Gerhard Hess

algiz oder elhaz: Elch
Phonetischer Wert : z
Tierkreis: Stier
Mai Beginn

Sakralfest: Balderfest

Balder von Ludwig Fahrenkrog

Die oder elhaz-Rune zeigt auf, daß der germanischen Gottes­söhne (Alken) in Gestalt zweier Hirsche gedacht wurde. Wahrscheinlich aus germ. Phol-, Fol- entwickelte sich die deutsche Bezeichnung Pfultag des Wachstumsfülle spen­­denden Baldur zum Maibeginn.

Der -Buchstabe, der als Schlußlaut, also am Ende eines Wortes, eingesetzt wurde, ist die Algiz-Rune. Sie ist das Zeichen der polaren Weltgesamtheit, denn die Zehn ist die Zahl der gegengerichteten und sich gerade deshalb zur Harmonie ergänzenden beiden kosmischen Grundkräfte, was schon in der pythagoreischen Tafel der zehn Gegensätze zum Ausdruck gelangte.

So ist die Rätselfrage Odins aus der Hervarar-Saga nicht verwunderlich: „Wer sind die zwei mit den zehn Füßen, drei Augen und einem Schwanz?“ Die Beiden, die als kosmische allgöttliche Einheit mit ihren Füßen die Weltgesamtheit durchdringen, sind Odin selbst und sein achtfüßi­ges Roß Sleipnir.

Eine andere Allegorie spricht von den beiden Wirkhänden Gottes in der Welt, der rechten und der linken. Die beiden „Hände“ der Allmacht erkannte man auch im Bilde zweier Jünglinge oder zweier Rösser, einem Rappen, einem Schim­mel, oder zweier Schlangen, Hirsche, Elche. Man schaute sie im Mor­­­genstern und Abendstern, auch im Sternbild der Zwillinge.

Die arischen Hethiter nannten sie schon Diwos Sunewes („Himmels­vaters-Söhne“), den Griechen waren es die Dioskuren („Zeus-Söhne“), die Altinder hießen sie Asvins, die Athener Anakes, die Germanen Alki. Sie sind wie Tag und Nacht, wie Sommer und Winter, wie der Pen­delschlag der Ewigkeit, wie Einatmen und Aus­atmen, wie Krone und Wurzelwerk des Weltenbaumes.

Erschei­nungs­formen der Alki sind auch Balder und Höder, der rasche, gute Helle und der blinde, hadernde Kämpfer. In vielfältigen Mythen ringen sie gegeneinander um den Besitz des begehrenswerten Wei­bes, doch der Mythos beschreibt sie auch wieder einträchtig ver­eint.

Gläubige riefen sie zwar in vielerlei Nöten gemeinsam als rettende Helfer an, doch streng­­genommen verlangt uns diese Rune eine Entscheidung ab. Auf welcher Seite stehen wir, welchem Beispiel und welcher Seite un­se­res Wesens wollen wir folgen?

In der schwed. Frithjof-Saga heißt es: „Die Menschheit ist ein kleines Bild von Walhall nur – und jedes Menschen Herz birgt seinen Balder und den blinden Bruder Höder – denn Böses ist stets blind geboren.“

 

Sonnenhirsch: Das Originalbild stammt von der argentinischen Künstlerin María Victoria Mormandi. Einfärbung von Gerhard Hess

DER SONNEN-HIRSCH

Der Sonnen-Hirsch, das Licht-Gebild‘,
schmückt jedes Kämpfers Wappenschild,
wie ebenso sein Sonnen-Rad -,
das inspiriert zur lichten Tat.

So wie der Sonnen-Kreis rotiert,
des Tags zum Firmament marschiert,
so steigt er siegreich auf im Jahr,
zum Siegfest-Ostern siegt er klar.

Danach beginnt die Sommer-Zeit,
zum Wonnemonat ist‘s soweit:
Plejaden geh‘n heliakisch auf,
die Sonn‘ geht ihren Gipfel-Lauf.

An Sommerhalbjahrs Eingang thront
die Algiz-Run‘, wo‘s Hirschlein wohnt,
es prangt der Hirsch zu Anfang Mai,
der Sonnenglanz putzt sein Geweih.

Die Rune zeigt: „Es sprieß die Kraft“,
der Wachstumsgeist, befreit von Haft,
gießt jetzt des Segens Fülle aus -;
das Zeichen wirkt im zehnten Haus.

Dort wirkt die Rune nicht allein,
den ganzen Sommer labt ihr Schein,
bis zum Plejaden-Untergang,
im Nebelmond beim Krähen-Klang.

Und wie der Sonnen-Wolf auch droht,
trotz Troll und Thurs und Wintersnot,
des Hirschleins Lebens-Element
den Weg zum neuen Aufgang kennt.

 

Siehe auch:

https://oding.org/religion/kalenderfragen/der-1-mai

 

Beitragsbild: Jan Fibinger
Print Friendly, PDF & Email