Tomislav Sunic
„Brinkmanship“ in der Ukraine und dem Balkan
Politik ist auch die Kunst des Vergleichens. Außenpolitikexperten, ganz zu schweigen von selbsternannten Experten, neigen dazu, historische Vergleiche zu ziehen, wenn sie die Ergebnisse des aktuellen Konflikts zwischen Rußland und der Ukraine prognostizieren, wobei sie sich oft zu eigennützigen Schlußfolgerungen verleiten lassen. Im übrigen ist es für einen Historiker einfacher, einen vergangenen politischen Konflikt anhand eines „Kausalnexus“-Ansatzes zu beurteilen als für einen Politikwissenschaftler oder einen Rechtswissenschaftler, deren deduktives Denken sie oft zu Wunschdenken und bizarren Vermutungen führt. Nur sehr wenige westliche Spezialisten, d.h. Sowjetologen, Kremlinologen usw., konnten Ende der 1980er Jahre das plötzliche Ende des Kommunismus in Osteuropa, die abrupte Selbstdemontage der Sowjetunion oder den gewaltsamen Zerfall des westlichen Multikulti-Lieblings, des kommunistischen Jugoslawiens, vorhersagen.
Einige Parallelen zu den osteuropäischen Staaten, die noch immer von den Nachwirkungen der kommunistischen Herrschaft gezeichnet und verängstigt sind, sind durchaus angebracht, auch wenn diesmal nicht mehr ideologischer oder gar religiöser Eifer die treibende Kraft ist. Die wichtigste Triebfeder für die heutige Nationenbildung, sei es in der Ukraine, in Rußland oder anderswo in der westlichen Hemisphäre, ist der Begriff der Identität. Für viele ist die Erhaltung ihrer ethnischen, rassischen und kulturellen Identität die oberste Priorität, auch wenn sie sich nur diskret und implizit äußern.
Stellvertreter-Kriege, Stellvertreter-Fleisch
Die Ursachen für das russische militärische Engagement im östlichen Teil der mehrheitlich russischsprachigen Ukraine, das zu einem weltweiten Flächenbrand auszuarten droht, sind von einer Reihe unabhängiger Beobachter bereits eingehend untersucht worden. Viele von ihnen stellen richtigerweise fest, daß der Grundstein für den Krieg in der Ostukraine durch die Einmischung der USA in die gefälschten ukrainischen Wahlen im Jahr 2014 gelegt wurde, auf die Rußland im Februar 2022 mit einer militärischen Antwort reagierte.
Statt endloser Spekulationen darüber, wer der Hauptschuldige für den Ausbruch der Feindseligkeiten in der Ostukraine ist oder wer für die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee verantwortlich ist, könnte man eine einfache rhetorische Frage stellen: Cui bono? Wer profitiert am meisten von dem russisch-ukrainischen Konflikt? Die Antwort ist dann weit weniger schwer zu finden. Der Hauptnutznießer scheint der US-Hegemon zu sein, wobei Bidens neokonservative Berater die Rolle der „besten und klügsten Weltverbesserer“ übernehmen. Sie sind jedoch keineswegs die einzigen Anstifter oder Profiteure des anhaltenden Konflikts in der Ukraine.
Ungeachtet der Kriegstreiberei der US-Neokonservativen wäre es naiv, kleinere Akteure in der Umgebung Rußlands von jeglicher Verantwortung für die Schürung und Verlängerung des russisch-ukrainischen Konflikts freizusprechen. Ob mit oder ohne Kommunismus in Rußland, ob mit oder ohne Amerikas ›Neocons‹ und einflußreiche jüdische Lobbys, sollte man nicht vergessen, daß jeder europäische Staat einen uralten Groll gegen einen europäischen Nachbarn hegt, vor allem, wenn dieser Nachbar einst imperiale Ambitionen hegte.
Außereuropäische Großmächte wie die USA, Rußland oder China können jederzeit kleinere europäische Staaten finanziell unterstützen, wenn diese sich durch ihre zu ehrgeizigen europäischen Nachbarn bedroht sehen. Obwohl weiße Nationalisten weltweit gerne ihre eigene Kultur preisen und ihr gemeinsames europäisches rassisches Erbe loben, gibt es zahlreiche historische Beweise dafür, daß Kriege zwischen Weißen in Europa und Amerika in der Vergangenheit grausamer waren als Kriege, die von Weißen gegen Fremde, seien es Juden, Muslime oder Schwarzafrikaner, geführt wurden. Dies ist ein schlagkräftiges Argument, das von Linken oder Antifa-Aktivisten verwendet wird, wenn sie von der Notwendigkeit schwärmen, ein staatenloses, multirassisches und transsexuelles globales System zu schaffen.
Die geschichtliche Aufzeichnung jedes Volkes in Europa während seines Prozesses der Nationalstaatsbildung wird oft durch quasi mythische historiografische Darstellungen getrübt, in denen sich jeder Staat als ständiges Opfer seines schurkischen Nachbarn darstellt. Der jüngste Antrag Finnlands auf Beitritt zur NATO wurde weitgehend durch die schlechten Erinnerungen an die Russifizierungsversuche des zaristischen Rußlands gegenüber dem finnischen Volk im 19. Jahrhundert ausgelöst – weit vor dem bekannteren russisch-sowjetischen Einmarsch in Finnland im Winter 1939-1940.
Die Polen hatten jahrhundertealte Ansprüche auf große Teile des russischen Territoriums erhoben – aber das zaristische Rußland hatte ähnliche Ansprüche auf polnisches Territorium, was zu mehreren nachfolgenden Teilungen Polens führte. Auch die Erinnerung an die sowjetisch/russischen kommunistischen Schlachtfelder von Katyn im Jahr 1940, wo Tausende prominenter Polen hingerichtet wurden, ist im polnischen Nationalbewußtsein noch immer präsent. Auch die kleinen baltischen Staaten, deren Genpool 1940 und 1945 zweimal von russischen/sowjetischen kommunistischen Truppen stark dezimiert wurde, haben schlechte Erinnerungen an das ehemalige russische Zarenregime.
Ein neokonservativer Apparatschik, der in einem Büro des Außenministeriums sitzt, weiß ganz genau, daß es nicht viel Mühe kostet, die historisch gewachsenen antirussischen Gefühle der Osteuropäer anzuzapfen und sie bei Bedarf für das amerikanische imperiale Projekt zu instrumentalisieren.
Eine beträchtliche Anzahl US-amerikanisch-jüdischer Entscheidungsträger hat auch ein eigenes Hühnchen mit Rußland zu rupfen, denn ihr eigener Stammbaum läßt sich bis zu russischen Schtetls zurückverfolgen, aus denen ihre Großeltern von Zar Alexander III. vertrieben wurden und in denen jetzt heftige Kämpfe zwischen ukrainischen und russischen Truppen ausgetragen werden. In Krisenzeiten, wie das Beispiel des westlichen Nachbarn Polen zeigt, kann der US-Hegemon die polnische Regierung leicht in einen antirussischen Rausch versetzen, ähnlich wie bei der von Briten und Juden geförderten antideutschen Hysterie in Polen am Vorabend des Zweiten Weltkriegs.
Das Trugbild von einer gemeinsamen europäischen Heimat
Der schwelende interethnische Haß wird in Europa so schnell nicht verschwinden, auch wenn die EU von einer „gemeinsamen europäischen Heimat“ spricht. Die serbischen Historiker auf dem Balkan haben ihre eigene Version der Wahrheit über den Zerfall Jugoslawiens im Jahr 1991. Die kroatischen Hofhistoriker müssen sich heute an ein anderes Narrativ halten, das ganz im Einklang mit ihrer neuen globalen Rolle in der NATO steht, nachdem sie die Aufgabe übernommen haben, die südliche Flanke des Schengen-Regimes der EU zu überwachen. Die Liste der nationalistischen Klagen, gepaart mit exorbitanten Opfergeschichten, nimmt unter den Osteuropäern kein Ende. Selbst ein halbwegs gebildeter Bauer in Ungarn erinnert sich oft an große Teile seines Landes, die er 1919 an das antikommunistische Rumänien und 1945 erneut an das kommunistische Rumänien verloren hat.
Ein moderner polnischer Nationalist ist sich mit seinem deutschnationalen Kollegen völlig einig, wenn es darum geht, außereuropäische Migranten rauszuschmeißen oder Transgender-NGOs aus Europa zu verbannen. Wenn der deutsche Nationalist jedoch anfängt, über das Schicksal der alten deutschen Stadt Danzig – heute umbenannt in das polnische Gdansk – zu sprechen, ganz zu schweigen davon, daß er es wagt, seinem polnischen Kollegen vorzuschlagen, Deutschland solle große Teile Westpolens wieder in Besitz nehmen, wo einst Millionen von Deutschen lebten, ist die Hölle los.
Die Idee einer „gemeinsamen weißen europäischen Heimat“, die von weißen Nationalisten in den USA und in Europa vertreten wird, klingt dann wie eine Übung in Selbsttäuschung. Die Liste der tatsächlichen oder vermeintlichen Mißstände und des empfundenen Unrechts läßt sich in jeder einzelnen Nation Europas fortführen und reicht von Katalonien bis Transnistrien, von der Bretagne bis Belarus.
Selbst wenn Bidens Neocons auf wundersame Weise aus dem Amt scheiden sollten, selbst wenn alle Migranten, alle Juden, alle Muslime, alle farbigen Ausländer plötzlich Europa und Amerika verlassen würden, werden weiße Europäer und Amerikaner weiterhin ihre interethnischen Kriege unter dem blumigen Deckmantel der „Bewahrung ihres kulturellen und historischen Erbes“ führen. Nehmen wir Schottland: Es kämpft immer noch gegen die Engländer und importiert gleichzeitig eifrig die ›Dritte Welt‹. Vom mythischen Troja über den sehr realen Dreißigjährigen Krieg bis hin zum lauernden Dritten Weltkrieg – die gesamte Geschichte Europas ist im wesentlichen eine Geschichte von Bürgerkriegen.
Es besteht durchaus die Möglichkeit, daß die US-Politiker in Langley und im Pentagon im Falle einer weiteren Eskalation des russisch-ukrainischen Konflikts in Erwägung ziehen, osteuropäische Klientelstaaten als Stellvertreter zu nutzen, um Rußland endgültig zu Fall zu bringen.
Kroatien mit seinen vier Millionen Einwohnern, das jetzt ein überzeugtes Mitglied der NATO und der EU ist – und im krassen Gegensatz zum rußlandfreundlichen, bündnisfreien Serbien steht – könnte von der NATO als wichtige Befehlskette genutzt werden. Angesichts der anhaltenden Feindseligkeit zwischen Kroatien und Serbien ist das Szenario, daß diese beiden Länder den beiden gleichermaßen rivalisierenden kriegerischen Supermächten dienen, nicht auszuschließen.
Auch das albanisch regierte Kosovo, das 2008 von Serbien abgetrennt wurde, könnte in der künftigen US-Kriegsplanung eine wichtige Rolle spielen. Der große US-Militärstützpunkt Camp Bondsteel in diesem winzigen künstlichen Staat dient nicht zu Besichtigungszwecken, sondern vielmehr als Hauptstandort der USA für die Sammlung militärischer Informationen.
Historisch gesehen kennen die Russen das ethnische und geopolitische Profil des Balkans sehr gut. Sollten sie in der Ukraine an Boden verlieren, könnten sie beschließen, den Konflikt auf den Balkan auszuweiten und damit das gesamte US-Sicherheitsarrangement in Europa zu destabilisieren. Rußland könnte sich auch Serbiens nächsten Verwandten in der Republik Srpska zunutze machen, einer wichtigen und quasi-souveränen serbischen Enklave im benachbarten, von der EU und den USA unterstützten Staat Bosnien-Herzegowina. Das zwischen Serbien und Kroatien eingekeilte multiethnische und multireligiöse Bosnien-Herzegowina ist ein weiterer Versuch der EU und der USA, politische Scheinkonstrukte zu schaffen, deren Lebenserwartung im Durchschnitt kaum 20 bis 40 Jahre übersteigt. Früher oder später wird der Staat Bosnien-Herzegowina zerfallen, wie schon sein größerer, aber ebenfalls künstlicher Vorgänger, der jugoslawische Staat.
Nach dem von den USA geförderten Dayton-Abkommen von 1995 wurde Bosnien-Herzegowina als westliches Labor für verschiedene multikulturelle Experimente bestimmt. Finanziell lebt das Land ausschließlich von den Geldern der EU, zusammen mit bedeutenden saudischen und türkischen Investitionen, während es von den US-Prokonsuln in der Region genau beobachtet wird. Dreißig Jahre, nachdem es auf der Landkarte aufgetaucht ist, ist es nur ein weiteres Paradebeispiel dafür, wie multikulturelle oder multirassische Länder, die durch ausländische Dekrete geschaffen wurden, eine Blaupause für politische Instabilität sind. Man könnte eine Parallele zu Südafrika ziehen, das 30 Jahre nach der rein schwarzen Herrschaft nicht mehr als funktionierender Staat bezeichnet werden kann.
Gestern war es der Balkan, der sich im Zerfall befand; morgen wird es Amerika sein, das ähnliche Muster der Unregierbarkeit aufweist, mit dem wahrscheinlichen Ergebnis bewaffneter Konflikte zwischen seinen Bürgern, die sich zu unterschiedlichen rassischen Identitäten bekennen.
Die ethnischen Komponenten Bosniens, bestehend aus bosnischen Muslimen, christlich-orthodoxen Serben und einer kleinen katholischen kroatischen Gemeinschaft, kommunizieren kaum in gutem Einvernehmen miteinander, da jeder von ihnen auf seine eigenen Traditionen schaut. Die bosnischen Muslime blicken ohne versteckte historische Nostalgie zur Türkei auf; die Serben aus der Republik Srpska freuen sich auf den Zusammenschluß mit ihren benachbarten Brüdern in Serbien selbst in der gemeinsamen Hoffnung, Moskau an ihrer Seite zu haben. Die Kroaten in Bosnien freuen sich über den Gedanken, daß das eigentliche Kroatien immer Geldzuschüsse verteilen wird, und beide sind davon überzeugt, daß die US-Marines immer zur Rettung kommen werden, egal wie die Chancen auf dem Balkan stehen. Ein einziger Funke einer fehlgeleiteten Rakete aus der Donbass-Region könnte ihre Selbsttäuschung leicht zunichte machen und ganz Europa in Brand setzen.
Der EU/US-Sowjetspuk gegen die UkroNazis
Es ist kein Geheimnis, daß die effektivsten Kämpfer gegen die russischen Streitkräfte in der Ostukraine lokale rechte Nationalisten sowie Hunderte, wenn nicht gar Tausende von weißen Nationalisten aus Polen, den baltischen Ländern, Skandinavien und Kroatien sind, einschließlich einer unbekannten Zahl von Freiwilligen aus Kanada und den USA. Sie tragen die Hauptlast des Krieges.
Es ist auch kein Geheimnis, daß diese spöttisch als „Ukro-Nazis“ bezeichneten Personen als Kanonenfutter für die politischen Entscheidungsträger der EU und der USA dienen, deren eigene Justiz in ihrer Heimat repressive rechtliche Maßnahmen und Känguru-Gerichte gegen Hunderte eben dieser weißen Nationalisten einsetzt.
Was bewegt diese ukrainischen Pseudo-Nazis dazu, ihr Leben für die Interessen der US- und EU-Eliten aufs Spiel zu setzen? Man kann vermuten, daß viele naiv glauben, daß die Ukraine im Falle eines ukrainischen Sieges zu einem sicheren Hafen für weiße Nationalisten weltweit wird – eine Art vergrößerte Neuauflage des ersten faschistischen Staates in der kroatischen Hafenstadt Fiume-Rijeka, der 1919 von dem italienischen Dichter D’Annunzio und seinen Squadristi aus allen Teilen Europas gegründet wurde. Selbst wenn ein solches aufgewärmtes Commedia dell’arte-Szenario in der Ukraine Erfolg haben sollte, werden die ukrainischen Nationalisten mit einer sehr ernüchternden und ganz anderen Realität konfrontiert.
Ein Beispiel: Während des Zusammenbruchs des kommunistischen Jugoslawiens spielten kroatische Nationalisten, kroatische Geldgeber von Sydney bis San Francisco, von Stuttgart bis Santiago de Chile, zusammen mit mehreren Hundert US-amerikanischen und europäischen Freiwilligen aus dem Ausland eine wichtige Rolle bei der Loslösung Kroatiens aus dem jugoslawisch-kommunistischen Verbund. Nach dem Krieg wurden sie von denselben Leuten, die sie eigentlich neutralisieren wollten, aber deren Leben sie stattdessen ironischerweise wiederbelebten, schnell zum Schweigen gebracht und aus dem Verkehr gezogen. Ehemalige kommunistische Schreiberlinge in Kroatien und ihre nobleren Nachkommen sind wieder in der Stadt, wenn auch als moderne Liberale, die EU- und US-Global-Ukase schmettern.
In dem fast unmöglichen Szenario, daß die ukrainischen Nationalisten international an Glaubwürdigkeit gewinnen, werden sie nach Beendigung der Feindseligkeiten von denselben Behörden entfernt, die sie jetzt in den Himmel loben. Derzeit schmücken EU-Politiker die EU-Botschaften gern mit ukrainischen Flaggen, unter denen der Slogan steht: „Slava Ukraini“. Dasselbe „Slawa“-Adjektiv würde jedoch, wenn es ins richtige Deutsch „Heil“ übersetzt und von einem Deutschen verwendet würde, der dieselben Worte in seiner Muttersprache, d. h. „Heil Deutschland“, verwendet, im Gefängnis landen. Sowohl EU- als auch US-Beamte geben vor, besorgt über die „Unverletzlichkeit und Integrität“ der ukrainischen Grenzen zu sein, kümmern sich aber nicht im geringsten um ihre eigenen fiktiven Grenzen, die sich entlang der Ägäis bzw. des Rio Grande erstrecken und die sich inzwischen in Autobahnen für ungebetene außereuropäische Neuankömmlinge verwandelt haben.
Die russischen Behörden versuchen, ihr militärisches Engagement rechtlich abzusichern, indem sie sich auf den alten kommunistischen Slogan „Entnazifizierung“ berufen. So eigennützig dieser Kriegsruf auch klingen mag, er verleiht Rußlands militärischem Engagement doch einen gewissen Anschein von Legalität. Dies gilt umso mehr, als die Mainstream-Medien in der Ukraine das russische Militär immer wieder mit der gleichen kriminalisierenden „Nazi“-Bezeichnung bewerfen.
Ein Rückgriff auf aggressive nationalistische Parolen würde für Rußland jedoch den Todeskuß bedeuten und es weiter von sympathisierenden Antifa-Elementen im Westen sowie von befreundeten Ländern in Afrika und Asien entfremden. Für Rußland gibt es, zumindest im Moment, keine Möglichkeit, seine antikommunistische und faschistische russisch-amerikanische Galionsfigur Anastassi Wonsjatski offiziell wiederauferstehen zu lassen oder das Loblied auf General Andrej Wlassow und Hunderttausende seiner russischen antikommunistischen ROA-Kämpfer zu singen, die in Europa an der Seite ihrer Wehrmachtskameraden gegen kommunistische Aufständische kämpften.
Aber auch Washington muß vorsichtig sein. Die gegenwärtige internationale Ordnung mit ihrem von Nürnberg inspirierten ›Internationalen Strafgerichtshof‹ wäre ohne den kommunistischen Machthaber Stalin nie zustande gekommen. Ohne den massiven militärischen Beitrag der Kommunisten während des Zweiten Weltkriegs wären die USA und Großbritannien niemals in der Lage gewesen, den Krieg gegen die Achsenmächte im Alleingang zu gewinnen. Der vorgeschlagene Haftbefehl gegen Putin wird mit Sicherheit nach hinten losgehen, da viele afrikanische und asiatische Staaten von den USA und Israel zunehmend eine ähnliche Rechenschaftspflicht für ihre jeweiligen militärischen Verfehlungen fordern werden.
Das Gute an der aufgeblähten antifaschistischen Rhetorik ist, daß sie inzwischen zu einer so grotesken Beschimpfungspraxis geworden ist, daß immer weniger Beobachter an ihre abwertende Bedeutung glauben. Dieses Wort, das von den Alliierten auf dem Nürnberger Tribunal 1947 zum Symbol des absoluten kosmischen Bösen umgestaltet wurde, wird von Hollywood, der ADL, der SPLC und den CRIF-Imagemachern immer noch ausgiebig verwendet. Ihre Methoden ähneln dem Studium der Dämonologie, das die antiken griechischen Mythenschöpfer Homer und Hesiod leicht in den Schatten stellt.
Doch die faschistische Etikettierung könnte bald zu gegenteiligen Ergebnissen führen. Die ständige Verunglimpfung rivalisierender politischer Akteure oder dissidenter Wissenschaftler mit den Schimpfwörtern „Faschist“, „Neonazi“ und „Antisemit“, wie dies bei den meisten US- und EU-Medien der Fall ist, wird für viele zu einem Ehrenabzeichen.
Einer der Gründe, warum sich Putins Rußland in nationalistischen und traditionalistischen Kreisen in Europa und Amerika großer Beliebtheit erfreut, ist, daß es trotz seiner kommunistischen Vergangenheit gelungen ist, viele traditionelle Werte zu bewahren, die im Westen längst verschwunden sind.
Wie von einigen Autoren behauptet wurde, ist die kommunistische Utopie der Gleichheit in Osteuropa und der Sowjetunion einfach deshalb gescheitert, weil sie sich in der Praxis in den USA und der EU besser durchsetzen konnte. Ausgefallene, wenn auch nichtssagende und kaum in andere europäische Sprachen übersetzbare US-amerikanische Begriffe wie „Diversity“, „Affirmative Action“, „Hate Speech“, „Ethnic Sensitivity Training“ usw., die von den Medien und der Justiz in den USA und der EU verwendet werden, wurden vor langer Zeit im kommunistischen Osteuropa und in der Sowjetunion getestet.
Der katastrophale Mißbrauch der Sprache durch ehemalige kommunistische Apparatschiks führte unweigerlich zur Implosion ihrer Länder. Heute sind das balkanisierte Amerika und sein EU-Vasall weit weniger europäisch und weit mehr kommunistisch als Rußland und Osteuropa zusammen.
Ein interessanter Artikel, der zahlreiche Aspekte anspricht und Fragen aufwirft, aber ich werde versuchen mich kurz zu fassen: Vor allem widerspreche ich der Behauptung des Autors, dass die Auffassung von Europa als gemeinsame Heimat der Völker, die dort seit vielen Jahrhunderten leben, ein „Trugbild“ sei. Wenn ich Tomislav Sunic richtig verstanden habe, begründet er diese seine Schlußfolgerung damit, dass die europäischen Völker sich seit je her stets bekriegt haben – nun, die Tatsache der ständigen Kämpfe und Kriege steht aber doch in überhaupt keinem Widerspruch dazu, dass jede Partei, jedes der wetteifernden Völker, Europa doch als seine Heimat empfinden und betrachten kann! Im Vergleich zu anderen Kontinenten oder in der Auseinandersetzung mit nicht europäischen Mächten ist es eben eine gemeinsame Heimat. Gerade weil man sein Volk verteidigen oder sein Gebiet auch mal erweitern will, kommt es immer wieder zu Kämpfen und Grausamkeiten; Frieden wird geschlossen oder einem aufgezwungen zu Bedingungen, die nicht jedem Recht sind. Fahren Sie doch mal nach Bayern: Sie werden zumindest bei den älteren Generationen Bajuwaren treffen, die Ihnen nach ein paar Weißbieren offenbaren werden, dass sie viel lieber mit den Österreichern in einem Land leben würden, als mit den verhaßten Preußen! Der gemeinsamen Sprache wegen, der katholischen Religion und der davon geprägten Mentalität, einfach auch der nachbarschaftlichen Beziehungen wegen und der ganz natürlichen Verbindung in Form der Donau und der Alpen. All diese sind IDENTITÄT stiftende Dinge. Da läßt man sich von einem „Zugereisten“ jeglicher Couleur doch nur sehr ungern in seine Angelegenheiten dreinreden oder sagen, was man zu tun oder zu lassen hat! Bei der unglaublichen Vielfalt von Völkern und Volksstämmen, die hier in diesem so besonderen Teil der Welt ihre Heimat gefunden haben, ist es wahrlich kein Wunder, dass es nicht immer schön gesittet und fromm und friedlich zugegangen ist. Aber man kann sich ja doch zusammenraufen, sich auf die gemeinsamen Interessen besinnen, die man nur gemeinsam verteidigen kann gegen Eindringlinge von außen, die hier nichts zu suchen haben und ich finde, dass wir genau jetzt genau das tun sollen!