Gerhard Hess

 

Rebellengeist

Wie vor mir mancher tapf‘re Mann,
so steh‘ ich zwar in Acht und Bann;

doch straft mich auch das Hochgericht,

in Schimpf und Schande steh‘ ich nicht.



Urewiger Ahnen bin ich Sproß,

der Freigeist ist mein Schwertgenoss‘;

unsterblich wächst mir neu der Mut

aus Ketzer- und Rebellenblut.



Die Pfeife schrillt, die Trommel dröhnt,

und ob auch Pfaff‘ und Kanzler stöhnt,

wär‘ selbst ihr Thron der Hohe Stauf,

die Sperre bricht -, ich komm‘ hinauf.



Ich fasse sie bei Rock und Schopf

und zause ihren Lügenzopf

und brenne ihren falschen Bart,

nach frecher, freier Wiking-Art.



Red‘ keinem Laffen nach dem Mund,

war demütig zu keiner Stund‘;

war niemals eines Meisters Knecht,

und keinem Herren macht‘ ich‘s recht.



Ich frag‘ nach keines Rektors Rat,

geh‘ keinen ausgetret‘nen Pfad,

ich folg‘ allein dem graden Sinn,

mich reizt kein Zins, kein Geldgewinn.



Bin fessel- und bin vogelfrei,

hab‘ keine Scham und Scheu dabei;

ich spuck in Midgartschlanges Schlund –
die Welt ist weit, die Welt ist rund.



Kenn‘ keine Reue, keine Schuld,

mir ist es gleich, ob Hass, ob Huld

begleiten meine Sternenbahn,

nichts hält mich nieder, hält mich an.



Der Liebe nur bin ich geweiht,

zur höh‘ren Art und Menschlichkeit,

sie ist die einz’ge wahre Gotteskraft,

die Welten sprengt und bess‘re schafft.