Marco Malaguti

 

 

1. In Europa herrscht Krieg, das ist eine Tatsache.  Wie in vielen Beispielen aus der Vergangenheit ist der Krieg der gegenwärtig die Ukraine gegen Rußland ausspielt nicht mehr als ein Zahnrad im größeren Kampf der weit entfernte Wirtschaften, aufsteigende und absteigende Reiche und Schicksale miteinschließt, die bis vor kurzem nur wenig miteinander gemeinsam zu haben schienen. Für alle Gläubigen sind auch die unergründlichen Pläne des Himmels in diesen Krieg verwickelt. Wie in alten Mythen betreten mysteriöse Kräfte auf beiden Seiten das Feld.

2. Darja Dugina ist in diesem Krieg gefallen, auch das ist eine Tatsache. Darja Dugina starb in einem Krieg den der Westen bereits im weit entfernten Jahr 2014 begonnen hatte, an dem sie aber tatsächlich bereits schon vor viel längerer Zeit teilgenommen hatte, alleine und mit wenigen Verbündeten, als die Front noch weit entfernt schien und die Kanonen noch schwiegen.

3. Dieser Krieg, von dem die Ukraine nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs ist, findet überall statt. Nicht nur auf den Schlachtfeldern der Ukraine, sondern auch im Westen selbst, um all jene herum, die versuchen, sich der schleimigen ideologischen Sedimentierung des Westens selbst zu widersetzen und auch in ihnen selbst, in Form von Giftmüll, der die alten Zivilisationen tötet, die ihm zum Opfer fallen.

4. Dugina war eine Aristokratin und sie verließ dieses Welt als solche. Aristokratin des Geistes, geboren in einen Kontext wo man vom ersten Tag seines Lebens an zum Kampf erzogen wird, genoß, studierte und lebte sie die höchsten Früchte der menschlichen Kultur, und so wie für viele Aristokraten der Vergangenheit setzen die Ehren des realen Lebens die Bürde des Todes voraus.

5. Daß die Bombe, die sie traf wahrscheinlich für ihren Vater bestimmt war, macht keinen Unterschied. So funktioniert der Krieg, und so sterben jene, die den Kampf gewählt haben, getroffen von der Laune des Schicksals. Manchmal handelt es sich dabei um eine willentliche Entscheidung wie bei den japanischen Kamikazekriegern vor 70 Jahren oder dem italienischen Helden Pietro Micca, der im Pulverfaß von Turin Selbstmord beging, um seine Stadt vor den Belagerern des Sonnenkönigs 1706 zu retten.

6. Für viele, die heute in der Ukraine sterben. war der Krieg keine willentliche Entscheidung, sondern eine Pflicht, ein gefährlicher Engpaß, aus dem einige nicht mehr herauskommen, in der Schlucht ihres eigenen Schicksals. Für Dugina handelte es sich aber im Gegenteil um eine selbst getroffene Wahl. Viele folgten dem Ruf ihres Präsidenten zu den Waffen, Darja folgte ihrem Ruf∞ das machte sie auch im Tod zur Aristokratin.

7. Ihre irdische Reise, welche an den östlichen Toren Europas endete, ähnelte sehr stark einem ganz anderen Menschen, Dominique Venner, einem anderen europäischen Aristokraten, der sein Leben mit einem heroischen Akt beendete, wenn auch einer Handlung anderen Typs im Sinne des Ereignisses und Zusammenhangs. In ihrer Essenz bleibt seine Handlung jedoch vergleichbar mit jener Duginas.

8. Die alten Römer, Gründer des ersten Roms und folglich geistige Ahnen des ›Dritten Roms‹ wußten seit ihren archaischsten Anfängen von einem Ritual namens “devotio”, welches ihnen Unverwundbarkeit im Schlachtfeld verlieh und welches laut den Chroniken, wann immer es gefeiert wurde, den Sieg sicherstellte. Es war ein obskurer Ritus, der in Verbindung mit den Gottheiten der Unterwelt stand, welches den Zelebranten, einen römischen Aristokraten, den höllischen Gottheiten weihte. Nachdem er die vorgeschriebenen Riten abgeschlossen hatte, warf sich der “homo sacer” genannte Zelebrant in die Schlacht außerhalb der Schlachtordnung mit einer unausrottbaren Wut und bereit dazu, vom Feind getötet zu werden. Die Feinde, die ihn töteten, führten daher ein Menschenopfer an die Götter, an die sich die geweihte Person gewendet hatte, durch, wodurch sie den Ritus zum glücklichsten Abschluß brachten. Die Schlachten wendeten sich dann zum Vorteil für das römische Volk, welches, entgegen aller Widerstände, sich gegen zahlenmäßig weit überlegene Feinde durchsetzen konnte.

9. Venner ließ sein Leben an den westlichen Toren Europas in einer Art und Weise, die den römischen Kriegerpriestern nicht allzu unähnlich ist. Obwohl ihr Ende auf unterschiedliche Art eintrat, wurden die irdischen Wege von Dominque Venner und Darja Dugina willentlich abgeschlossen und dementsprechend aristokratisch. Dieselbe Essenz zeigt sich in beiden Akten und zeigt eine gemeinsame Matrix auf, die nicht stirbt, trotz der Millenien und Katastrophen.

10. Die tausend Jahre alte europäische Kriegerzivilisation, Produkt von Kriegeraristokratien, fährt weiterhin damit fort, sich in Aristokraten des Kampfes zu manifestieren. Venner und  Darja Dugina sind zwei dieser Aristokraten: Der erste begeht hinter feindlichen Linien Selbstmord, die zweite fällt im Kampf in den Schützengräben, im Angesicht des selben Feindes.

11. Die Aristokratie des Kampfes und der freien Entscheidung, Matrix und gleichzeitig Ursprung der europäischen Zivilisation wird durch die fruchtvolle Praxis des Kampfes veranschaulicht. Thomas Carlyle, ein weiterer Partisan hinter feindlichen Linien, beschrieb detailliert, wer der ideologische Feind der Aristokratie war. Als er die Ideologie seiner Feinde beschrieb, bezeichnete er diese als “die Ideologie des Schweines”, welche ihre ganze Aufmerksamkeit der Materie verschreibt und nach nichts anderem strebt als “die Quantität der zugänglichen Güter zu vergrößeren und zu veringern, was außerhalb der Reichweite ist.”

12. Sowohl Darja Dugina als auch Venner wußten sehr wohl, daß ihre Wahl höheren Prinzipien folgte als jenen des Materialismus, der ihrer Existenz ein Ende setzte. Die Wahl, das Banner zu schwenken, das sich dem Materialismus entgegenstellt, ist von sich aus eine aristrokratische Wahl, die sich der ›Ideologie des Schweines‹ und jedem individuellen Interesse entgegensetzt.

13. An zwei Giganten wie Darja Dugina und Venner heranzureichen, kann nicht zur Pflicht für jedermann werden; die Ansprüche der Aristokratie können per definitionem nicht auf die Masse übertragen werden. Diesem Anspruch gerecht zu werden, wird jedoch für alle zur Aufgabe, die so wie die hier Anwesenden danach streben, zur Avant-Garde und den Standartenträgern jener zu werden, die sich der ›Ideologie des Schweines‹ entgegenstellen.

14. Teil der Avant-Garde und Standartenträger zu sein, ist in einer aufrechten Gesellschaft das einzige Privileg, das der Aristokratie zugestanden wird. Alles andere ergibt sich aus dem Opfer, wie von der Geschichte der zwei Helden, die ich erwähnt habe, demonstriert wird. Nicht nur die extremsten Opfergänge, die vielleicht niemals ankommen werden, sondern vielmehr ein Wald von Opfergaben, die oft weit entfernt vom Heroismus des Schlachtfeldes, doch gleichermaßen frustrierend im Alltagsleben sind. Ein Alltagsleben, das sich im Westen mit jedem Tag immer weiter von unseren Idealen entfernt. Alle von uns hier, da bin ich mir sicher, hören jeden Tag eine Stimme, die uns lieblich und verfüherisch dazu einlädt, im Namen unserer eigenen Interessen dem zu folgen, was Carlyle die “Ideologie des Schweines” nennt. Darja Dugina lebt weiter, sowohl in den Armen des ewigen Vaters als auch in unseren Herzen, wobei uns ihre Stimme jeden Tag sagt, daß wir keine Schweine sind, noch jemals dazu werden wollen. Danke sehr.

Quelle: http://euro-synergies.hautetfort.com/archive/2023/09/05/porcs-et-aristocrates-discours-a-la-conference-en-memoire-de-daria-douguina.html
Originalquelle: https://www.geopolitika.ru/de/article/schweine-und-aristokraten

 

Erheben wir uns

Gefährte Dominique Venner

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