. v.0, zeigt die Grals-Muttergöttin, die als 32 cm hohe Hauptfigur auf dem Wagen steht und mit erhobenen Händen eine Schale trägt, auf der ein nahezu halbkugeliger Kessel – der Gral – ruht. Die Göttin steht auf einer Rosette von 11. Strahlen.

Strettwagen Rosette

Beitragsbild: Jan Fibinger

 

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