Hans Burkhardt

Recht nahe steht dem ostischen Typus zweifellos die ostbaltische (hellostische, osteuropide) Rasse. Trotz hellerFarben ist sie doch in der Beschaffenheit ihrer Haut ganz verschieden von der nordischen Rasse. Im selben Sinne, wie es oben von der ostischen Rasse beschrieben wurde, gehört sie zu den nicht nach außen beseelten Rassen. Der Mangel an sinnlicher Aufgeschlossenheit und an breitem Wirkiichkeitsbezug wird von Eckstein betont. Der Körperbau deckt sich weitgehend mit einem Konstitutionstypus, der als weichathletischer (F. Weißenfeld) beschrieben worden ist. Auf seelischem Gebiet entspricht diesem Typus eine gewisse Unausgeglichenheit. Die inneren Spannungen sind oft recht stark, so daß sich aus dem unsicheren, zerfließenden Selbstgefühl der ostbaltischen Rasse eine Art Hingabesucht und Leidensseligkeit und ein Drang nach Einschmelzung aller Formen und Grenzen entwickeln kann. Für nordisches Empfinden ist der Mangel an Schamgefühl besonders auffallend. Die innere Widerstandskraft und Leidensfähigkeit ist ungewöhnlich groß, ebenso die Lernfähigkeit.

Alteuropide Rassebestandteile und Teile der mongo- liden Rassengruppe sind neben Rassebestandteilen, die wohl dem vorderasiatischen Typus nahestehen, überall in den großen Räumen des mittleren und nördlichen Asiens in kaum lösbarer Weise verflochten. Gemeinsam finden sich hier überall anlagebedingte Wesenszüge, wie sie die harten Lebensbedingungen und das harte kontinentale Klima erfordern: ungewöhnliche Reizunempfindlichkeit, Zähigkeit und Reduzierung der persönlichen Strebungen und Ansprüche. Wir finden die umgekehrte Art der Anpassung wie bei der nordischen Rasse: Fanden wir dort besondere Fähigkeiten zu aktiver Meisterung schwieriger Naturverhältnisse, so finden wir hier besonders hochentwickelte passive Anpassungsfähigkeiten.

Geradezu das Modell für diese Richtung der Angepaßtheit sehen wir verwirklicht im Typus des mongolischen Nomaden, der die Eigentümlichkeiten der mongoliden Rassengruppe am ausgeprägtesten verkörpert. Bei ihm beobachten wir, vereinigt mit den allgemeinen sonstigen Eigentümlichkeiten der Rassengruppe, ein sehr hohes Maß an Intelligenz und Willenshärte. Stärkstes rassenpsychologisches Interesse beanspruchen jene Zweige der mongoliden Rassengruppe, die wir im Gebiet der uralten ostasiatischen Hochkulturen finden. Da ist es vor allem ein körperlich wie seelisch verfeinerter, in Teilen des nördlichen China am meisten vorkommender Typus (sinide oder jungmongolide Rasse), der für wesentliche Eigentümlichkeiten dieser Kulturen verantwortlich gemacht wird. Auch dieser Typus, von dem Untersucher festgestellt haben, daß er (im Sinne Kretschmers) überwiegend leptosom (jedoch kurzbeinig), dabei aber im psychischen Habitus vorwiegend zyklothym sei, läßt die seelischen Grundzüge der mongoliden Rasse deutlich erkennen. Auch bei ihm finden wir das, was der nordische Mensch als Ausdrucksleere und als herabgesetzte Eindrucksfähigkeit empfindet. Wir finden ein Seelenleben, das wie von einer Zone körperlich-seelischer Undurchsichtigkeit umgeben ist. Ebenso gegensätzlich zum nordi
schen Wesen ist die Art seiner Ichgefühle. Er besitzt kein Persönlichkeitsgefühl, das sich der Außenwelt gegenüberstellt, sondern weit mehr ein gestaltlosunbestimmtes Ich mit fließenden Gehalten. Das Bemerkenswerte an diesem Typus aber ist, daß er uns erkennen läßt, welch erstaunlicher Reichtum an seelischen Feinheiten und Fähigkeiten bei solcher Grundstruktur möglich ist.

Wir finden ein Gefühlsleben, dem die inneren Gegensätzlichkeiten fehlen und das sich um so mehr auszeichnet durch viele feine Zwischenstufen und durch ein Abgestimmtsein aller Einzelschwingungen auf ein oftmals sehr weites Gesamtgefühl. Kunst und Geistigkeit, Einstellung zur Natur und Einstellung zum Menschen, all dies verschmilzt wie bei keiner anderen Rasse zu einer echten Einheit. Nicht auf Abgrenzung, auf Gestalt und auf Raum, sondern auf Gesamtgefühl und Wechselseitigkeitsgefühl sind die tieferen Inhalte des Erlebens, Denkens und Wertens gerichtet. Das starke Wechselseitigkeitsgefühl macht die Menschen dieser und der verwandten Rassen von Natur sozial. Die mitmenschliche Anpassungsfähigkeit (Zilian) ist ungewöhnlich groß. Der Einzelne will im tiefsten Grunde nichts Eigenes, sondern will das, was die Gesamtheit der in die gleichen Überlieferungen verflochtenen Menschen will. Man findet Beispiele für eine wohl von keiner anderen Rasse erreichbare Hingabefähigkeit.

Eine Rassenanalyse der einzelnen Volksteile Ostasiens kann hier nicht gegeben werden, steht zum wesentlichen Teil auch noch aus. Hinneigung zu pyknischer Körperform verbunden mit optimistischem Genießer- tum ist stellenweise wohl in China häufig, gilt aber nur für einen bestimmten Menschenschlag. Die sog. südmongolide Rassengruppe im ganzen ist offenbar gekennzeichnet durch größere Labilität des Seelenlebens. Im japanischen Volkstum spielt der Einschlag des Blutes malaiischer Seevölker eine wesentliche Rolle. Auch diese gehören ihrem Grundstock nach zur mongoliden Rassengruppe im weiteren Sinne, haben aber wegen ihrer Sonderanpassungen an südliches Küstenklima andere körperliche Reaktionsweisen und besitzen im seelischen Wesen eine besondere Lebendigkeit und impulsive Spannkraft.

Von den Ureinwohnern Amerikas ist bekannt, daß sie der mongoliden Rassengruppe verhältnismäßig am nächsten stehen. Von Interesse sind Keiters Studien über die seelische Beschaffenheit des Indianers. Er glaubt Zusammenhänge mit der athletischen Konstitutionsart zu finden, hebt derbe Zähigkeit und den Wechsel von starrer Ruhe und heftiger Anspannung als wesentliche Züge hervor und weist auf die eigenartige Bedeutung von Entrückungszuständen im seelischen Leben dieser Menschen hin.

Ein durchaus andersartiges Bild zeigen die seelischen Anlagen der negriden Rassengruppe. Der Neger ist in stärkstem Grade nach außen beseelt. Ihm fehlt im wesentlichen die Hemmung wie die Differenzierung. Es besteht eine Kurzläufigkeit ebenso des Gefühlslebens wie des Denkens. Diese Rasseeigentümlichkeiten gehen Hand in Hand mit einer unverkennbar „primitiveren“ Stufe der geistigen Fähigkeiten, verglichen mit den Fähigkeiten der bisher genannten Rassen. Immerhin ist das Wesen des Negers damit allein nicht gekennzeichnet. Zilian spricht ihm eine bemerkenswerte Straffungsfähigkeit zu. Keiter weist hin auf die stark männlichen Züge des Negers und auf seine lebhafte gehörsmäßige Begabung und glaubt eine besondere Anlage zu spaltungsfähiger, atomistischer Erlebensweise, die er mit der Gehörsbegabung in Zusammenhang bringt, heraustellen zu können.

In verschiedene Erdteile versprengt und durchaus nicht unter sich einheitlich finden sich kleine Rassengruppen, meist Restbestände, für die die Primitivität das am meisten hervortretende Kennzeichen ist. Die Psychologie des Primitiven umfaßt freilich zwei ganz verschiedene Ebenen der Betrachtungsweise. Sie kann einerseits gerichtet sein auf das Studium urtümlicher Lebenszustände in ihrer Auswirkung auf Menschen beliebiger Rassen, die in sie hineingeboren sind. Sie kann andererseits gerichtet sein auf angeborene Unterschiede, auf Grund derer bestimmte Rassen unabhängig von den Lebensumständen als „primitiv“ zu bezeichnen sind. Nur in diesem Sinne kann überhaupt von primitiven Rassen gesprochen werden. Ein Teil der heute noch lebenden Primitivrassen ist gekennzeichnet durch eine Art körperlichen Infantilismus. Durchweg findet sich damit dann vereinigt eine Psyche von unbeschwerter Naivität, wobei in verschiedener Weise die Scheu, die Neugier oder die freundliche Gutwilligkeit hervortreten können. Vielleicht handelt es sich bei diesen infantilen Rassen teilweise um Sekundärzüchtungen in Rückzugsgebieten. Bei einem anderen Typus primitiver Rassen treten mehr die Züge von Athletik und mangelnder Differenzierung in Erscheinung. Ihr seelisches Leben ist vor allem gekennzeichnet durch eine Armut an verfügbaren Vorstellungen. Allgemeine Merkmale rassebedingter Primitivität sind ein sehr frühzeitiger Abschluß der Lernfähigkeit und eine einseitige Entwicklung bestimmter seelischer Tiefenschichten, die für das Leben solcher Rassen notwendig sind, indem sie beispielsweise ein erstaunliches Mitfühlen mit dem Leben der jagdbaren Tiere und damit unbewußte, traumhaft sichere Fähigkeiten der Überlistung solcher Tiere ermöglichen. Innenleben und Außenleben gehen in wechselnder Weise ineinander über.

Einzelgebiete geistigen Lebens in ihren Beziehungen zur Rasse

Nur ein kurzer Hinweis kann im Rahmen dieser Abhandlung gegeben werden auf die Bedeutung solcher rassenpsychologischer Forschungen, die in ihren Fragestellungen sich begrenzen auf bestimmte Gebiete geistigen Lebens. Es liegen im Schrifttum weit verstreute Untersuchungen vor, die zum Gegenstand haben die Beziehungen der Rassen zum religiösen Leben, zu rechtlichen Vorstellungen, zu sittlichen Wertungen, zu Geschlechtlichkeit und Ehre, zur Wissenschaft und zu den verschiedenen Gebieten der darstellenden Kunst und der Musik. Inwieweit sie einen Beitrag geben zur Frage der Verschiedenwertigkeit der Rassen bleibt selbstverständlich stets von Wertungsfragen abhängig. Davon unabhängig geben sie aber stets einen Beitrag zur Frage der Verschiedenartigkeit der Rassen. Untersuchungen über Eigentümlichkeiten im sittlichen und rechtlichen Leben können teilweise weit in die Vergangenheit zurückgreifen (Untersuchungen von Hans F. K. Günther, B. Kummer, R. von Hoff) und können auf diese Art am besten zeitbedingte von rassebedingten Erscheinungen abgrenzen. Aufschlußreich sind beispielsweise Unter
suchungen über die besondere Stellung, die die Frau von jeher im Leben der Völker nordischer Rasse eingenommen hat, denn sie sind unter vielem anderen ein Hinweis darauf, daß das besondere Persönlichkeitsgefühl, das wir der nordischen Rasse zusprechen, nicht etwa zurückgeführt werden kann auf geistige Strömungen späterer Jahrhunderte. Zu einer bedeutsamen Vertiefung aller hier vorliegenden Probleme führen Untersuchungen wie die von H. Mandel, dessen Arbeiten der Grundlegung einer geisteswissenschaftlichen Rassenkunde gelten. Kulturwerke, Sprache, Glaubensleben und Weltschau der Völker sind ihrem tieferen Wesen nach nicht trennbar, sondern sind, dies versucht Mandel im einzelnen nachzuweisen, jeweils einheitlicher Ausdruck einer im tiefsten Grunde rassenseelisch bedingten und damit von Rasse zu Rasse verschiedenen Art der Wirklichkeitsauffassung.

Auf dem Gebiete der Wissenschaft, vor allem auf dem Gebiete naturwissenschaftlicher, technischer und mathematischer Ideen und Erfindungen ist der besondere Anteil der nordischen Rasse oftmals bemerkt und durch zahlreiche Einzeluntersuchungen bestätigt worden. Uber die Beziehungen zwischen Rasse und strenger Mathematik hat sich Requard, der europäische und chinesische Studenten zu vergleichen Gelegenheit hatte, geäußert. Er führt aus, daß der Herstellung eindeutiger Beziehungen die Festlegung eindeutiger Dinge vorausgehen müsse, und daß dies feste innere Gehalte voraussetze, d. h. die Fähigkeit, Bleibendes im Geiste zu bilden und festzuhalten. Der chinesische Student sei wohl dem Logisch-Formalen aufgeschlossen, aber er sei in seiner Denkart von fließenden Gehalten bestimmt. Alle Verfahren, eine Eindeutigkeit und Sicherheit von Aussagen zu gewinnen, so urteilt Requard, stammen nachweislich von der nordischen Rasse. Die Festlegung eindeutiger Dinge, so sei hinzugefügt, setzt die dem nordischen Menschen in besonderem Maße eigentümliche Denkart voraus, die auf eine Gegenüberstellung von Subjekt und Objekt hinzielt.

Ein unerschöpfliches Thema wäre es, die Rasseeigenart als gestaltende Kraft in Kunst und Dichtung zu behandeln. In einer so hochentwickelten Kunst, wie der des fernen Ostens etwa, spiegelt sich ganz unmittelbar das ostasiatische Seelenleben mit seinen mehr fließenden Grenzen von Raum, Zeit und Gestalt. Wie sehr in der Kunst der eigene körperlich-seelische Habitus des Künstlers oft in einer von zufälligen Zutaten gereinigten Ganzheitsschau zur Darstellung kommt, dafür lassen sich eindrucksvolle Beispiele bringen. In den Figuren von Heinrich Zille oder Käthe Kollwitz etwa findet man überall den vorwiegend ostbaltischen Typus, der diesen beiden Künstlern selbst eigen ist. In den Dichtungen Hamsuns begegnet uns überall der nordische Mensch mit seiner besonderen seelischen Schamhaftigkeit.

Nachdem von Eichenauer der Anstoß gegeben war, sind von seiten der musikwissenschaftlichen Forschung besonders eingehend die Beziehungen zur Rasse erörtert worden. Wellek unterscheidet einen linearen Typ der Auffassung und Gestaltung in der Musik, bei dem die Linie und der Kontrapunkt bevorzugt werden, von einem polaren Typ, bei dem die tonräumliche Gliederung zurücktritt gegenüber der Tonigkeit und Harmonie. Der lineare Typ, den er vorherrschend im nördlichen Deutschland findet, entspricht zweifellos den Anlagen des nordischen Menschen, während der polare Typ nicht ohne weiteres zu einer bestimmten Rasse in Beziehung gesetzt werden kann. Etwas, was offenbar dem linearen Typ entspricht, meint MacDougall, wenn er vom klassischen oder intellektuellen Typus des Musikverständnisses spricht, den er gleichsetzt einer inneren in vollen Zügen fortschreitenden Tätigkeit mit dem Prinzip des Ordnung Schaffenden und Chaos Überwindenden. Kritische Untersuchungen müssen freilich stets sich mit der Tatsache auseinandersetzen, daß auf allen Gebieten der Wissenschaft und Kunst der Bereich des Übertragbaren nicht unmittelbar an die Rasse gebundene, recht weite und dehnbare Grenzen hat. Zu den entscheidenden Wesensmerkmalen der Wissenschaft und Kunst gehört stets auf der einen Seite das Einmalige und Eigene und damit Rassegebundene, auf der anderen Seite die Fähigkeit, in einer Sprache zu sprechen, die die Brücke schlägt vom Einmaligen zum Allgemeingültigen. Alles das, was an handwerklichem Können gelehrt und übertragen werden kann, was ohne Einschränkung nachgeahmt werden kann, ist V nicht unmittelbar rassegebunden. Soweit es dagegen gelingt, die unübertragbaren Elemente herauszustellen, die man freilich kaum als etwas Fertiges greifen, sondern eigentlich nur in statu nascendi erhaschen kann, stößt man auf unmittelbare Rasseeigentümlichkeiten. Nicht im Übernehmen des Fertigen, sondern nur in der ursprünglichen Stellungnahme und Erfindung zeigt sich das Wesen einer Rasse. Die weitgehende Nivellierung der modernen Welt geht zurück auf eine früher ungeahnte Entwicklung solcher Methoden, die es zum Ziel haben, Ideen und Erfindungen weitgehend übertragbar zu machen. Der Blick auf die rassebedingten angeborenen Eigenarten ist dadurch vielfach verschüttet und verdeckt worden.

Sechster von sieben Teilen. Fortsetzung folgt!
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