Gerhard Hess
tiwaz: der Gott Tiu/Ziu/Tyr/Himmelsvater
Phonetischer Wert : t
Tierkreis: Widder
April-Beginn
Sakralfest: Tius Sieg über den Winterwolf/Wolfsbindung.
Im eddischen Mythos wird die Inkarnation der Dunkelmächte, der Fenriswolf, durch das Tiu-Opfer mit einer unzerreißbaren Fessel (Gleipnir) gebunden. Der Himmelsgott Tiu opfert dabei seine Schwurhand.
Die -Rune verkörpert die Ordnungskraft des himmlischen Vatergottes Tiwaz / Tiu / Ziu. Sie zeigt das Grundschema des ideellen Weltaufbaus, der Weltstatik mit der senkrechten Stütze, darüber das schützende Himmelszelt.
Die Acht, das pythagoreische Zahlensymbol für überirdische Gerechtigkeit und rechtschaffene Vollkommenheit, markiert ihre Rune ebenso trefflich, wie die Kultnamen des Gottes: Irmio „Gewaltiger“, Riger „Festgefügter“, Thingsus „Gerichtsherr“. Er garantiert in Gestalt der symbolhaft himmeltragenden Allsäule, der Irminsul, den Welterhalt aufgrund seiner kämpferischen Entschlossenheit mit Klugheit und Kraft, um die weltbedrohenden Mächte der Finsternis und des Chaos in Schach zu halten.
Er war es, der dem bedrohlichen Fenris-Wolf die Fesseln anlegte. Doch die rettende Tat gelang ihm nur durch einen Eidbruch dem Untier gegenüber, und der hohen Regel seiner Gerechtigkeit folgend sühnt er dafür mit dem Verlust seiner eigenen göttlichen Schwurhand. Damit gibt sich Tiu als der Erhalter sowohl des kosmischen wie auch des ethischen Weltgefüges zu erkennen.
Vom mythischen Vorbild solcher bedingungslosen, unbeugsamen Tapferkeit gegenüber den lebensbedrohenden Mächten und gleichzeitig einer unwandelbaren Sittlichkeit im selbstgegebenen Rahmen des Gesetzes spricht seine Rune und will zur Nachahmung in unserem kleineren menschlichen Maßstab ermuntern.
Unüberhörbar klingt in diesem Runencharakter der Aspekt einer höheren Verpflichtung von Kampf- und Siegwilligkeit für die natürliche göttliche Ordnung und die moralischen Werte von Recht und Gerechtigkeit, denen wir uns aufgrund einer weisen, freiwilligen Einsicht in die Notwendigkeiten der Allerhaltung unterstellen sollten.
Mit der -Rune, – der achtbaren Acht,
ward des Himmelsherren und Vaters gedacht.
Der Achtstrahlen-Stern ist sein Ideogramm,
des abstrakten Gottbildes uralter Stamm.
Gottes Ur-Prinzip ist der lebendige Aer, –
als Körper des Aer galt das Oktaeder,
d‘rum schätzte der Herr als trautesten Thron
für die heiligen Hallen sein Oktogon.
Oft ist des Sakralbaues Achteck zu finden,
diesen Umstand mögen die Runen begründen.
Und ein göttliches Maß der Tonfolge traf
das Harmonie-Intervall der hehren Oktav‘.
Die Weisen der Veden und der Upanishaden
bewegten sich früher auf diesen Pfaden.
Ihre lauteren Lehrstücke und ihre Lieder
teilten das All in acht kosmische Glieder.
Und die Jünger des Mithras waren gerufen
zu erklimmen die himmlischen Leiterstufen.
Durch die sieben Tore sollten sie gehen,
erst mußten die irdischen Leiber verwehen;
haben Seelen das achte Tor durchschritten,
so haben sie Teil in göttlichen Mitten.
In achter Sphäre, – nur Geist noch und Licht, –
da steh‘n sie vor Gottes Angesicht.
Zwölf Runenpaare das Jahr gestalten,
die Acht ist dreimal darin enthalten:
Gott lebt in allen drei Jahreszeiten,
der Herr kreist in allen Ewigkeiten !