Renzo Giorgetti

Wenn der Niedergang einer Zivilisation mit ihrer Feminisierung einhergeht, dann befindet sich die unsere bereits in kurz vor dem Untergang. Die gegenwärtige Epoche ist nämlich nicht nur in sehr vielen ihrer Aspekte feminisiert, sondern scheint sich dessen auch nicht bewußt zu sein (der Verlust der rationalen Denkfähigkeit ist ein weiteres Symptom dafür), und feiert weiterhin jede Etappe ihres Niedergangs als Fortschritt.

Und einer der schlimmsten Risse im System ist gerade eine Justiz, die nicht nur feminisiert ist, sondern auch zur Beute entstellter weiblicher Archetypen geworden ist (in dieser Analyse machen wir uns die von Bachofen im ›Mutterrecht‹ dargestellte Klassifikation zu eigen).

Zu den grundlegenden Voraussetzungen einer Zivilisation, also zu den notwendigen Bedingungen für ihr Bestehen, gehört eine gesunde, geordnete, verläßliche Justiz, die in der Lage ist, den normalen Ablauf der lebensnotwendigen Tätigkeiten für diejenigen zu gewährleisten, die ihr unterstehen.

Fallen diese Garantien weg, verschwindet zusammen mit der Rechtssicherheit auch jede Art von Vertrauen in Gesellschaft und Institutionen. Der Zustand, in dem sich die Justiz heute befindet, ist faktisch ein Zustand der Unsicherheit, da die geschuldeten Schutzmechanismen und Garantien inzwischen entfallen sind – ein weiteres Zeichen, ebenso wie der Verrat der Politik, für das Ende der geordneten Welt der ›Polis‹ und den Rückfall in andere Herrschaftsformen, die von anderen Regeln und Kräften bestimmt werden.

Dieser Rückfall ist jedoch kein schlichtes und einfaches Zurückweichen, sondern eine Verbindung von Involution und Degeneration, vereint in einer neuen und tödlichen Mischung. Während nämlich eine Justiz, die gegen diejenigen handelt, die eigentlich ihren Schutz genießen sollten, etwas Einzigartiges ist und eng mit der Anomalie der Gegenwart zusammenhängt, ist die Involution im Laufe der Geschichte bereits mehrfach aufgetreten – als Nachlassen des ordnenden Elements und als Einbruch jener chaotischen und formlosen Wirklichkeiten, die einst bereits gezähmt worden waren.

Die Justiz ist heute nicht nur durch die mangelnde Schutzgewährung für die Bürger degeneriert, sondern auch aufgrund und mittels einer monströsen legislativen Hypertrophie (gibt es überhaupt noch etwas, das nicht gesetzlich geregelt ist?), ebenso wie durch den Verfall ihrer Vertreter, die vollständig politisiert sind und einer Klasse angehören, die sich in der Zitadelle ihrer Privilegien verschanzt hat, unantastbar und ohne jede Verantwortung.

In diesem Zusammenhang ist auch die Absurdität der Zulassung von Frauen zur Richterschaft zu sehen – nicht als Irrtum, sondern als bewußte Entscheidung, als folgerichtige Konsequenz eines Zeitgeistes, der radikal auf Umsturz und Auflösung ausgerichtet ist. Der gegenwärtige Rückschritt weist, bei aller seiner Originalität, dennoch Analogien zu Formen einer fernen Vergangenheit auf, die sich erneut zeigen, wie Echos aus den Abgründen der Zeit, wenn auch verwandelt und in gewisser Weise durch die zeitliche Distanz verzerrt.

Die heutige Epoche wird von Entropie und Materialität beherrscht, von der Ablehnung jeder lichten Essenz und all dessen, was sich von der unteren Region des Werdens lösen könnte. Die Justiz ist materiell, tellurisch, prinzipienlos – eine Art wiederauferstandenes ›Mutterrecht‹, das nicht die maßvolle Ordnung eines wachsamen und fürsorglichen Demetrismus darstellt, sondern eine Scheinordnung, degeneriert in eine niedrigere Dimension, in einen gewalttätigen und willkürlichen Amazonismus, nicht mehr „getreidig“ und „auroral“, sondern „sumpfig“ und „dämmerhaft“ in seiner Unordnung und Unzuverlässigkeit, in seinem grenzenlosen und ungehemmten Wuchern.

Ein trügerischer Willkürakt, der weder Einschränkungen noch höhere Autoritäten anerkennt, sich selbst Gesetz ist, sich selbst hervorbringt, iniussa ultronea creatio, wie die Vegetation der Wälder und Sümpfe. Wir stehen hier vor weiblichen Archetypen, jedoch in entstellter Form: einer grausamen, blutrünstigen Großen Mutter, die das Gleichgewicht zwischen Leben schenken und Leben nehmen verzerrt und letzteres bevorzugt.

Maß, Fürsorge, Schutz des Lebens und der Ordnung – also die mütterliche Fürsorge – werden pervertiert und sind zu freien, plötzlichen Launen eines Despotismus geworden, der jede Beschränkung für sich selbst und für seine Zwecke nicht erträgt. Ein blutiges Recht, ein Recht auf Rache, auf blutige Opfer, das die positiven Gesetze verwirft, um allein dem Gefühl zu folgen.

Orestes und die Erinnyen, Gemälde on William Bouguereau

Kybele, die durch wilde Berge zieht mit einem Gefolge wilder Tiere; die Erinnyen, verfolgungssüchtig und blutdurstig; die Amazonen, die jede dauerhafte Bindung meiden und die männlichen Kinder verstümmeln. Doch wenn die Riten der Artemis Orthia, gierig nach dem auf ihrem Altar vergossenen Blut, die Opferenergien zur Erneuerung des Lebens nutzten, so ist dies heute nicht mehr der Fall, da jedes Opfer vollkommen steril ist und lediglich dazu dient, das Gleichgewicht zu zerstören und alles zu verbreiten, was dem Leben schadet.

Amazonenschlacht, Gemälde von Anselm Feuerbach, 1873

Eine tödliche, dunkle Seite, die das menschliche Dasein auf sein niedrigstes Niveau herabzieht und jede Erhebung – nicht nur geistige, sondern auch materielle – ausschließt; die im Privateigentum eine Rechtsverletzung erblickt; die Heldentum, Unterscheidung und alles, was sich von der formlosen, numerischen Masse abheben will, als feindlich betrachtet.

An die Stelle einer reichen Differenzierung, bemerkt Bachofen, treten das Gesetz der Demokratie, der undifferenzierten Masse, jene Freiheit, jene Gleichheit, die das natürliche Leben gegenüber dem zivil geordneten Leben auszeichnen.[1]

Eine Justiz, die offen das Opfer der Männlichkeit fordert und mit allem kollidiert, was nüchtern, streng und aristokratisch ist, während sie das Niedrige, Elende, Kriminelle, das soziale und ethnische Subproletariat bevorzugt.

Eine Justiz, die mit einer regelrechten Raserei der Barmherzigkeit agierend unweigerlich den Unschuldigen verurteilt und dem Verbrecher alles vergibt; die sich entsetzt von der Todesstrafe abwendet, während sie wegschaut, wenn Gewalt die Wehrlosen trifft, die keinerlei Schuld tragen.

Eine Justiz, die auf Pathos basiert und Ethos ablehnt, instabil und unsicher wie sumpfiger Boden, als Fundament für den Bau irgendeiner dauerhaften Ordnung völlig ungeeignet.

Noch schwerwiegender ist, daß diese Justiz keine Verantwortung akzeptiert: ein oberstes Tribunal, das Gesetze schreiben, ihre Anwendung erzwingen und anschließend diejenigen bestrafen will, die sie übertreten; eine absolute Macht, die wie ein Naturgesetz wirken will – unerbittlich, unabdingbar, wild und stumpf. Reiner, sich selbst überlassener Tellurismus. Vollständiges Fehlen von Garantien, institutionalisierte Instabilität, die zur Norm geworden ist; eine lebensfeindliche Haltung, die uns in Richtung Aussterben treibt. Etwas, das als Bedrohung für das Lebens selbst bekämpft werden muß. Sicherlich ein Produkt unserer Zeit – und gerade deshalb umso schwerer zu besiegen oder vielleicht auch nur zu erkennen.

In den Eumeniden des Aischylos bringt die Entstehung der neuen Ordnung der Polis, unter dem stillen, aber entschlossenen Schutz Apollons und der Gerechtigkeit der Athene, die klare Botschaft, daß „man auch ohne Mutter Vater sein kann“, womit die Überlegenheit der geistigen Männlichkeit gegenüber jeder Bindung an jene strikt naturalistische Dimension bekräftigt wird, die das Reich der Mutter ist.

Mit dem Freispruch des Orestes triumphieren das neue Gesetz und das neue Recht – zum Leidwesen der Erinnyen, chthonischer Wesen mit Schlangenköpfen, Töchter der Nacht, die blutige Rache forderten. Diese werden jedoch zu Eumeniden (den Wohlgesinnten), insofern sie als Dienerinnen einer maßvollen Gerechtigkeit integriert werden, im Respekt vor göttlichen und menschlichen Gesetzen.

Mit dem Ende der Polis ist diese Übereinkunft hinfällig geworden – mit der Aufgabe von Regel und Nüchternheit und dem Rückfall in unkontrollierte und willkürliche Formen, die nicht mehr der Logik der zivilen Ordnung folgen.

Diese Desintegration öffnet die Tore zu einer neuen Epoche, beherrscht von ungezügelten Kräften, von Unsicherheiten und Launen – keineswegs angenehm, da sie das gesellschaftliche Leben selbst betreffen, jenes fragile Gleichgewicht, das stets kurz vor dem Zerbrechen steht und sich über Jahrhunderte hinweg nur dank der Entschlossenheit, der Strenge und der Verteidigung der Ordnung aufrechterhalten konnte.

[1] J. J. Bachofen, Il matriarcato (Das Matriarchat), Turin, Einaudi, 1988, Band I, S. 38.

Quelle: https://www.heliodromos.it/il-diritto-materno-tellurico-feroce/
Beitragsbildquelle: Gemälde von John Singer Sargent

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