WELTANSCHAUUNG UND DYNAMIK
Einer der interessantesten Wesenszüge des deutschen Volkes ist die dynamische Schaffenskraft, die wir vom tiefsten Gefühl her für richtig und erstrebsam anerkennen, dagegen aber die statische, starre, lähmende, erstickende, spießige und ertötende Beharrlichkeit zutiefst ablehnen. Die Dynamik ist einer der stärksten Kräfte des Deutschen und unserer Deutschen Weltanschauung.
›Dynamis‹ bedeutet in der griechischen Sprache: Kraft, Stärke, Wirksamkeit. Das Stammverbum ist ›dynamai‹ und bedeutet: können, vermögen, ausrichten
Statik kommt von dem lateinischen Wort ›stare‹ und bedeutet: stehen, einen Stand haben.
Für das Lebensgefühl bedeuten Statik und Dynamik, daß das Leben einmal auf Gewinnung eines festen Standes, also auf Festsetzung und Ruhe, oder aber auf die Ausrichtung und das Wirken gerichtet sein kann. Hier also auf das Sein oder das Werden, die ebenfalls polare Gegensätze sind.
Daher unterscheiden wir dynamische und statische Weltbetrachtung und Lebensauffassung.
Wollen wir uns klar machen, ob der Mensch die eine oder die andere Lebensauffassung besitzt, dann dürfen wir niemals davon ausgehen, daß er nur ein statisches oder nur ein dynamisches Lebensgefühl besitzt, sondern lediglich feststellen, welches Gefühl bei ihm das überwiegende ist.
Unsere allgemeinen Beobachtungen sind die, daß wir Menschen begegnen, die z. B. in ihrem Beruf völlig aufgehen und ganz in ihm und für ihn leben. Diese Menschen nehmen dabei keine Rücksicht auf persönliches Wohlergehen, sondern es geht ihnen nur gut, wenn die Sache, die sie vertreten, vorwärts geht.
So werden sie auch fähig, Person und Sache zu unterscheiden, eine Kunst, die weiten Kreisen im deutschen Volke verloren ging, aber unbedingt wieder Allgemeingut werden muß.
Die Sache aber, um die es hier geht, ist das hohe Anliegen um Volk und Familie, Heimat und Herkunft.
Wer sich selbstlos müht und alle Kraft einsetzt, dem ist auch die Ruhe eine Notwendigkeit. Wo gearbeitet wird, müssen Arbeitspausen eintreten.
Wer viel erdenkt, bedarf der Besinnung. Die ständige Gemeinsamkeit zwingt in die Einsamkeit, wo sich die Kräfte wieder sammeln.
Dem kraftvoll Tätigen ist Ruhe nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Sein Lebensgefühl ist dynamisch, sein Leben die Tat, sein Wesen der Kampf. Der so gezeichnete Mensch ist eine Idealgestalt der nordischen Persönlichkeit.
Das Ideal wird aber sicherlich niemals ganz erreicht – entscheidend ist aber der gute Wille, dieses Ideal erreichen zu wollen und sich immer wieder neu zu überwinden, wenn man einmal schwach zu werden droht und in Gefahr gerät, die an sich selbst gestellten Anforderungen nicht erfüllen zu können. Das Streben danach bietet für den Menschen unserer Art höchste Erfüllung und bedeutet gleichzeitig auch größtes Glück.
Ein überwiegend statischer Mensch muß einem solchen Lebensgefühl verständnislos gegenüberstehen.
Aber verbrauchte Kraft will und muß sich wieder ergänzen und sehnt sich nach der Freude. Erlebte Freude wiederum erzeugt ein Hochgefühl, das im kraftvollen Handeln sich auslösen will und muß. So stehen sich auch Kraft und Freude polar gegenüber und ergänzen sich notwendig.
Das ›Ich‹, das in der Arbeit aufgeht und sich hier am schönsten erfüllt, findet sich wieder, indem es anderes Schönes erlebt, um erneuert sich den Pflichten wieder hinzugeben.
Wer dieses Wechselspiel an sich noch nicht erfahren hat, weiß nichts vom tiefen Sinn, ein ganzer, voller und reicher Mensch zu sein.
Wir dürfen es uns wohl ersparen, nun auch den Menschen zu zeichnen, dem es vor allen Dingen nur um seine eigene liebwerte Person geht und dem vor allem seine Ruhe über alles geht. Der, der den Kampf meidet, so viel er nur kann, und der sich am liebsten in behaglicher Sicherheit wiegt. Der wohlbekannte Spießer. Der, der am liebsten nichts sieht und nichts hört, wenn Gefahren sind und Unwetter drohen. Der, der sich spitzbübisch freut, wenn andere kämpfen und bluten, aber ihm nichts passiert und von ihm nichts verlangt wird. Der, der obendrein unsagbar stolz ist auf sein statisches Lebensgefühl.
Wird er in seiner Behaglichkeit gestört und damit bloßgestellt, läßt er nichts unversucht, seinen Standpunkt und die Berechtigung seines Soseins zu verteidigen. So wundem wir uns nicht, wenn er gegenüber der Schilderung des dynamischen Menschen sofort den Einwurf bereit hat: „Der, den du dort vorführst, das ist der Streber, den ich ablehne und hasse.“
Dieser Einwand ist nur ein Beweis, daß derjenige, der ihn erhebt, Person und Sache nicht zu trennen vermag und den dynamischen Menschen nicht begreifen kann. Den dynamischen Menschen, dem es alleine darum geht, durch Einsetzung und Aufgabe des ›Ich‹ der idealen Sache zu ihrem Siege zu verhelfen.
Auch der Streber entfaltet natürlich Kräfte, jedoch alleine zu dem Ziel, für seine Person einen Stand zu erringen, von dem aus er dann unbehelligt seinen selbstsüchtigen Neigungen nachgehen kann. Ihm wird aber echtes Glück und echtes Genießen immer versagt bleiben.
Der überwiegend dynamische Mensch ist ein Kämpfer, er erstrebt allein den Fortgang der Sache, arbeitet, will seine Pflichten erfüllen und über sich hinauswachsen. Ruhe ist für ihn Mittel zum Zweck.
Der überwiegend statische Mensch ist ein Spießer, sich selbst genug, er erstrebt das Wohlergehen der eigenen Person, genießt und liebt die Ruhe, die für ihn Selbstzweck ist.
Doch wenn etwas bezeichnend für das Wesen des Menschen unserer Art ist, dann ist es die Dynamik des inneren und äußeren Lebens. Ebenso bezeichnend ist die Auflehnung gegen jede Erstarrung und gegen jedes Dogma. Aber dennoch weiß sich der nordische Mensch gebunden, nämlich an die Natur und ihre ewigen Gesetze – und er ist selbst Natur. Natur aber ist ewige Schöpfung und ewiges Werden und nicht einmaliges Geschehen.
Für unsere Vorfahren ist ›Gott‹ nicht einmalige Offenbarung, die dann für eine möglichst lange Zeit zu einem ›Sein‹ und zur ewigen ›Wahrheit‹ umgewandelt wird, sondern der dynamisch empfindende Mensch läßt bewußt oder unbewußt zwar ein ›Sein‹ wirken, forscht aber stets dem Werden als Ausdruck des Seins nach.
Dafür benötigt der nordische Mensch aber keine zauberhaften, nie dagewesenen ›Offenbarungen‹ als Wunder für sein seelisches Erleben. Dieses fortdauernde ›werdende‹ Ringen um das ›Sein‹ ist Grundzug der germanischen Religion gewesen – in ›Die Weisheit des Brahmanen‹ von Friedrich Rückert finden wir:
Es ist ein Ewiges, das wandelt und das bleibt
Das in sich selber ruht und ruhelos alles treibt.
Du mußt Erregungen und Leidenschaften lassen,
Wenn Du das Ewige, das ruht, willst erfassen.
Du mußt Erregungen und Leidenschaften hegen,
Wenn Dich das Ewige, das wandelt, soll bewegen.
Erfassend und erfaßt, erregend und erregt,
Sei gleich dem Ew’gen selbst, bewegt und unbewegt.
So standen sich mit der Naturreligion und dem Christentum seelisch weit entfernte Welten gegenüber – einerseits das dynamische Werden, das ständige Wirken der Natur (des Gottes), Gedankenfreiheit, Freiheitsliebe und Toleranz. Und auf der anderen Seite die Vernichtung der Natur und der Naturgesetze, das statische ›Sein‹, die einmalige Offenbarung, das Dogma, Knechtseligkeit und Unduldsamkeit.
Manch einer glaubt, auch der Islam als asiatisch-semitische Religion sei eine dynamische Bewegung, weil sie große Kraft entfaltet und deshalb nicht als statisch bezeichnet werden könne. Aber die Kräfte jedoch, die den Islam so gefährlich erscheinen lassen, quellen nicht aus einem dynamischen, sondern aus dem statischen Lebensgefiihl hervor.
Die Religion des Islam ist ganz auf das Jenseits gerichtet. Die dort zu erwartenden Paradiesfreuden lassen den Moslem freudig in den Schlachtentod gehen, weil er glaubt, daß dort die größten Sinnenfreuden auf ihn warten. Sein Glaube erweckt ihn zu stärkstem Fanatismus und schärfster Unduldsamkeit gegenüber allen Ungläubigen, die er mit ausgesuchter Grausamkeit verfolgt.
Und das Ziel? – Das erstrebenswerte Ziel ist Unterwerfung unter das Gesetz Mohammeds. Strenge Scheidung besteht zwischen Herren und Sklaven, Gläubigen und Ungläubigen. Der Moslem erobert, um bedingungslos zu herrschen, die Sklaven für sich arbeiten zu lassen und die Besiegten auszubeuten – denn seine schönste Lebenserfüllung ist – der Genuß. Im Gottvertrauen ist er Fatalist, was in sich schließt, daß, wenn er sich von Gott berufen fühlt, er auch das Äußerste wagt und leistet.
Für das deutsche Volk ist das ständige Überwiegen des dynamischen, kämpferischen Elements überlebensnotwendig, während das Überhandnehmen der statischen Elemente Zersetzung und Auflösung zur Folge haben muß.