Gerhard Hess
Auszug aus ›Metaphysik des Nordens II‹
[Kapitel III von insgesamt XI Kapiteln]
Völlig gleichgültig ist, ob der grosse J.W. Goethe (1748-1832), im Lehnstuhl des Sterbezimmers sitzend, mit seinen allerletzten Worten nach „mehr Licht“ durch das Öffnen des Fensterladens verlangte, oder ob er um „Töchterchen gib mir Deine Hand“ bat, oder visionierte „nun kommt die Wandelung zu höheren Wandelungen“, oder nach dem „Botschanper“ verlangte, dem Nachtgeschirr, um sein letztes Körperhüllenbedürfnis abzuschlagen –, durchgesetzt und festgehalten wurde das Wort, welches über Goethes Denker- und Forscherleben symbolisch stand und das dem deutschen Volk als sein wichtigster Leitbegriff erscheinen muss.
Kein zweites Volk hat wie die Deutschen, von den dunklen Nebelküsten des Nordens kommend, so sehr nach Licht gerungen und so viel wissenschaftliches Licht gespendet. Der heutige Name Deutschland kommt in seinen sehr alten Überlieferungen nicht nur als Adjektiv vor und zwar in ahd. diutisg, dūtisg, asä. thiudisk = deutsch, wobei man hier von dem Stamm diut-, dūt-, thiud- auszugehen hat. In dieser Form hat man nicht nur die Bedeutung „Volk“ sehen wollen, sondern müssen !
Der Begriff „Deutschland“ ist somit korrekt als „Volksland“ zu deuten. Der gotische Bastard Wulfilas (311-383), der zum ersten Christenagenten, Bischof und Bibelübersetzer für die Germanen avancierte, gebrauchte das Wort für jene seiner gotischen Stammesbrüder, welche seiner neuen Glaubenslehre fernstanden, besser gesagt, sich nicht umerziehen liessen, zu fremden Göttern und Brauchtümern, also dem besten, treuesten Teil der germanischen Volksmasse angehörten.
Der erste Beleg ist eine Textstelle in Wulfilas Bibelübersetzung (Galater 2:14). In seiner „Septuaginta“ (Bibel in griech. Sprache) fand er als Gegenbegriff zu „jüdisch“ einen griechischen Begriff für „nichtjüdisch“ bzw. „heidenvölkisch“ den er mittels des gotischen „þiudisko“ übersetzte. Da er seine Christenpredigt an sein Gotenvolk richtete, musste er ein gebräuchliches, allgemeinverständliches gotisches Wort benutzen. Wir erkennen daraus, dass die Goten bzw. die Germanen sich selbst auf diese Weise bezeichneten.
Die nichtjüdischen Völker, die zukünftig christlich bekehrt werden sollten, wurden mit diesem Wort zusammengefasst. „þiudisko“ bedeutet also „Das-dem-eigenen-unverfälschten-Volk-Zugehörige“. Diese Echten, Unbekehrten im geistig-körperlich Erscheinungsbild belegte Wulfilas mit dem Adjektiv „þiudisko“ (thiusisko), wodurch er sie als autochthon bzw. ursprünglich-völkisch zu kennzeichnen beabsichtigte, also als deutsch bzw. heidnisch.
Ein wahrer Deutscher, im semantisch korrekten Sinne, kann nur ein heidnischer (vorchristlicher) Mensch von germanischer, gallischer, ostelbisch-sklavenischer Rasse sein. Friedrich Nietzsche (1844-1900) erklärt den Begriff „deutsch“:
Vergessen wir doch nicht, dass die Völkernamen gewöhnlich Schimpfnamen sind. … Die ‚Deutschen‘: das bedeutet ursprünglich ‚die Heiden‘: so nannten die Gothen nach ihrer Bekehrung die grosse Masse ihrer ungetauften Stammverwandten, nach Anleitung ihrer Übersetzung der Septuaginta, in der die Heiden mit dem Worte bezeichnet werden, welches im Griechischen ‚die Völker‘ bedeutet: man sehe Ulfilas. – Es wäre immer noch möglich, dass die Deutschen aus ihrem alten Schimpfnamen sich nachträglich einen Ehrennamen machten, indem sie das erste unchristliche Volk Europa’s würden, wozu in hohem Maasse angelegt zu sein Schopenhauer ihnen zur Ehre anrechnete. So käme das Werk Luther’s zur Vollendung, der sie gelehrt hat, unrömisch zu sein und zu sprechen: ‚hier stehe ich ! Ich kann nicht anders ! (›Die fröhliche Wissenschaft‹, 1887, 166)
Der Begriff „Germanen“ taucht erstmals in Cäsars Buch „Gallischer Krieg“ auf. Hiermit bezeichnete er – ohne tiefere Kenntnisse der völkischen Gegebenheiten – die Stämme, die rechts des Rheins wohnten, im Unterschied zu den „linksrheinischen Kelten“, die er für Rom unterjochen wollte. Da es ein gesamtgermanisches Stammesgefühl gab, wird es auch einen Oberbegriff dieser Stammesgemeinschaften gegeben haben.
Das geht aus des römischen Historikers Cornelius Tacitus (58-120 n.0) Bericht hervor, den er in seiner „Germania“ (39) hinterliess. Er schrieb sie um 100 n.0. Wir erfahren darin vom Semnonen-Hain (im Raum Berlin), über den auch in der „Lieder-Edda“ (›Helgakviða Hundingsbana II‹) berichtet wird. In diesem heiligen sog. „Fesselhain“, der „durch die von den Vätern geschauten Vorzeichen und durch uralte Scheu geheiligt ist“, trafen sich Abgesandte „sämtlicher Stämme desselben Geblüts … Insgesamt gründet sich der Kultbrauch auf den Glauben, dass von dort der Stamm sich herleite und dort der allbeherrschende Gott wohne, dem alles unterworfen, gehorsam sei.“
Den Begriff „Germanen“ hat man, von wohl zu simpel, von „Ger-Mann“ abgeleitet, also vom ›Ger‹ (Wurfspeer). Die germ. Form von Speer ist aber gaisaz, deswegen ist es wahrscheinlicher, dass sich Germane von germanus ableitet, was so viel bedeutet wie „leiblich, echt, wahr“ und einer Secundärform gair („Nachbar“) -, so dass wir den Germanenbegriff als eine von Cäsar festgehaltene Selbstbezeichnung dieser Völkerschaften – die „Wahren, Echten“ – zu verstehen haben.
Ebenso wie sich die Skiren, sich selbst die „unvermischten, Schieren, Reinen“ nannten. Es war ein ostmitteleuropäischer Germanenstamm, der mit den Bastarnen (den „Gemischten“) um 200 v.0 in die Region des „Schwarzen Meeres“ zog. Odoaker (433-493), Sohn einer Skirin und wohl eines Thüringers war es, der einen Schlussstrich zog unter das Weströmische-Reich, indem er im Jahr 476 dessen letzten Kaiser absetzte.
Nach allen Quellen zur nordischen Religion, die wir kennen, war das ethische Ideal des nordischen Menschen: Treue, Tapferkeit, Mannhaftigkeit, Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit. Das personifizierte Inbild dieser Tugenden wurde in der Gottesgestalt des Baldur geschaut. Er war die nordische Gottheit des Lichtes, und der Schönheit.
In Britannien führen die Stammtafeln von Bernicia und Wessex einen „Bældæg“ („heller Tag“) als Wodans Sohn auf. Aus der indogerm. Vorsilbe bhel- („glänzend, weiß, glänzen“) bzw. der Vorsilbe bhõ- („glänzen, leuchten, scheinen“) entstanden über die germ. Vorsilben bala-, balla, balaz, bzw. ballaz; sowohl verschiedene altgerm. Vornamen, wie z. B. Balas, Balan, Balamber als auch der Name des Balder/Baldur. Er wird im eddischen Gylfaginning (22) so beschrieben:
Odins anderer Sohn ist Baldur. Von ihm ist nur Gutes zu sagen: er ist der Beste und wird von allen gelobt. Er ist so schön von Antlitz und so glänzend, dass ein Schein von ihm ausgeht. Ein Kraut ist so licht, dass es mit Baldurs Augenbrauen verglichen wird, es ist das lichteste aller Kräuter: davon magst du auf die Schönheit seines Haars sowohl als seines Leibes schliessen. Er ist der weiseste, beredteste und mildeste von allen Asen. Er hat die Eigenschaft, dass niemand seine Urteile schelten kann. Er bewohnt im Himmel die Stätte, welche Breidablick („Breitglanz“) heisst. Da wird nichts Unreines geduldet, wie hier gesagt wird.
Im Gylfaginning (17) wird auch beschrieben, dass Breidablick in der Nähe von Alfheim liegt, wo die Lichtalfen wohnen:
Da sind noch manche merkwürdige Stätten. So ist eine Wohnung, die Alfheim heisst. Da haust das Volk, das man Lichtalfen nennt: […] Die Lichtalfen sind schöner als die Sonne von Angesicht.
Ausführlich wird im Gylfaginning (49) und in mehreren Liedern und Erzählungen beschrieben, wie Baldur im weithin bekannten Mythos sein Leben verlor und zur Hel, zur Unterwelt gehen musste. Der boshafte Geist Loki, Laufeyjas Sohn, will Baldur von der Erde schaffen, ihn töten lassen.
Dazu nutzte er ein Schiessspiel auf Balder. Er erfuhr von den Dunkelmächten, dass es der auf Bäumen wachsende Schmarotzerbusch Mistel sei, mit dessen Zweig allein Baldur umzubringen wäre. Loki riss ein Mistil-teinn aus, ging zum Schiessspielplatz, legte ihn dem „blinden Bruder“ Höder als Pfeil auf den Bogen und lenkte ihn auf des Lichtgottes Herz. Der Schuss flog und durchbohrte Balder, dass er tot zur Erde fiel, und „das war das grösste Unglück, das Menschen und Götter betraf“, wie der nordische Mythos klagte.
Erschütternd ist, wie hellsichtig die Metapher der Götterlegende die Realitäten trifft: Der boshaft-ungezügelte Freigeist, Truggeist Loki, der Logos ohne Prinzipien und Moral, verführt den blinden, blindgemachten Volksbruder Höder, das Heil, das Gute, Helle zu töten. So musste also Baldur zu Hel gehen.
Ein weiteres treffsicheres Gleichnis ist, dass Loki, wie es im Gylfaginnig (50) heisst, auf seiner Flucht vor den Göttern weglief „und sich in einem Berge barg. Da machte er sich ein Haus mit vier Türen, dass er aus dem Hause nach allen Seiten sehen könnte. Oft am Tag verwandelte er sich in Lachsgestalt und barg sich in dem Wasserfall, der Franang hiess, und bedachte bei sich, welches Kunststück die Asen wohl erfinden könnten, ihn in dem Wasserfall zu fangen….“
Wer müsste bei Betrachtung des „Lügen-Lachses“ nicht an den Christen-Fisch denken ?! Der derbe Bauergott Donar-Thor griff nach ihm und bekam ihn in der Mitte zu fassen, doch er glitt ihm in der Hand, so dass er ihn erst am Schwanz wieder festhalten konnte. Darum ist der Lachs hinten spitz. Nun war Loki friedlos gefangen. Auch Lokis Söhnen, Wali und Nari oder Narwi, ereilte das Gleiche. „Den Wali verwandelten die Asen in Wolfsgestalt: da zerriss er seinen Bruder Narwi. Da nahmen die Asen seine Därme und banden den Loki damit über die drei Felsen.“ Gift tropft ihm ins Angesicht, wogegen er sich so heftig sträubt, dass die ganze Erde sich schüttelt, und das ist es, was die Erde immer ‚mal wieder zum Beben bringt.
Das religiöse Denken des nordischen Menschen war darauf gerichtet, „Huld und Heil“ zu gewinnen, was modern ausgedrückt mit „Wohlwollen und Weihe“ von Seiten der höheren Mächte umschrieben werden könnte; als höchste Macht galt das Goð, das unpersönliche Gute. Den Heilswunsch liest man auch am Ende des eddischen Weisheitsgedichtes die Hávamál, „Des Hohen Lied“ oder „Die Sprüche des Hohen“:
Heil dem, der sie kennt ! Heil denen, die sie hörten.
Im „Codex regius“ ist die Hávamál als zweiter Text direkt hinter der Völuspá, „der Seherin Sichtung“, platziert. Die Hávamál-Verse beziehen sich auf Gott Odin, der den sterblichen Menschen Rat gibt, wie sie ein erfolgreiches und ehrenwertes Leben führen können. Der dritte und letzte Teil der Hávamál sind die 18 „Zauberlieder“ des Ljóðatal (Verse 147-165), eine Aufzählung des mythologischen Wissens, dessen wichtigste Strophe 157 ist, in der Odin als Gott der Runen erklärt wird und als Einziger der Tote wieder zum Leben erwecken kann.
Obwohl in Strophe 160 von Odin als „Hroptatyr“ in der dritten Person die Rede ist, muss Odin selbst Sprecher der Hávamál sein, deren einstmals echte, noch unzerstörte Urgestalt ein Kernbestandteil des Odin-Kultes darstellte, in dem Odin seine Religions- und Morallehre verkündete. An deren Ende steht der Segensspruch bzw. die Akklamationsformel:
Heil dem, der sie kennt ! Heil denen, die sie hörten.
Die altnordischen Adjektive „heill“ oder „séls“ bezeichnen die körperliche Gesundheit eines Menschen: gesund, ohne Wunden und geistig gesund = „heill hugr“ enthält die semantischen Inhalte „Ehrenhaftigkeit u. Geradheit“. Im alten Sprachverständnis war das Wohlergehen der Sippe anhängig von ihrem Heil. Der stärkste Wunsch war jener nach dem Heil, deshalb die für sich selbst, den Sippenangehörigen und Freunden gegenüber ausgesprochenen Segenswünsche: „Rat-Heil“, „Sieg-Heil“, „Acker-heil“, „Ernte-Heil“, „Fisch-Heil“, „Ski-Heil“ usw..
Das Heil, das Gute, galt als die Lebenskraft selbst, das Gegenteil ist das Unheil, das Schlechte, das Antigöttliche. Ebenso wie die Begriffe „Gut und Böse“ im Altnordischen mit „séls“ und „unséls bezeichnet werden. Got. altnord. séls, ahd. salig, schwed. salig, selig = gut, selig, glücklich, glückbesitzend, füllehabend, wohlgeartet, heil; der Begriff ist verwandt mit sal = Wohnung, Sitz.
Die Seligkeit erwächst aus dem Heimatbesitz, dem Gutsbesitz, dem Odal, dem Odalhof, dem Wissen, woher man stammt und wohin man gehört. Das ahd. Wort „salicheit“ meint „Verklärung, Vollendung im Reich Gottes u. ewige Anschauung Gottes“, im höchsten Ort von Asgard („Seelengarten“), oder der Walhalla („Totenhalle der Krieger“), oder Gimle („Glanzhalle“), die schöner als die Sonne beschrieben wird.
Zum Begriff „selig“: Das Adjektiv mhd. sælec, ahd. salig „wohlgeartet, gut, glücklich; gesegnet; heilsam“, niederl. zalig „selig“, aengl. sælig, aisl. sælligr „glücklich“ ist die altgerm. Weiterbildung eines äteren Adjektivs, das noch in got. sels „tauglich, gütig, schwed. säll „glückselig“ und in aengl. un-sæle „boshaft“ erscheint. Als abgeleitetes Substantiv steht daneben mhd. sælde „Güte, Glück, Segen, Heil“ (ahd. salida, aengl. sæld, aisl. sæld), das im Nhd. durch Seligkeit w. (mhd. sælec-, ahd. salicheit) abgelöst wurde.
Ausserhalb des Germanischen ist vielleicht lat. solari „trösten“ verwandt. Ableitungen von auf -sal gebildeten Begriffen wären aus Substantiv „Mühsal“ das Adjektiv „mühselig“ und red-, rühr-, feindselig, d.h. beseelt bzw. bestimmt von Feindschaft. Wer „heil“ und „séls“ besitzt ist von guter Art, hat Inhalt aus dem Goð, stammt aus dem Goð, ist von Gottesart, wie es die eddische Rígsþula („Lied von Rig“) lehrt, wo die mythische Werdung der menschlichen Stände aufgezeigt wird.
Der Götterkönig Rig („König“) erzeugt aus Menschenfrauen, die er aufsucht – wie der ario-indische Gottkönig Manu die Kasten – die drei Stände, die sich in Art und Wesen unterscheiden: Er wird zum Ahnherrn der „schwärzlichen Knechte“, der „rotwangigen freien Bauern“ und der „lichtlockigen adligen Edelinge“.
Die angelsächsischen Herrscherhäuser führten ihre Stammbäume sämtlich auf Gott Woden-Odin zurück. Die aus den Urzeiten – über das Dolmen- und dann das Urnenzeitalter – sich entwickelnde nordische Glaubensform war eine auf ethischen Regeln des Sippenethos basierende Religion das Spendens und Empfangens von „Huld und Heil“, immer in einer Art Vertragsverhältnis von Geben und Nehmen. Man gab das Gute und erhoffte vom „Freund-Gott“ die Gegengabe des Guten.
Die persönlich gedachten Götter wurden als intime Freunde und nicht als ferngerückte Herrscher geschaut (Uwe Ecker, ›Die Religion der Germanen in schriftlichen Quellen‹, S. 193 ff). Opfergaben wurden als Liebesgaben, nicht aber als Tribute verstanden. Diverse Götter kennen alle Kulturkreise. Schon im ersten Kapitel der biblischen Genesis werden die Götter im Plural „Elohim“ 29-mal erwähnt. Doch hierin liegt der grosse Unterschied zu den orientalisch-monotheistischen Herrscher- und Sklaven-Religionen, mit ihren gnadenlosen Herren-Göttern, die nach dem Willen ihrer Verkünder wie blutrünstige Tyrannen regieren: Aton, Jahwe und Allah.
Die nordische Religion, in Ausgestaltung ihrer verschiedenen Kultformen, stellte hohe moralische Anforderungen an ihre Gläubigen, war getragen von feinsinniger Spiritualität, übte ein hohes Mass an Verantwortlichkeit gegenüber der Natur, namentlich gegenüber geheiligten Bäumen und Quellen, würdigte die Frau, den Gast, den Ferngereisten, den Greis, die Greisin, ehrte die Ahnen, der Ahnen Werke, war erfüllt vom Glauben an ein Jenseitsleben, an gerechten Lohn und Strafe für gute und böse Taten, erhoffte die Wiedergeburt und brachte hervorragend organisierte, funktionierende Gemeinwesen hervor, die mit Recht das Gebot der Treue – dem Gegenpart von Lüge, Verrat und Unverantwortlichkeit – auf den obersten Platz des Wertekanons stellten, denn mit der Untreue gegenüber dem Leben, der Liebe, dem Herkommen, den heimischen Göttern, den Ahnen, den Frauen und Kindern, dem Land und der Volkserhaltung beginnt jeglicher Untergang, das Chaos, also Rückkehr des „Ginnungagap“, der wüsten Urschlucht, aus der sich die gediegene Ordnung, Anstand und höhere Gesittung einstmals emporentwickelt hatten.
Auf „Huld und Heil“ beruhte das Ideal des Gesellschaftsvertrages innerhalb von Sippen und Volksgenossen, ebenso wie der Vertrag mit den höheren Mächten, den Freund-Göttern, im Sinne von: Wer Huld verschenkt, dem wird Huld gegeben, wer Heil walten lässt, dem wird Heil zuteil ! Und das alles ohne Zwang und Kontrolle seitens einer zentralgelenkten Priesterkaste, ohne Verfolgungen von Andersgläubigen, ohne Ablasshandel, Ohrenbeichte, ohne Folterkammern einer päpstlich belobigten Inquisition.
Im wertenden Vergleich fallen die monotheistischen Religionsformen deutlich ab; sie wären konkret insofern als amoralische Schwindel-, Herrschafts-, Obrigkeits- oder Unterdrückungsreligionen abzuwerten, weil:
1.) Im Mosaismus, mit seinem „Sündenbock“-Mythos und dem „Kolnidere“-Sündenerlass ein striktes Gutsein nicht vonnöten erscheint.
2.) Im Katholizismus, mit dem Konstrukt von „Ohrenbeichte“, der priesterlichen „Sündenvergebung“ bei Wohlverhalten gegenüber der Kirche und Verbüssungsverringerung durch geldlichen „Ablasskauf“ verbrecherische Taten künstlich „wiedergutzumachen“ sind.
3.) Im Islamismus jegliche Untaten durch eine grössere Untat, nämlich der Tötung eines Glaubensfeindes bzw. eines Christen, angeblich aufgehoben werden können.