Das Rad dreht sich
knarrend und singend
von dem, was in Feuer und Frost vergeht
von dem, was aus der Asche aufsteigt

 

ISA

Die I-Rune versinnbildlicht eindringlich das Phänomen des Ab­schwungs, des Niederganges und letztlich des Todes. Die 14. Karte des ältesten erhalten gebliebenen Tarots, dem von Bologna, heißt ›Der Tod‹, dargestellt ist ein Knochenmann mit Sense. Vier­zehn Tage be­nötigt der Mond für seine Abnahme bis in die Schwarzmondnacht. In 14 Stücke zerriß der Satan Seth-Typhon den getöteten Osiris oder Dionysos, die Alle­gorie des Naturlebens. „Baldrs draumar“ heißt ein Lied der Edda, das von den bösen Ahnungen erzählt, die Balder plagen. Es behandelt das schlimme Geschehen um des milden Gottes Tod, es umfaßt vierzehn Verse. In dieser Runenphase stirbt der lichte Vegetationsheros Balder, denn jetzt erst werden die Tagesverkürzungen sichtbar. In unserer nordischen Geisteskultur mußte das ›Eis‹ schon wegen der klimatischen Gegebenheiten zum zentralen Todessymbol werden. Aus gleicher Wortwurzel stammt aber auch ›Eisen‹, das kalt glänzende Metall tödlicher Waffen, der Pfeilspitzen und Dolche – Inbegriffe des ›Kalt­machens‹, Allegorien des Sterbens. Die Dichtersprache zur Edda-Zeit redete z. B. von der „Walküre Eis“ („skylr isa ar flest megin“) und meinte das eiserne Schwert. Der wölfische Unhold in der Tierfabel ist der Isegrim, die ›Eisenmaske‹. Im Kanton Zürich gilt der Isegrimm als ein böser Geist. So ist es nicht verwunderlich, daß der altnordische Helgi, der heilige Held, einen Gegner namens Isung hat. Und im mhd. Gedicht vom König Orendel gibt es einen Meister Îse, einen Greis von langer Gestalt, zwischen den Augen zwei Spannen weit, von furchtbarem Gange, ein gewaltiger Krieger, in einer großen Burg wohnend. Sagenforscher bezeich­neten ihn als Verkörperung des winterlich stürmenden Meeres, dessen Behau­sung aus aufgetürmten Eismassen bestünde. So gibt sich der runische Eisstab uneingeschränkt zu erkennen als negativer Aspekt des Abstiegs ­– mythisch gesehen als Harmpfeil, als Schwarzalben­geschoß, Todes­speer oder -schwert. (Erklärung von Gerhard Hess)

Über Wardruna

Nachdem sich Einar Selvik jahrelang mit dem Studium von Runen und den alten heidnischem Bräuchen seiner skandinavischen Vorfahren beschäftigt hat, reift in ihm immer mehr der Wunsch, ein Projekt zu starten, das diesen Forschungen Rechnung trägt.

Seine Motivation beschreibt er wie folgt: “Es geht darum, dem altertümlichen Handwerk, das einst im Herzen der nordischen Oral-Traditionen lag, eine Stimme zu geben und zu präsentieren, wie es heute in den Händen eines demütigen zeitgenössischen Skalden Form annimmt“.

Wardruna heißt die norwegische Musikkonstellation, die sich der Schaffung musikalischer Interpretationen alter nordischer und nordischer Traditionen widmet. Sie verwenden eine breite Auswahl an traditionellen und historischen nordischen Instrumenten. Nicht-traditionelle Instrumente und andere Klangquellen wie Bäume, Steine, Knochen, Wasser und Feuer werden verwendet, um den Charakter des jeweils „dargestellten“ Themas zu unterstreichen. Sie nehmen Gedanken, Werkzeuge und Methoden aus der Vergangenheit und verwenden sie, um neue Musik zu schaffen, die sowohl auf der Gegenwart als auch auf der Antike aufbaut.

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