Joakim Andersen

 

 

Jean Raspails ›Das Lager der Heiligen‹ ist ein proeuropäischer Klassiker. Es übertrifft die meisten seiner Pendants buchstäblich und schildert auf tragische Weise, wie Europa sich überfallen läßt und zugrundegeht.

Raspail hat zahlreiche Romane geschrieben und war auch ein Abenteurer und Reisender, der mehrere vom Aussterben bedrohte Völker und Stämme besuchte. Er gilt als Traditionalist, ist ein Gegner der Anglo-Amerikanisierung Europas und bezeichnet sich selbst als Royalist und Mann der „Rechten”. „Das Lager der Heiligen“ ist von einer authentischen europäischen Weltanschauung durchdrungen .

Zur Handlung braucht man nicht viel zu sagen, außer daß eine große Zahl armer Inder mit Booten nach Europa aufbrechen. Während sie unterwegs sind, wird in Europa darüber debattiert, was zu tun ist, was schließlich dazu führt, daß nicht viel unternommen wird.

Obwohl es sich um reine Fiktion handelt, ist es fesselnd, mit faszinierenden Charakteren, glaubwürdigen Dialogen und viel Spannung und Humor. Gleichzeitig ist es die Geschichte von Europas Selbstmord, der sich im Buch aus praktischen Gründen über einen kürzeren Zeitraum abspielt als in der Realität. Es ist ein zutiefst trauriges Buch, das aber beim richtigen Leser die Entschlossenheit wecken kann, die europäischen Völker zu verteidigen.

Es ist auch eine Analyse der Faktoren, die Raspail bereits 1973 klar erkannte und die zur Katastrophe führen. Mit der biblisch inspirierten Sprache des Buches, die von „dem Biest“ spricht, identifiziert Raspail sowohl die Krankheit als auch den Tod der Europäer, den sie verursacht. Im Mittelpunkt stehen dabei insbesondere zwei Faktoren.

Ethnomasochismus und Antirassismus

Im Krieg lauert der wahre Feind immer hinter den Linien. Nie vor dir, nie mitten unter dir. Immer hinter dir. Das weiß jeder Soldat.
– Raspail

Der erste ist der postchristliche Egalitarismus und der Glaube an universelle Gerechtigkeit, der zu Selbsthaß und Ethnomasochismus verkommen ist. Heutzutage ist fast jeder ein Prediger sozialer Gerechtigkeit, ein Padre, der seine eigene Rechtschaffenheit zur Schau stellt. Wie eine der sowjetischen Figuren erklärt:

Ja, es ist Padre-Zeit, Zackaroff, genau das ist es. Überall auf der Welt. Sie strömen aus allen Ländern. Tausende von gewöhnlichen Priestern, bereit und willens, die Gedanken von Millionen von Idioten zu vergiften. Blutende Herzen, die haufenweise Evangelien auskotzen …

Massen von Menschen, die mit dem Kapitalismus, der bürgerlichen Gesellschaft, der Sexualmoral, dem Rassismus usw. unzufrieden sind, projizieren ihre Fantasien auf die herannahenden Inder und tragen so, wie das Buch zeigt, zur Zerstörung ihrer Gesellschaften bei.

Die Tatsache, daß das Buch kurz nach 1968 geschrieben wurde, wird hier oft deutlich. Raspail fragt sich, warum sich die Kategorie junger Männer, die früher Imperien aufbauten, nun stattdessen gegen ihre eigene Zivilisation wendet. Heute ist oft von den „Cuckservativen“ die Rede, Raspail beschreibt diesen Mechanismus bereits 1973: 

…unter den Tausenden ist die Anwesenheit eines gewissen verheirateten Priesters hervorzuheben, eines Katholiken und Hahnrei, der ein Paar christliche Hörner trägt und sich dessen bewußt ist … und jene Gabe von donnerndem Feuer und Schwefel wiedererlangt hat, die ihn zum Hirten der größten Herde von Masochisten in der Diözese gemacht hat.

Raspail beschreibt, wie das ständige schlechte Gewissen und die Schuldgefühle, die bei (weißen) Europäern geschürt werden, sowie der ständige giftige Hintergrundlärm, der alles durchdringt, von der Nachrichtenberichterstattung bis hin zu Fernsehserien und Werbung, entschieden schädliche Folgen haben:

Sie spielen mit ihren Gefühlen, ihrem Mitgefühl. Sie pervertieren ihren Verstand mit vagen Selbstvorwürfen, um ihre christliche Nächstenliebe für Ihre eigenen bizarren Zwecke zu mißbrauchen. Sie belasten unsere guten, soliden Bürger mit einem Gefühl der Scham und Schuld.

Die Verbreiter dieser ethnomasochistischen Botschaft sind oft überzeugte Menschen und Prominente, denen ihr Platz im Rampenlicht wichtig ist. Raspail beschreibt auch ein weiteres Motiv: das des ethnischen Ressentiments.

Zwei Männer nichteuropäischer Abstammung spielen zentrale Rollen in der Handlung. Der eine bekennt sich rückhaltlos zu Europa und seinen Menschen und stirbt für sie, der andere ist ein hochrangiger Intellektueller und Medienvertreter, getrieben von Haß und Rachegelüsten für die Unterdrückung früherer Generationen. Der eine stirbt lächelnd im Kreise seiner Freunde, der andere verwirrt und verzweifelt. Wen von ihnen welches Schicksal ereilt, werden wir hier nicht verraten.

Die Rassismusvorwürfe gegen Raspail sind nuanciert, unabhängig davon, welche seiner ursprünglich indischen Figuren „Weiß“ als Mentalität statt als Hautfarbe betrachtet. Hier werden wir an die komplexere Sichtweise der wahren „Rechten” in dieser Angelegenheit erinnert.

Was heute als „Antirassismus“ beschrieben wird, wird in Raspails Roman ebenfalls als eine höchst selektive Schöpfung seziert, die sich eindeutig gegen eine von zwei Parteien richtet:

Es ist eine bekannte Tatsache, daß es zwei Formen des Rassismus gibt: den von Weißen praktizierten – abscheulich und unentschuldbar, was auch immer seine Motive sein mögen – und den von Schwarzen praktizierten – völlig gerechtfertigt, was auch immer seine Exzesse sein mögen, da er lediglich Ausdruck einer gerechten Rache ist und es an den Weißen liegt, Geduld und Verständnis zu zeigen.

Raspail beschreibt, was in anderen Zusammenhängen als „Metapolitik“ und „Kultur der Kritik“ bezeichnet wird. Es geht um die seit langem andauernde Verbreitung von Ideen und vor allem Empfindsamkeiten, die den Glauben der Europäer an sich selbst und ihren Wert untergraben.

In dem Buch geht die Angst, als „Rassist“ bezeichnet zu werden, so weit, daß die Fähigkeit zur Selbstverteidigung fast vollständig verloren gegangen ist. Die Europäer haben das verloren, was Hans F.K. Günther seinerzeit als „heroischen Haß“ beschrieb: die Fähigkeit, Nein zu sagen. Oder in Raspails nietzscheanisch inspirierten Worten:

Das westliche Herz ist tief in seinem Innern nur Heuchelei. Auf jeden Fall haben sie die Kraft und den Willen verloren, Nein zu sagen.

Konsumgesellschaft und Medien

Glaubt wirklich jemand, daß der durchschnittliche westliche Mensch, der von seinem Büro- oder Fabrikjob nach Hause kommt und mit den großen Umwälzungen der Welt konfrontiert ist, in der monumentalen Langeweile seines Alltags mehr als einen Moment innehalten kann?
– Raspail

Fast ebenso schädlich wie selektiver „Antirassismus“ ist die Konsumgesellschaft. Sie entmachtet die Menschen passiv und tötet das Soziale, indem sie seine Komponenten voneinander isoliert. Gleichzeitig ist sie durchdrungen von der Gehirnwäsche-Propaganda der Schuld und des Selbsthasses. Raspail beschreibt, wie dies geschehen ist:

Reden wir über die sogenannten Medien und die schamlose Art und Weise, wie gewisse Leute unter dem Deckmantel der Freiheit ein Instrument der Massenkommunikation verdrehten und mißbrauchten, um die Öffentlichkeit zu manipulieren. Die wenigen noch klar denkenden Menschen versuchten uns zu warnen. Aber wir hörten nicht auf sie. Wir gaben uns einem riesigen masochistischen Rausch hin und wurden von einem Albtraum in den nächsten gezerrt. Wir sagten nie Nein. Wir wollten zeigen, wie freizügig wir sein konnten, trotz des törichten Risikos, eines Tages allem auf einmal und ganz allein gegenüberstehen zu müssen.

Wie Conrad in ›Herz der Finsternis‹ schildert auch Raspail, wie die Öffentlichkeit mit Worten, Zeichen, Botschaften und Abstraktionen überflutet wird. Dies führt dazu, daß die Menschen den Bezug zur Realität verlieren. Raspail drückt sich mit einer gewissen Verachtung für das Fernsehpublikum aus:

Das ist zweifellos der Grund, warum es keinen Mangel an klugen Köpfen gab, die von Anfang an bereit waren, endlose Schichten verbaler Sahne aufzutragen, die dick und salbungsvoll aus den Eutern ihrer Köpfe spritzte. Die zuvorkommenden Rinder des zeitgenössischen westlichen Denkens, mit zitternden Schwänzen, fügten sich freudig der täglichen Melkung, zumal es im Moment keinen Grund zu der Annahme gab, daß tatsächlich ein ernstes Problem vorlag.

Um die Meinung des Westens zur Flüchtlingsflotte – oder überhaupt zu allem Neuen und Unbekannten – zu verstehen, muß man eine wesentliche Tatsache im Auge behalten: Es ist ihm völlig egal. Unglaublich, aber wahr. Je mehr er über solche Dinge erfährt, desto unergründlicher ist seine Unwissenheit, desto geringer sein Interesse und desto vulgärer seine Selbstbezogenheit. Und desto krasser und geschmackloser sind auch seine sporadischen Ausbrüche, die seltener und seltener werden.

Ja, sicher, es gibt hin und wieder Gefühlsausbrüche, aber im Kinostil, als würde man einen Film ansehen oder vor dem Fernseher sitzen und auf die wöchentliche Folge der Serie warten. Immer diese spontanen Emotionen oder Gefühle aus zweiter Hand, die von Mittelsmännern bedient werden.

Dies ist eine von Raspails wertvollsten Erkenntnissen und führt logischerweise zu der Schlußfolgerung, daß Leser ihre Interaktionen mit der Konsumgesellschaft und den Medien einschränken sollten. Sie machen einen dumm und isolieren einen sowohl von der Realität als auch von anderen Menschen.

Gleichzeitig gibt Raspail einige Hinweise, wie wir auf die Bedrohung der europäischen Völker reagieren können. Er identifiziert die ideologisch-historischen Ursachen für die Unfähigkeit, uns zu verteidigen: im wesentlichen ein kollektives schlechtes Gewissen oder ein gebrochenes Selbstvertrauen. Daher die Lösung:

In diesem seltsamen Krieg, der sich abzeichnete, würden diejenigen triumphieren, die sich selbst am meisten liebten.

Doch wer nicht weiß, wer er ist, kann sich selbst nicht lieben. Daraus folgt, daß auch die von Staat und Kapital aktiv gepflegte Geschichtslosigkeit ein Feind ist, den es zu überwinden gilt. Raspails Buch ist voller historischer Bezüge und Beschreibungen, auch der europäischen Kriegertradition.

Im Mittelpunkt von Raspails Buch steht der Widerspruch zwischen der demografischen und wirtschaftlichen Realität einerseits und der westlichen, postchristlichen Moral andererseits. Wenn diese Moral nicht geändert wird, werden die Europäer in ihren eigenen Ländern zu Minderheiten, weil sie nicht in der Lage sind, Nein zu sagen. In einem Interview drückte er dies folgendermaßen aus:

Ich habe geschrieben, daß die christliche Nächstenliebe angesichts der Flüchtlingsströme ein wenig leiden wird. Sie muß sich stählen und jegliches Mitgefühl unterdrücken müssen. Andernfalls werden unsere Länder untergehen.

Gleichzeitig bietet Raspail einen Einblick in die Mentalität der wahren „Rechten”. Er stellt sie der „Linken” gegenüber, die er als langweilig und unfähig beschreibt, sich selbst anders als sehr ernst zu nehmen. Raspail schreibt:

Das hat die Linke nie verstanden, und deshalb ist ihre Verachtung so voller Haß. Wenn sie auf die Flagge spuckt oder versucht, die ewige Flamme auszulöschen, wenn sie die alten Knacker mit ihren Baskenmützen auabuht oder vor der Kirche, bei einer altmodischen Hochzeit, „Frauenbefreiung!“ schreit (um nur einige grundlegende Beispiele zu nennen), tut sie das auf so grimmige, ernste Weise – wie solche „pompösen Arschlöcher“, wie die „Linke” sie nennen würde, wenn sie nur urteilen könnte.

Die wahre „Rechte” ist nie so grimmig. Deshalb haßt die „Linke” sie abgrundtief, wie ein Henker das Opfer hassen muß, das auf dem Weg zum Galgen lacht und scherzt. Die „Linke” ist ein Flächenbrand. Sie verschlingt und verzehrt in todernstem Ernst. (Selbst ihre Feste sind, ungeachtet des Anscheins, eine so grausige Angelegenheit wie eine dieser Puppenparaden aus Peking oder Nürnberg.)

Die „Rechte” ist anders. Es ist eine flackernde Flamme, ein Irrlicht im versteinerten Wald, das durch die Dunkelheit huscht …

Insgesamt ist es ein Klassiker. Raspail beschreibt sowohl die Krankheit als auch ihre logische Folge. Es ist in vielerlei Hinsicht ein Ideenroman, in dem er den Leser zu einer Diskussion über die Zukunft der Europäer einlädt. Es bietet auch Einblicke in die wahre „rechte” Weltanschauung und das Ideal der Menschheit.

Quelle: https://motpol.nu/

Das von der Republik verratene Vaterland