Lorenzo Maria Pacini

„Werter Herr Musk, wir brauchen Sie nicht, um uns zu sagen, wie wir Europa groß machen können.”

Amerika ODER Rußland?

Gedanken über die „Wiedergeburt“ Europas

 

Verzeihen Sie mir den Ton dieses Artikels, der weniger geopolitisch und strategisch als vielmehr politisch sein wird, denn ich möchte von Anfang an klarstellen: Es ist nicht an Musk, uns zu sagen, wie wir Europa wieder groß machen können.

Ungebetene Ratschläge

Es war klar, daß es früher oder später passieren würde: Der neue (oder alte, aber versteckte?) Anführer der MAGA-Bewegung, der transhumanistische Milliardär Elon Musk, hat den ersten Stein in Richtung Europa geworfen, nur um deutlich zu machen, was seine Zukunftspläne sind.

Auf seinem X-Profil forderte er

Make Europe Great Again.

Eine bemerkenswerte Variante der Informationskriegsführung. Das Akronym MEGA bedeutet im Altgriechischen μέγα „groß“ und war in der Neuzeit sehr erfolgreich, indem es zum ersten Bestandteil zahlreicher zusammengesetzter Wörter wurde, vor allem in der wissenschaftlichen Terminologie, und dann im 20. Jahrhundert im Massenmarketing, in Cartoons und Videospielen verwendet wurde.

MEGA ist ein Wort, das, abgesehen von einigen spezialisierten und aufmerksamen Linguisten, in den Köpfen der Baby-Boomer- und Boomer-Generationen keinen großen Widerhall findet, aber im Gedächtnis der „Millennials” (jetzt mehr oder weniger in den Dreißigern) und der nachfolgenden Z- und Alpha-Generationen einen Spannungseffekt hervorruft.

Eine klare Botschaft an die Generationen „der Zukunft“ oder besser gesagt an diejenigen, die jetzt in der Politik sind oder demnächst in die Politik eintreten werden, sobald sie alt genug sind und ihr Studium abgeschlossen haben. Eine Provokation, die weiter geworfen wurde, als es scheint, wie ein Stein, der in eine Zisterne geworfen wird, rollt und mächtig widerhallt.

Die Kampagne zur Umstrukturierung der politischen Klasse Europas hat im wahrsten Sinne des Wortes begonnen, und zwar mit demselben Beuteschema, das in den USA bereits seit einiger Zeit angewandt wird und das mit Trump an der Macht in jedem Fall demnächst seine Fortsetzung finden wird.

Wie der italienische Analyst Matt Martini feststellte, „zielt die Unterstützung für die AfD, Meloni, Le Pen und sogar Farage wahrscheinlich darauf ab, den euro-atlantischen und israelischen Militärblock zu stärken, aber wahrscheinlich keine Wachstumsmöglichkeit für Europa, das endgültig zugunsten einer Reindustrialisierung der Vereinigten Staaten deindustrialisiert werden muß.”

Die Idee wäre, einen euro-atlantischen Block zu konsolidieren, zumindest vorübergehend, mit den USA, die gestärkt und mit größerer strategischer Tiefe ausgestattet werden (idealerweise nach der Annexion Kanadas und Grönlands, wenn dies gelingen sollte), mit einem militärischen und wirtschaftlichen Puffer Europa, um Rußland in Schach zu halten. Etwas Ähnliches wird man im Pazifik gegenüber China anstreben.

Da die USA den multipolaren Wandel nicht vermeiden können, werden sie versuchen, hohe Zäune zu errichten, indem sie sich in ihren eigenen Einflußzonen verschanzen.

[…] Und wie sich ein amerikanischer General nach dem Zweiten Weltkrieg erinnerte, ist das Ziel immer das gleiche:

Haltet die Amerikaner drinnen, die Deutschen unten und die Russen draußen.

Kurz gesagt, die sogenannten „Souveränisten“ waren wirklich gut darin, die Souveränität Europas wiederherzustellen… nein, nein, sie haben Souveränität der USA wiederhergestellt!

Das Beste daran ist, daß das alles schon vor den Wahlen vorhersehbar war, man mußte sich nur die Matrizen, die Lebensläufe, die Zugehörigkeiten zu den Machtordnungen der gewählten Kandidaten ansehen, aber das Durchschnittsvolk begnügt sich mit ein bißchen politischem Dopamin, indem es sich TV-Talkshows ansieht; um das Gemeinwohl des Staates schert es sich nicht. Jeder bekommt, bewußt oder unbewußt, was er verdient.

In der Logik des Wiederaufschwungs der USA muß der Euro natürlich bleiben, wo er ist, und künstlich aufrechterhalten werden, denn er ist eine Waffe zur Kontrolle über Europa, die für die Amerikaner allzu wertvoll ist. Es macht wenig aus, wenn die Banken kollabieren und keine Liquidität mehr haben, wenn der Strom so viel kostet wie ein abendliches Essengehen und wenn Rohstoffe knapp sind, Hauptsache, man macht den optischen Eindruck, daß es einem gut geht, und macht Selfies mit Aperitifs.

Nichts Neues, kurz gesagt: Die Nachkriegsunterwerfung bleibt, wie sie war. Wir unterstehen nur mehr den USA und weniger dem Vereinigten Königreich. Die europäische politische Klasse ist gut darauf vorbereitet, die Befehle auszuführen, die wiederum aus Tel Aviv, London und Washington kommen.

Um das Ende der Episode vorwegzunehmen: Das MAGA-Motto obsiegt über das MEGA-Motto.

Die Amerikaner haben nicht die Absicht, uns die Freiheit zu schenken, sie haben nur ein Interesse daran, uns wieder ein bißchen auf Kurs zu bringen, um uns auf einen Stellvertreterkrieg vorzubereiten, in dem wir wieder für sie kämpfen sollen.

Wenn Sie wüßten, was Europa für eine Geschichte hat.

Aber zurück zu Elon Musk.

Als Europa groß war, als es bereits Universitäten, Kunst und Wissenschaft gab, werter Herr Musk, da konnten Sie in Ihrem Heimatland noch nicht lesen und schreiben, genauso wie in Amerika – jenem Amerika, das die englischen Auswürflinge überfallen und kolonisiert haben und in dem Sie jetzt das gute Leben eines Milliardärs führen – dort, wo die Regierungsgebäude stehen, weideten Schafe.

Wir brauchen Sie nicht, um uns zu sagen, wie wir wieder groß werden können.

Wir brauchen keine Lektionen in Zivilisation von Leuten, die die Zivilisation zersetzen, manipulieren und virtualisieren wollen.

Wir brauchen keine Lektionen in Politik von Leuten, die mit dem Leid unzähliger Völker groß geworden sind und behaupten, Ihr Modell um jeden Preis exportieren zu wollen.

Wir brauchen Ihre Währung nicht, die geschaffen wurde, um Völker auszuhungern und zu unterjochen.

Wir brauchen Ihre ultraliberale Wirtschaft nicht, die zur Sklaverei und zur Zerstörung der Würde der menschlichen Arbeit führt.

Wir brauchen eure Kriege nicht, macht sie zu euren eigenen, geht ihr zuerst an die Front, anstatt den Kindern anderer Nationen den Tod aufzuerlegen.

Wir brauchen eure „Werte“ nicht, die den Tod der Zivilisation bedeuten.

Wir brauchen euch nicht.

Wir Europäer haben eine jahrtausendealte Geschichte und Zivilisation, die zu ehren euch nicht einmal ansatzweise in den Sinn kommt – aber Ehre ist eine Tugend, die heute verschwunden ist –, sondern höchstens versuchen, sie ästhetisch zu kopieren, indem ihr die Formen nachbildet, aber den Inhalt nicht mehr kennt.

Wir sind Völker, die ihre Imperien nicht im letzten Jahrhundert, sondern über Jahrtausende hinweg aufgebaut haben. Ohne unsere Kultur, oder vielmehr unsere Kulturen, wäre selbst „Amerika“, wie ihr es auf dem Blut der Ureinwohner, die euch ebenfalls nicht brauchten, errichtet habt, nie entstanden.

Europa wird wieder groß wegen Europa, nicht wegen Amerika

Europa ist dazu bestimmt, wieder groß zu werden, wegen Europa, nicht wegen Amerika.

Um den europäischen Geist, den Logos, der zu uns gehört, wieder zu erwecken, haben wir viele Freunde und Nachbarn, die noch weitaus besser sind als ihr.

Rußland zum Beispiel ist sowohl geografisch als auch kulturell teilweise europäisch und steht unseren Werten und unserer Geschichte näher und in Kontinuität zu ihnen als ihr. Wir sind uns bewußt, daß die Trennung von Rußland ein wesentlicher Schritt war, um das amerikanische Joch auf ganz Europa aufrechtzuerhalten. Aber der Wille der Machteliten ist nicht der Wille der Völker.

Die Hilfe, die Rußland Europa anbietet, ist Teil einer historischen, kulturellen und politischen Organik, die es in Amerika nicht gibt. Während die USA versuchen, uns bis auf den letzten Mann und den letzten Cent auszubeuten, bietet Rußland uns die Möglichkeit, uns selbst zu befreien, dafür zu kämpfen, das Spiel der imperialistischen Besatzung zu beenden, um wieder zu dem zu werden, was wir sind.

Das ist es, was wir brauchen, kein amerikanisches politisches „Fast Food”.

Das ist das einzige Groß-Europa, das wir wollen. Und wir sind bereit, dafür zu kämpfen, um es gegen die USA zu verteidigen.

Ulmer Münster

Quelle: http://euro-synergies.hautetfort.com/archive/2025/01/25/cher-monsieur-musk-nous-n-avons-pas-besoin-que-vous-nous-dis-6532532.html
Originalquelle: https://telegra.ph/Caro-signor-Musk-non-abbiamo-bisogno-che-tu-ci-venga-a-dire-come-fare-grande-lEuropa-01-23