Gerhard Hess

 

gebo: Gabe
Phonetischer Wert : g
Tierkreis: Jungfrau
August Ende

Sakralfest: Erntedankgabenfeier

Nach der göttlichen Erntegabe erfolgt die menschliche Dankgabe, der Erntedank.

 

›Erntedank‹, Gemälde von Jürgen Wegener (Weimar), Große Deutsche Kunstausstellung 1943 im Haus der Deutschen Kunst zu München

 

Die -Rune verkörpert als Malkreuz, auch Vermehrungskreuz genannt, sowie in ihrer Quersummenzahl Neun unübersehbare solare Aspekte. Zudem zeigt die deutsche Runenreihe des Hrabanus Maurus für die Gebu-Rune ein sechsspeichiges Zeichen.

Ihr Begriff „Gabe, Geschenk bedeutet Mischung von Seele und Leben, Gemeinschaft und Inspiration, und diese Wirklichkeit wird im Verhältnis zur Gottheit gesteigert.

Unsere Rune liegt auf dem Ende des Kornerntemonats, so dürfen wir vordergründig den Erntedank für die Brotfrucht, im weiteren Sinne aber den Dankritus für jegliche Gottesgabe, als Sinnhinterlegung annehmen.

Ver­ständ­lich ist mithin, daß die heidnischen Lappländer das Zeichen, wie mehrere andere Übernahmen aus dem nordgermanischen Kultur­raum auch, als Opfer-Symbol benutzten, d. h. ihre Op­fer­gaben damit markierten.

Doch schon die ganz ähnliche hethitische Hieroglyphe der gekreuzten Unterarme zweier Männer be­deu­tete „Bund, Vertrag“. Zur Opferfeier wurden die Spenden, Gaben von der Kultgemeinschaft, der Gilde, eingesammelt, um dann Ritus und Opferschmaus auszurichten. Solche Handlungen sind Teile eines bewußten Heilsvertrages. Dank wollte man sagen und durch eine Dankgabe neue Himmelsgaben herausfordern.

Das jedem Op­fersystem zugrunde liegende Prinzip lautet: „Ich gebe, damit du gibst.“ Die Griechen sagten: „Hand nur wird von Hand gewaschen; wenn du nehmen willst, so gib!“

Passende altnordische Sätze aus dem eddischen Hávamál lauten: „Dem Freunde sollst du Freund­schaft bewahren und Gabe mit Gabe vergilt! Doch Hohn soll man mit Hohn erwidern und die Täusch­ung mit Trug“, oder auch: „Gleiches mit Gleichem vergilt.“

Die numinosen Mächte und der Mensch stehen in einem organischen ganzheitlichen System gegen­­seitiger Geschenke. Wer das Gebu-Geheimnis erkannt hat und danach handelt, wird das harmonische Zusammenleben geistes- oder blutsverwandter Gemeinschaften zu fördern wissen.

Mittels dieser Rune werden die Kameradschaft, das Wohlwollen zwischen Genossen, Brüdern und Schwestern aufrechterhalten, Zusam­mengehörigkeitsgefühle ge­stärkt und Entfremdungen verhindert.

 

Kornmutter von Jinx Mim

Der goldenen Ähren heilige Zucht
sind Sonnengedankens Weihefrucht.
Die gelben Garben, die guten Gaben,
die wir mit der Ernte empfangen haben,
galten als köstlichstes Gottesgeschenk;
im gebackenen Brot, im gebrauten Getränk;
Sonnenkraft ist da hineingegeben,
des Sonnenlichtes unsterbliches Leben.

Drum denket, da ihr die Brote brecht,
drum wisset, wenn ihr vom Biere zecht,
es ward aus gottgeistiger Sonnenglut
im Brote der Leib, im Biere das Blut.
Woran sich der Mensch auch atze und labe,
es ist himmelsherrliche Sonnengabe.

 

Beitragsbild: Jan Fibinger