Gerhard Hess
gebo: Gabe
Phonetischer Wert : g
Tierkreis: Jungfrau
August Ende
Sakralfest: Erntedankgabenfeier
Nach der göttlichen Erntegabe erfolgt die menschliche Dankgabe, der Erntedank.
Die -Rune verkörpert als Malkreuz, auch Vermehrungskreuz genannt, sowie in ihrer Quersummenzahl Neun unübersehbare solare Aspekte. Zudem zeigt die deutsche Runenreihe des Hrabanus Maurus für die Gebu-Rune ein sechsspeichiges Zeichen.
Ihr Begriff „Gabe, Geschenk“ bedeutet Mischung von Seele und Leben, Gemeinschaft und Inspiration, und diese Wirklichkeit wird im Verhältnis zur Gottheit gesteigert.
Unsere Rune liegt auf dem Ende des Kornerntemonats, so dürfen wir vordergründig den Erntedank für die Brotfrucht, im weiteren Sinne aber den Dankritus für jegliche Gottesgabe, als Sinnhinterlegung annehmen.
Verständlich ist mithin, daß die heidnischen Lappländer das Zeichen, wie mehrere andere Übernahmen aus dem nordgermanischen Kulturraum auch, als Opfer-Symbol benutzten, d. h. ihre Opfergaben damit markierten.
Doch schon die ganz ähnliche hethitische Hieroglyphe der gekreuzten Unterarme zweier Männer bedeutete „Bund, Vertrag“. Zur Opferfeier wurden die Spenden, Gaben von der Kultgemeinschaft, der Gilde, eingesammelt, um dann Ritus und Opferschmaus auszurichten. Solche Handlungen sind Teile eines bewußten Heilsvertrages. Dank wollte man sagen und durch eine Dankgabe neue Himmelsgaben herausfordern.
Das jedem Opfersystem zugrunde liegende Prinzip lautet: „Ich gebe, damit du gibst.“ Die Griechen sagten: „Hand nur wird von Hand gewaschen; wenn du nehmen willst, so gib!“
Passende altnordische Sätze aus dem eddischen Hávamál lauten: „Dem Freunde sollst du Freundschaft bewahren und Gabe mit Gabe vergilt! Doch Hohn soll man mit Hohn erwidern und die Täuschung mit Trug“, oder auch: „Gleiches mit Gleichem vergilt.“
Die numinosen Mächte und der Mensch stehen in einem organischen ganzheitlichen System gegenseitiger Geschenke. Wer das Gebu-Geheimnis erkannt hat und danach handelt, wird das harmonische Zusammenleben geistes- oder blutsverwandter Gemeinschaften zu fördern wissen.
Mittels dieser Rune werden die Kameradschaft, das Wohlwollen zwischen Genossen, Brüdern und Schwestern aufrechterhalten, Zusammengehörigkeitsgefühle gestärkt und Entfremdungen verhindert.
Der goldenen Ähren heilige Zucht
sind Sonnengedankens Weihefrucht.
Die gelben Garben, die guten Gaben,
die wir mit der Ernte empfangen haben,
galten als köstlichstes Gottesgeschenk;
im gebackenen Brot, im gebrauten Getränk;
Sonnenkraft ist da hineingegeben,
des Sonnenlichtes unsterbliches Leben.
Drum denket, da ihr die Brote brecht,
drum wisset, wenn ihr vom Biere zecht,
es ward aus gottgeistiger Sonnenglut
im Brote der Leib, im Biere das Blut.
Woran sich der Mensch auch atze und labe,
es ist himmelsherrliche Sonnengabe.