Gerhard Hess

 

Der Finne Ior Bock alias Bockström, eigentlich Bror Holger Bertil Svedlin (17.01.1942-23.10.2010) war Lichttechniker, Exzentriker, Schauspieler, Reiseleiter, Mystagoge, eine farbenfrohe Medienpersönlichkeit, welche ein beliebter Reiseleiter in der Inselfestung Suomenlinna wurde, wo er von 1973 bis 1998 beschäftigt war. 1984 weckte der einfallsreiche Bock ein gewisses öffentliches Interesse, entfachte sogar eine Diskussion, als er plötzlich behauptete, seine Familienlinie (Boxström) habe eine alte Folkloretradition bewahrt, die er als „Bock-Saga“ bezeichnete. Am 23.10.2010 wurde Ior Bock, der durch eine frühere Messerattacke gelähmt war, im Alter von 68 Jahren durch mehrere Messerstiche getötet. Sein indischer Gehilfe wurde des Mordes verdächtigt, vor Gericht als „nicht schuldfähig“ befunden und nach Indien abgeschoben.

Nach der Manier des Holländers Cornelius over de Linden (1811-1874) der im Jahre 1860 erstmals einige Blätter seines Machwerks bzw. seiner angeblich uralten Familienchronik, einem Lehrer zeigte, nämlich seine ›Die Ura-Linda-Chronik‹ (auch: ›Oera Linda Boek‹ genannt), nach diesem unglücklichen Vorbild schuf Ior Bock eine neue literarische Fälschung, die er ›Bock-Saga‹ oder ›Väinämölen-Mythos‹ nannte. Auch das irrige Prinzip der Schriftentwicklung aus dem Speichenrad übernahm Bock aus der Ura-Linda-Chronik. Er hat eine Menge Zusammengelesenes versucht, in eine Form zu bringen, doch die Zutaten weisen seinen Erguß als reines Fantasiegebilde aus, schon deswegen, weil er ein 23-Buchstaben umfassendes Kalenderwerk, basierend auf dem fremdländischen lateinischen Alphabet, erdichtet hat.

Wie die ›Die Ura-Linda-Chronik‹ soll die ›Bock-Saga‹ die Geschichte der Menschheit darstellen, wie sie seit Generationen innerhalb der Bock-Familie angeblich weitergegeben worden sei. Laut Ior Bock war sie die Hüterin einer alten mündlichen Tradition, die vom Beginn der Prähistorik – auch „Paradiset“ genannt – bis in die heute Zeit ein Licht auf unsere Geschichte wirft. Sie beginnt mit den ersten beiden Menschen auf dieser Erde und endet mit dem verfrühten und tragischen Tod von Ior Bock 2010. Eine gewaltige Zeitspanne und eine ungeheure Zahl an Ereignissen werden detailliert besprochen. Kurz und gut, es ist eine frei erfundene Geschichte.

Es heißt darin, lange bevor die großen Religionen auftauchten, gab es eine planetarische Zivilisation, die sich Heidentum nannte. Die Überlieferung der ›Saga‹ stammt aus jener Zeit, die wesentlich länger zurückliegt, als wir uns aufgrund unseres heutigen Weltbilds vorzustellen vermögen Die Menschen lebten in dieser Zeit, die von ihnen ›Paradiset‹ genannt wurde, in Einklang mit den Naturgesetzen und -kräften.

Damals stand die Erdachse senkrecht in Bezug zur Sonne, wodurch es am Nordpol ein Land mit einem Durchmesser von 250 km gab, in dem die Sonne nie unterging, sondern einen goldenen Ring am Horizont beschrieb. Dieses Land hieß das Ringland ›Uudenmaa‹, das Sonnenland, und ist heute eine Provinz im Süden Finnlands.

Der Südpol lag zu dieser Zeit im Wasser. Das Zentrum von ›Uudenmaa‹ war eine auf sieben Hügeln und sieben Inseln gebaute Stadt. Sie war die Wiege der Menschheit und hieß ›Hel‹. Die Erde war aufgeteilt in Ringländer, die alle ein Zentrum hatten, das in Verbindung mit ›Hel‹ stand.

In ›Uudenmaa‹ lebte das Volk der ›Aser‹, in den Ringländern außerhalb die ›Vaner‹, die von den ›Asern‹ abstammten. Die Menschheit war eine Familie, bestehend aus fünf Klassen: Piru-et, Rus-et, Jarl-et, Karl-et und Trel-et.

Piru-et und Rus-et sind die ›Aser‹ in ›Uudenmaa‹, Jarl -, Karl- und Trel-et sind die ›Vaner‹ in den Ringländern außerhalb. Die ›Aser‹ sprachen ›Rot‹ (sprich: ruht), aus dem das heutige Schwedisch hervorging, und schufen für die ›Vaner‹ die ›Van‹-Sprache, die mit dem heutigen Finnisch vergleichbar ist.

›Piruet‹ zeugte ›Ruset‹, ›Ruset‹ zeugte ›Jarlet‹, ›Jarlet‹ zeugte ›Karlet‹ und ›Karlet‹ zeugte ›Trelet‹. Dadurch war eine pyramidenförmige Familienstruktur gewährleistet; an deren Spitze stand die Bock-Familie (›Piruet‹), bestehend aus ›Per‹, dem Allvater, und ›Ella‹, der Erdmutter und ›Bock‹ und ›Svan‹, die mindestens 12 Söhne und 7 Töchter zeugten. Der erste Sohn hieß ›Ra‹ (›Ers‹), die erste Tochter ›Maya‹ (›Maj‹). Sie waren mit 27 König und Königin der Familie, zeugten selbst aber keine Kinder, ebensowenig wie die folgenden zehn Brüder und sechs Schwestern.

Im Alter von 27 Jahren übernahm der zwölfte Sohn die Position seines Vaters und wurde der neue ›Bock‹, der wiederum mit einer neuen ›Svan‹, die unter den ›Vanern‹ gewählt wurde, 12 Söhne und 7 Töchter in die Welt setzte. Bock schuf zusammen mit den ›Disas‹ (den Stammüttern) die zweite Klasse, ›Ruset‹, die sich aus ›Rabis‹, ›Nars‹, ›Disas‹ und ›Sienares‹ zusammensetzte.

Die Bezeichnungen dieser Figuren sind keine persönlichen Namen, sondern mythologische Titel. Die ›Rabis‹ wurden Allväter in den Ringländern außerhalb ›Uudemaas‹, die ›Nars‹ repräsentierten den männlichen Teil, die ›Sienares‹ den weiblichen Teil des Informationssystems, das sich von ›Hel‹ am Nordpol aus über den ganzen Planeten verbreitete.

Zum Zeichen der Huldigung und Wertschätzung des ›Bocks‹, des Lemminkäinens, wie er auch heißt, wurde 30km östlich von ›Hel‹ ein Tempel in die Erde gebaut. Der obere Teil dieses Tempels diente zeremoniellen Zwecken, der größere darunter liegende Bereich ist ein Lager, angefüllt mit Artefakten der heidnischen Kultur. Er wurde über Jahrmillionen immer weiter ausgebaut – bis zum Beginn der Eiszeit, die vor 50 Mio. 10.008 Jahren durch das Kippen der Erdachse eingeleitet wurde.

Nach dieser Katastrophe, der sogenannten 1. ›Ragnarök‹, waren ca 50 % der nördlichen und südlichen Halbkugel mit Eis bedeckt, und Leben war nur noch in der Äquatorregion möglich. In Europa erstreckte sich das Eis bis zu den Alpen und Pyrenäen. Durch den warmen Golfstrom aber, der unter der Meereseisdecke bis in den Finnischen Meerbusen gelangte, blieb die Region ›Uudenmaa‹ eisfrei. Dadurch konnten die ›Aser‹ in diesem Gebiet zwar weiterhin existieren, waren aber jetzt von den ›Vanern‹ in der Äquatorregion südlich der Eisgrenze getrennt.

Diese Epoche wird ›Alt-Land-Is‹ ( All the land is ice ) genannt und markiert den Anfang der arktischen Kultur der ›Aser‹. Die ›Vaner‹, die als zehn verschiedene Rassen in der Äqutorregion die Katastrophe überlebten, entwickelten sich in den 50 Millionen Jahren mit 10 verschiedenen Ursprungsmythen und 10 verschiedenen Sprachen, die alle auf der ›Van‹-Sprache basierten.

Die Könige der 10 Rassen waren Allväter in ihren Reichen, ähnlich wie ›Per Bock‹ in ›Hel‹.Altlandis‹ wurde in der zweiten Ragnarök vor 10.008 Jahren zerstört, als sich durch veränderte klimatische Verhältnisse die Eismassen von Skandinavien gen Süden bewegten.

Die hellhäutigen ›Aser‹ retteten sich selbst, das Wissen um die vergangenen Evolutionsabschnitte und die Errungenschaften der arktischen Kultur, wie Ackerbau, Tierzucht, neue Pflanzen- und Tierarten, und setzten mit Booten nach Gotland über. Dort lebten sie tausend Jahre und warteten, bis ›Udenmaa‹ wieder bewohnbar war… –

Soweit die Kostprobe vom Konstrukt des illustren Herrn Svedlin/Bock.

Das frei erfundene 23/26/29 Buchstaben umfassende Bock-Alphabet ist zwar nichts als ein Fantasieprodukt des Herrn Svedlin-Bock, aber in Gestalt des entschlüsselten gallogermanischen Runen-ODING-Wizzod wurde der Vorläufer der griechisch-lateinischen Buchstaben wahrhaftig zu einem „Schlüssel des Wissens“; einen anderen – in Form einer Buchstabenreihe – gibt es nicht!

 

Bock Saga Documentation (English/German version)

https://www.academia.edu/42689958/Bock_Saga_Documentation_English_German_version_

Quelle: https://www.oding.org/religion/was-lief-verkehrt/die-erdichtete-bock-saga

 

 

 

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