Antonin Campana

Perspektiven der Autochthonen

 

Alle nicht-westlichen Nationen denken sich entlang einer Identitätsachse, die ihnen eigen ist und ihre Einzigartigkeit begründet!

So sind die Verfassungen von Ländern wie Algerien, Tunesien oder Marokko in Übereinstimmung mit der Scharia geschrieben. So nimmt der Senegal die Idee der „afrikanischen Persönlichkeit“ in seine Verfassung auf. So versteht sich Israel als „jüdischer Staat“...

Frankreich denkt sich ebenfalls entlang einer Identitätsachse … mit dem Unterschied, daß die betreffende Identität universell ist!

Da das, was universell ist, per Definition … universell ist, muß die universelle Identität Frankreichs von allen anderen Nationen geteilt werden. Allerdings bereichern die anderen Nationen ihre universelle Identität mit so vielen besonderen Eigenschaften daß diese Universalität nicht mehr klar erkennbar ist, was so weit geht, daß die so erzeugte Identitätsachse die Integration ausländischer Bevölkerungsgruppen praktisch unmöglich macht.

Man wird sagen, daß Frankreich eine eindimensionale Nation ist (nur das Universelle soll sie strukturieren), während die anderen Nationen mehrdimensional sind (sie enthalten das Universelle, strukturieren sich aber um das Spezifische herum).

So ist – zumindest für die Republikaner – Frankreich für die Nationen das, was der Mensch für die Menschen ist: eine metaphysische Essenz, eine Geisteshaltung, ein Stück identitätsstiftendes Nichts, eine reine Abstraktion, die den Akt des singulären und konkreten Existierens ausschließt.

Rein universell zu sein, verleiht dem französischen Regime gewiß Privilegien. Der Anspruch, für alle Menschen „ohne Unterschied der Herkunft, der Rasse oder der Religion“ gleichermaßen zu gelten, rechtfertigte früher eine Kolonialisierungspolitik. Heute rechtfertigt er eine Einwanderungspolitik. Die Reduzierung der Frankität auf das, was allen Menschen gemeinsam ist, macht das Regime zu einer „Maschine zur Herstellung von Bürgern“ (Mélenchon).

So kann die Republik selbstgefällig ihre „Überlegenheit“ verkünden. Nur sie, weil sie dem Spezifischen seinen strukturierenden Charakter genommen und es in die Privatsphäre verbannt hat, um daraus Folklore zu machen, bevor sie es zu einer Erinnerung und dann zu einem Forschungsgebiet für Doktoranden macht, kann alle Menschen „ohne Unterschied“ integrieren und sie alle auf harmonische und gegenseitig bereichernde Weise zusammenleben lassen!

Aber was ist mit dem autochthonen französischen Volk?

Und was ist mit Frankreich? Die Achse der Identität Frankreichs, oder besser gesagt die Achse der Nicht-Identität Frankreichs, drückt nicht die Einzigartigkeit Frankreichs aus, sondern die Abwesenheit Frankreichs. Wenn Frankreich zum Universellen gehört, dann besteht die Besonderheit Frankreichs darin, nicht spezifisch zu existieren. Also überhaupt nicht zu existieren!

Dennoch betrachtete früher niemand Frankreich als bloße philosophische Abstraktion!

Und niemand betrachtete sein Volk als ein gewöhnliches, dysfunktionales, ersetzbares multiethnisches Aggregat!

Unsere Nation wurde auf dem Altar abstrakter Ideen geopfert, und unser Volk wurde in dem Aggregat aufgelöst. Wer eine Nation und ein Volk töten will, zwingt ihnen die identitäre Leere auf. Der kulturell leere Raum kann dann leicht kolonisiert werden, entweder durch fremde Kulturen oder durch eine Mythologie, die die offene Gesellschaft einrichtet, oder durch beides.

Alle Nationen denken sich entlang einer Identitätsachse, die ihre identitäre Verschiedenheit ausdrückt und festlegt. Die singuläre Nation ist daher die einzige universelle Realität, die es gibt. Eine Nation hört auf, eine Nation zu sein, sobald sie ihre Singularität zugunsten des Universellen aufgibt. Unaufhaltsam wird sie ausgelöscht und verschwindet.

Das ist es, was wir gerade erleben.

Quelle: http://www.autochtonisme.com/2023/03/neant-identitaire.html