Dr. Lothar Stengel v. Rutkowski
Weltbild und Weltanschauung sind zweierlei, ebenso wie Verstand und Gemüt, Wissen und Glauben zweierlei sind. Aber sie sind nicht unabhängig voneinander. Wissen und Glauben finden ihre Einheit in dem Menschen, der etwas weiß und der zugleich etwas glaubt. So sollten auch Weltbild und Weltanschauung im Menschen eine Einheit finden oder doch zumindest diese Einheit suchen. Aber nicht alle Menschen haben den gleichen inneren Antrieb, diese Einheit zu suchen. Auch sind nicht alle Menschen ihrem ererbten Wesen nach im gleichen Ausmaß in der Lage, sie zu finden. Schon bei den großen Völkern der Erde herrschen hierin Unterschiede.
Diese Unterschiede setzen sich aber auch zum Teil in den Angehörigen ein und desselben Volkes fort. Obwohl das wissenschaftliche Weltbild der Gegenwart den Angehörigen aller Ethnien und Völker, die die Wahrheit ehrlich und fleißig suchen, in Wort und Schrift in den Laboratorien und hohen Schulen der Welt in gleichem Maße zugänglich wäre, sind doch die Weltanschauungen, die Gedanken über Gott und Welt, Sinn und Wert, Aufgabe und Ziel, über Mensch und Schöpfung recht verschieden. Das liegt zum Teil an der erblichen Ungleichheit der Menschen, zum Teil an ihrer Erziehung und Ausrichtung.
Bildlegende: v. li.: Albrecht Dürer, Selbstbildnis, Kopf eines Orientalen, Gemälde von Jean Louis Theodore, Zen-Meister Taisen Deshimaru
Der Mensch des Fernen Ostens sucht häufig, wenn er die gesetzmäßigen Grundlagen des Weltalls erkannt hat, in der Hingabe an die Mächte seiner Umwelt mit dem unbekannten letzten Grund aller Dinge, dem Göttlichen, eins zu werden. Der Mensch des Vorderen Orients empfindet den göttlichen Urgrund der Welt als das „ganz Andere“. Er empfindet dieses „ganz Andere“ als so fremd und so unnahbar, daß er die Vereinigung mit dieser göttlichen Welt entweder in ein Jenseits nach dem Tode verlegt oder Propheten, Schriftgelehrte, Priester und andere Mittler sucht, die zwischen ihm, dem gewöhnlichen Menschen, und der ewigen „Dämonie” und „Magie” Brücken schlagen. Die Vereinigung mit dem „ganz Anderen“ nennt der Vorderasiate dann „Erlösung„, die Brücke, die der Prophet zum Jenseitigen schlägt, empfindet der Orientale als Offenbarung. Ihre „Weltanschauung” hält sich deshalb vom wissenschaftlichen Weltbild möglichst fern oder behandelt es als Sache für sich, die mit dem Glauben nichts zu tun hat. Bei diesen Menschen klafft nun auch eben solch eine Kluft, wie zwischen irdischem Diesseits und göttlichem Jenseits, zwischen dem nach ihrem Empfinden materialistischen oder mechanistischen Verstand und der idealistischen, nur dem Menschen eignenden und ihm von Gott eingehauchten Seele.
Der Mensch Nordeuropas endlich empfindet in der Regel die Welt als Einheit. Obwohl auch seine Gesamtpersönlichkeit sich aus erkennendem Verstand, wertender Seele und nach Gestaltung drängendem Willen zusammensetzt, hat ihn doch die harte Not und Wirklichkeit seines nordischen Zuchtraumes so geformt, daß sich diese drei Eigenschaften und Fähigkeiten seines menschlichen Wesens nicht widersprechen, sondern vielmehr zur Meisterung des kampfreichen Lebens verbinden. So erlebt der nordische Mensch, wenn er einmal zu eigenständigem Besinnen reif und frei geworden ist, seinen Verstand als sein Organ, um die Dinge und Gesetzmäßigkeiten der Welt in sich und um sich her zu erkennen, die Seele, das Gemüt als sein Organ, diese Dinge einzuschätzen und zu werten, und den Willen als den Drang, diese Dinge zu gestalten, zu ordnen und zum Guten zu lenken. Dabei beraten Verstand und Gemüt den Willen. Dabei fragt der Verstand nach seelischem Wert und notwendiger Tat, und dabei wertet und richtet die fühlende Seele das Erkannte und Geschehene, den Plan und die Sehnsucht, den Verstand und die Aktivität. Deshalb ist im gesunden Germanen der Geist niemals der Widersacher der Seele. Deshalb ruft er aber angesichts der erkannten Unendlichkeit und ihrer unwandelbaren Gesetzmäßigkeit auch nicht nach Zauberei, Magie, Gnade und Wundern. Deshalb liegt sein Glaube auch nicht mit seinem Verstand im Hader. Deshalb ist der erste Grundsatz seiner Frömmigkeit: Hilf dir selbst, so hilft dir Gott! Das Streben der Menschen nordischer Art war es, die große Ordnung der Schöpfung in der Ordnung der Menschen anzuwenden und nachzuahmen.
Der Mensch des Nordens hat aber diese seine angeborene Wesenheit nicht ungestört entwickeln können. Mit dem Christentum drang orientalische und vorderasiatische Erlebens- und Glaubensweise in seine Heimat und seinen Entwicklungsraum. Sie beeinflußte ihn durch getauftes Elternhaus, christliche Schule und Konfirmation. Durch die öffentliche Verbindung von Thron und Altar wurde er von der Kindheit bis zum Alter in fremder Grundhaltung erzogen, modifiziert und induziert. Bei diesem gewandelten geistigen Klima gewannen auf einmal auch innerlich zerrissene, bisher zwar seltene und unbeachtete, im Laufe der Zeit aber sich vermehrende und Achtung gewinnende Menschen der eigenen Art Einfluß, weil sie die ebenfalls zerrissene fremde Lehre als ihrem Zustand angemessen empfanden und von den Verbreitern der fremden Lehre ihrerseits als verwandt empfunden wurden. Wir wissen heute, daß die Rassen der Menschheit nicht durch strenge Grenzen voneinander abgeschlossen nebeneinander leben, sondern daß es in der kennzeichnenden Erbanlagengemeinschaft, die ein Volk darstellt, auch mehr oder minder zahlreiche Einzelmenschen gibt, die das eine oder andere Kennzeichen nicht besitzen, dafür aber Eigenschaften, die bei einer anderen, fremden Völkern gehäuft und deshalb kennzeichnend vorkommen, während sie beim eigenen Volk selten sind. Diese Individuen haben also besonders gute Antennen für jene Gedanken, die von fremden Ethnien friedlich oder gewaltsam über die Grenzen des ursprünglichen Lebensraumes herüberbranden. So konnte auch in Germanien die alte Wirklichkeitsreligion, Diesseitsfrömmigkeit, Weltbejahung und Erlebenseinheit verdrängend, die Offenbarungsreligion, Erlösungsfrömmigkeit, Weltverneinung und der Erlebenszwiespalt (Dualismus) eindringen und Fuß fassen.
An die Stelle der Naturerkenntnis trat so das durch Propheten, Mittler und Schriftgelehrte einmalig offenbarte Dogma der Bibel. Die gottdurchdrungene Unendlichkeit der Schöpfung wurde zersetzend und sündenselig in Diesseits und Jenseits, Himmel und Hölle, Geist und Natur, Fleisch und Seele, Materie und Idee auseinanderdisputiert und zerrissen. Das Abendland aber verfiel in Ablaßhandel und Inquisition, Knechtung der Wissenschaft und Ausbreitung der Seuchen, Hexenwahn und Ketzerverfolgung, Zauberei und Reliquiennarretei, Astrologie und Aberglauben. Auf die Dauer jedoch ließ sich der Erbdrang des nordischen Menschen nach Naturerkenntnis, Naturverehrung und Naturgestaltung von okkultem Umweltzwang nicht beherrschen.
Kepler, Kopernikus und Galilei stürzten das geozentrische Weltbild des Ptolemäus und damit den Wahn, unsere kleine Erde sei der Nabel des Weltalls und Rom und Jerusalem das Herz der Erde. Man schwor nicht mehr blind auf die christliche Offenbarung, man begann wieder, arischer Naturforschung zu vertrauen. Man verbarg das Göttliche nicht mehr hinter Wunder und Geheimnis, man suchte es wieder durch Tat und Erkenntnis. Aber der Weg war weit und der Widerstand von Kirche und Priesterschaft gewaltig. Eine Weltanschauungswende erfolgte in der Französischen Revolution. Aber diese Wende war noch nicht die unsere und deshalb auch nicht die endgültige. Ihre Parolen: „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ richteten sich zwar gegen die Zwangsjacke von Thron und Altar und schlugen in die Dogmen der Kirche Breschen, aber sie verschleierten die Naturtatsache der erblichen Ungleichheit der Lebewesen einschließlich des Menschen und den Vorgang der Auslese als Grundlagen jeder lebensgesetzlichen Leistung. Sie stellten wider Gebühr den vergänglichen Einzelmenschen in den Mittelpunkt der menschlichen Kultur und erhoben ihn zum Selbstzweck, statt ihn einzuordnen als Glied zwischen Vergangenheit und Zukunft. Sie stellten „Menschenrechte“ gegen Rassen-, Volks-, Familien- und Lebensrecht. Sie riefen zwar „Zurück zur Natur“, aber „Natur“ war für sie nur die eine Hälfte des Schicksals, die Umwelt! Die Erbwelt blieb auch jetzt noch wie zur klerikalen Zeit vergessen und mißachtet.
Während der ganzen von der Französischen Revolution beeinflußten Zeit aber stand vor allem gemäß der erbmäßigen Grundhaltung des mittelländischen Südmenschen, dessen Wesensart hier stark hineinspielte, das Äußere, Formale, Scheinbare, Zufällige im Vordergrund des Interesses von Wissenschaft, Politik und Kultur – statt des Wesentlichen, Inhaltlichen, Wirklichen und Gesetzmäßigen, um das es dem nordisch-germanischen Menschen vordringlich und zutiefst zu tun ist. So gliederte man die Menschen nach dem Stand, dem sie angehörten, statt nach ihrer Abstammung und ihrem ererbten Wesen. Die Folge war das Entstehen des „Klassenkampfes”.
Man sah in der Menge das Wesentliche statt in der Qualität und Beschaffenheit, man zählte die Stimmen, statt sie zu wägen – die Folge war der Parlamentarismus als Haupterscheinung der westlichen „Demokratie”. Man fragte nach dem Milieu, der Staatsangehörigkeit, der formalen Stimmigkeit der Buchstaben, statt nach der Veranlagung, dem Wesen und der inneren Berechtigung. Die Folge war der Imperialismus westlicher Prägung, der über die genetischen Grenzen der Menschen hinausschritt, der Nationalitätenstaat, der angestammten Traditionen vergewaltigte, und jene Wissenschaft, die über der Mannigfaltigkeit der Formen die Einheit und Wesenheit vergaß und der Verfassung diente statt dem Leben. Im Schutz dieser westlerisch- liberalen Epoche konnte sich auch ein alter, seinem Ursprung nach vorderasiatischer Dualismus wieder unter neuem Decknamen breitmachen. Es begann der Streit zwischen Materialismus und Idealismus, Mechanismus und Vitalismus. Der Wirklichkeit und dem Leben waren beide gleich fern!
Für den eigenständig sein Weltbild formenden Menschen ist wegen der Einheit der Welt weder die „Materie” etwas Sündhaftes, Minderes und Verächtliches, noch die „Idee” etwas auf jeden Fall Besseres, Göttlicheres und Erstrebenswerteres.
Schließlich sind alle Ideen irgendeiner bestimmten „Erbmaterie” entsprossen. Schließlich kommt es immer auf den Inhalt und auf die lebensfördernde oder das Leben schädigende Wirkung einer Idee an. Der sogenannte „historische Materialismus“ war nichts anderes als der ins Politische übersetzte Umweltwahn der Französischen Revolution. Er meinte, jeder Mensch sei das, was er äße. Gewiß war diese Lehre falsch. Eine Verachtung des Baustoffes aller Welt, des toten sowohl als des lebendigen, daraus abzuleiten, ist jedoch irrsinnig oder böswillig.
Ein gegenüber Vergangenheit und Zukunft verantwortungsloses Vergeuden von Erbwelt und Umwelt, das von mancher Seite auch wieder mit dem Kautschukbegriffe „Materialismus“ bezeichnet wird, hat aber erst recht nichts mit dem „irdischen“ Baustoff der Materie als solcher zu tun. Wer überhaupt eine göttliche Allmacht und Vorsehung anerkennt und verehrt, kann nicht umhin, einzusehen, daß auch die Materie – als belebte sowohl, wie auch als unbelebte Substanz – wesentlicher und deshalb geheiligter Teil der göttlichen Schöpfung ist. Daß die „Materie” in ihrem innersten Wesen uns heute als „Wellenbewegung” erscheint, sei nur nebenher bemerkt.
Mir aber erscheint eine „Welle” nicht besser oder schlechter als ein „Stoff”, und ein „Stoff” nicht weniger oder mehr „wunderbar” als eine „Energie”. Es ist daher auch völlig müßig darüber zu streiten, ob die Seele des Menschen eine „Lebensenergie” oder eine „Eigenschaft” bestimmten rassischen Stoffaufbaues oder eine „Wellenart“ ist, die in dieser Form eben nur von Menschen erzeugt wird. Wichtiger, ja von entscheidender Bedeutung und Notwendigkeit ist es, zu erkennen, daß die drei Seiten, die in ihrer Totalität die menschliche Persönlichkeit ausmachen, daß Geist, Seele und Wille in ihrem Vermögen und ihren Grenzen von den Eltern jedes Menschen über die stofflichen Träger der Vererbung, die Chromosomen, ererbt sind. In dem Moment, wo diese Erkenntnis unseres Weltbildes über die „Welt in uns” in die Wertung unserer Weltanschauung eingegangen ist, wird es jedem Verantwortungsvollen deutlich, daß unsere Zukunft nicht von dem Kampf zwischen einem milieubesessenen Materialismus und einem ebenso milieubesessenen Idealismus abhängt, sondern allein von der ausreichenden Fortpflanzung der erblich Begabten, Charaktervollen, Gutwilligen, Willensstärken und Leistungsfähigen.
Ähnlich unsinnig wird von dieser Warte aus der Streit zwischen „Mechanismus” und „Vitalismus”. Zweifellos ist das Leben keine Maschine und die Maschine nichts Lebendiges. Maschine wie Leben jedoch sind erfüllt und durchdrungen von Naturgesetzlichkeit. Das Leben ist eine Sonderordnung im Reich des Alls und der Mensch eine Sonderordnung im Reich des Lebendigen. Das Werkzeug des Menschen, seine Waffen sowohl als seine Apparaturen und technischen Hilfsmittel bei der Arbeit, konnten von ihm nur geschaffen werden durch sein Eindringen in dieselbe große Naturgesetzlichkeit, nach deren Regeln und Gesetzen auch er entstanden ist.
Wie der Bauer aus den Regeln und Gesetzen von Saat und Ernte, Frucht und Boden, Zucht und Pflege seine Erträge zieht, wie der Künstler aus dem Reich der Töne, aus Farben und Formen, Lauten und Rhythmen seine Tonwerke, Bildwerke und Dichtungen schafft und gesetzmäßige Ordnung in die chaotische Fülle der Möglichkeiten bringt, so trägt der Forscher und Erfinder, Ingenieur und Konstrukteur, Handwerker und Werkmeister, Ordnung und Aufgabe menschlicher Kultur im Dienste des menschlichen Lebens in die Welt des Seins und Werdens hinein. So ist auch hier nicht die wesentliche Frage: Leben oder Maschine, Physik oder Biologie, Mechanik oder Organismus, sondern: Aufbau oder Zerstörung, Chaos oder Ordnung, Plan oder Willkür, Gesundheit oder Krankheit, Vervollkommnung oder Abstieg im Dienste der uns eigentümlichen und uns von der Vorsehung anvertrauten Lebenskraft.
Diese Lebenskraft kam wie alles andere aus dem Schoß der Natur, dem Bereich des Alls, der Unendlichkeit des ewigen Werdens. So nimmt es denn auch den Erkenntnissuchenden nicht wunder, daß die kleinsten Bausteine des Lebendigen, die „Viren” einiger Krankheiten und die „Gene” als Träger der Erbanlagen ohne jede Grenze in die „unbelebte Natur” überzugehen scheinen. Warum auch nicht?! Oder ist vielleicht die Elektrizität weniger wunderbar als das Leben, das Sonnensystem weniger heilig als der Same, das Atom und seine Kraft leichter verständlich als die Zelle und ihr Wachstum? Wir stehen heute, nach der Französischen Revolution und der mit ihr verbundenen Aufklärung, in einer neuen großen Weltanschauungswende von geradezu kopernikanischem Ausmaß.
Wie damals das geozentrische Dogma der Bibel unter dem Ansturm indogermanischer Naturerkenntnis in sich zusammenbrach, so heute das anthropozentrische Dogma derselben erstarrten und überholten Ansammlung von uns fremden Lehren und Anschauungen, Erzählungen, Sagen und Beispielen. Der Hebel, der jene brüchigen und mumifizierten Vorstellungsgebäude aus den Angeln hebt, ist unsere moderne Rassenerkenntnis, die einesteils auf der Entdeckung der Erbgesetze, andernteils auf der Erforschung der natürlichen Abstammung des Menschen fußt.
Bildlegende: v. li.: Kopernikus, Kepler, Galilei
Hatte das Lebenswerk von Kopernikus, Kepler und Galilei der Erforschung und Ordnung unserer schicksalsmäßigen Umwelt und ihrer Naturgesetzlichkeit wieder freie Bahn gebrochen, so eröffnet die Rassenlehre die Erforschung der für uns nicht weniger schicksalhaften Erbwelt. Damit aber haben wir die Totalität unserer Schicksalserforschung und Daseinserkenntnis der klerikalen Verdunkelung und Verwirrung entrissen. Schicksal ist nämlich für alles Lebendige nichts anderes als das Zusammenwirken seiner nur ihm eigentümlichen Erbwelt mit der ihn Zeit seines Daseins umgebenden und formenden Umwelt. Schicksal ist die Resultante aus dem Kräftespiel unserer Erbwelt und unserer Umwelt. Die Gesamtgesetzlichkeit des Alls, die uns bewegt, setzt sich aus diesen beiden großen Gesetzmäßigkeitsgruppen zusammen.
Alles, was nicht Erbwelt ist, muß ja Umwelt sein, und alles, was nicht Umwelt ist, muß Erbwelt sein. So muß auch unser modernes Weltbild sich zusammensetzen aus dem Bild, das wir uns über die Vorgänge um uns, und dem Bild, das wir uns über die Vorgänge in uns machen. Auch das Göttliche kann nicht anders als auf diesen beiden Wegen, „dem gestirnten Himmel über uns und dem moralischen Gesetz in uns“, auf uns Einfluß zu nehmen. Auch unser Blick ins All, in die Werkstatt der Vorsehung, auch unser Weg deutschen Frommseins und deutscher Gläubigkeit muß deshalb so seine „Offenbarungen” suchen, die für uns allerdings keine Geheimnisse und Mysterien, sondern Erkenntnisse und Wirklichkeiten sind!
Die Welt um uns besteht aus „Freiwelt” und „Heimwelt”, d. h. der eigentlichen Natur, der Physik, Chemie, Biologie, den Tieren, Pflanzen und Rohstoffen einerseits, und der vom Menschen gestalteten Umwelt, der Kultur, Wirtschaft, Politik und Geschichte andererseits. Die Welt in uns besteht aus unseren Erbanlagen. Alles dies gilt es mit unserem Verstand in seiner Gesetzmäßigkeit zu erkennen, sodann in seinen Teilen, Ursachen und Wirkungen mit Seele und Gemüt in seinem Wert zu schätzen, zu bejahen oder abzulehnen und endlich in seinem Geschehen und seiner Gestaltung wollend vorzubereiten und zu verwirklichen oder nach Kräften abzuwehren und zu verhindern.
So stehen Weltbild, Weltanschauung und Weltgestaltung nebeneinander wie erkennender Geist, wertende Seele und wollende Tätigkeitskraft. Ihre Einheit finden sie einmal im Menschen, der sie als verschiedene Seiten seines Seins in sich vereinigt, und andererseits in der Ordnung, der der Mensch als ganzer und damit auch durch seine Erkenntnis, sein Gefühl und seine Tat zu dienen hat. Was diese uns heiligste und höchste Ordnung ist, darüber gehen die Meinungen der Ethnien und der Zeitepochen wieder auseinander. Wessen Gefühl nach der Existenz eines Jenseits verlangt, der wird wohl auch die letzte Instanz und den obersten Wert in diesem Jenseits suchen. Er wird also als weltanschauliche Forderung die Überwindung der Natur, die Auslöschung der Völkergrenzen, die Abkehr vom Diesseits erheben.
Wessen Gefühl die Stimmigkeit und Eleganz der äußeren Form befriedigt, der wird einen glatten Religionsritus und Priesterkodex aufstellen, dessen Fassade Genüge zu leisten ist, um seine Schuldigkeit zu erfüllen. Wer das All als gottdurchwirkte Schöpfung ohne Ende von Zeit und Raum empfindet, der wird nach den wesenhaften und deshalb schicksalhaften Gesetzmäßigkeiten dieses Alls forschen und bestrebt sein, seine eigene Menschenordnung mit diesen großen Geordnetheiten der Vorsehung in Einklang und Übereinstimmung zu bringen. Er wird am gestirnten Himmel über sich, in den Bausteinen der Welt, beim Werden der Erde nach Gesetzmäßigkeiten und Werten suchen. Die Gesetzmäßigkeiten wird er finden, für seine menschliche Daseinsform gültige Werte aber noch nicht. Und vielleicht wird er dann folgendes erkennen: zunächst, daß unsere Umwelt bei näherer Betrachtung und Durchforschung uns immer ins Unendliche führt, weil sie im Unendlichen mündet, dort, wo uns unsere Sinne und unser Verstand nicht mehr hinbegleiten. Beim Vordringen in unsere Umwelt stoßen wir alle früher oder später einmal an die Grenzen unseres menschlichen Seins, an die Grenzen unseres Erkenntnis- und Gestaltungsvermögens.
Unser Wertungsvermögen wird in dieser Unendlichkeit, wo jede Form, ob Atom, ob Sonnensystem, ob lebendiges Wesen oder toter Stein sein eigenes Recht des Daseins hat, sowieso sinnlos. Dem folgt aber die zweite Erkenntnis. So weit unsere Sinne und unser Verstand in die Gesetzmäßigkeit der Umwelt auch vordringen – wir finden ein Gesetz immer wiederkehrend: das Gesetz von Ursache und Wirkung. Dieses Gesetz müssen wir deshalb auch in unserer menschlichen Umwelt anwenden und beherzigen. Es besagt, daß jedes Geschehen, Glück oder Unglück, seinen Anlaß hat. Will ich also Segen verbreiten und Unglück verhüten, so muß ich die Ursachen ergründen, um die Wirkungen zu lenken. Von nichts kommt nichts. Wer den Feind besiegen will, muß ihn kennen. Wer sein Volk gesund und groß machen will, muß die Voraussetzungen und Gesetzmäßigkeiten von Gesundheit und Größe kennen und dann zielbewußt und planmäßig anwenden. Das ist aber auch alles, was uns dies Weltbild der Umwelt an Weltanschauung lehren kann. Dennoch müssen wir es kennen. Denn die Welt um uns umgibt, formt, prüft, beeinflußt uns täglich und überall, und in ihr zu kämpfen, uns zu bewähren, durchzusetzen, fortzupflanzen und sie zu gestalten, ist der Sinn unseres Daseins.
Alle anderen Werte aber gibt uns das Weltbild der Welt in uns. So sehr innerhalb der Gesamtschöpfung alle Formen des Daseins gleiches Recht haben, so sehr haben innerhalb der Form des Lebens die Lebendigsten, Lebenstüchtigsten und am meisten Leben Verbreitenden das meiste Recht. Deshalb fragen wir nach dem Wesen des Lebens, nach den Triebkräften der Entwicklung, als die wir dann Auslese und Aufartung erkennen.
Deshalb interessiert uns die Entwicklung unserer speziellen menschlichen Form mit ihren Sondergesetzen innerhalb der Gesamtheit des Lebendigen, die uns über die Einheit als Lebendige noch als Volk und Rassen besonders verbindet. Uns erstellt sich aus all dem die erbliche Ungleichheit alles Lebendigen, die Einheit von Leib und Seele, die Totalität der Natur, die natürliche Abstammung des Menschen und das natürliche Vergehen des einzelnen. So hängen Weltbild und Weltanschauung zusammen. Weltbild ist Wissen, Weltanschauung ist Glauben. Für den Orientalen ist beides voneinander getrennt. Das eine gehört dem Diesseits, das andere dem Jenseits an. Bei uns verhält es sich anders. Zwar haben auch wir keinen Zweifel daran, daß wir mit dem Wissen allein nicht auskommen, sondern auch den Glauben nötig haben, so gewiß wir auf der anderen Seite mit einem vom Wissen unkontrollierten Glauben in der Welt der Wirklichkeit und des Kampfes sehr bald Schiffbruch erleiden würden.
Damit ist aber auch schon unsere Auffassung über das natürliche Verhältnis von Wissen und Glauben, Weltbild und Weltanschauung gesagt: Einmal, an irgendeiner Grenze, in einem Fach früher, in einem anderen später, läßt uns unser Erkenntnisvermögen im Stich. Es geht im Augenblick oder vielleicht auch auf die Dauer nicht mehr weiter voran, höher in die Höhe oder tiefer in die Tiefe. Dann muß, wo das Weltbild verdunkelt wird, die Weltanschauung weiter leuchten. Sie wird aber nicht in die Irre leuchten, sondern sich auch hier an die Wegweiser und Richtungen halten, die das Weltbild uns in der gesamten bereits erhellten Welt erschlossen und aufgefunden hat. Echter, indogermanischer, kämpferischer Glaube geht immer mit dem Wissen Hand in Hand. Wenn das deutsche Volk wieder so glauben und schauen lernt, dann gehört „der Glaube” nicht mehr „in die Kirche” als ein Aberglaube, der dem Leben zuwiderläuft, sondern mitten ins Leben hinein, in dem er als Gehilfe des Lebens einmal als Eigenschaft unserer europäischen Völker entstanden ist.
Wir können es auch anders ausdrücken: Unser Sacherkenntnisvermögen zeigt uns die Tatsachen, unser Sachwertungsvermögen gibt uns die Möglichkeit, aus der Fülle der Tatsachen die uns zuständigen Werte zu finden. Ohne Sacherkenntnis wäre eine Sachwertung unmöglich, ohne Verstand also für uns Menschen des Nordens auch kein Glaube. Ohne Sachwertung aber wäre auch eine Sacherkenntnis sinnlos! Wir würden in der Fülle der Tatsachen ertrinken. Wir fänden keine Gliederung und keine Ordnung, kein Recht und keine Schönheit, keine Güte und keine Wahrheit. Wir landeten in einem hoffnungslosen Nihilismus von Ursache und Wirkung!
Die Ordnung unserer biokulturellen Gegebenheiten, die Pflicht gegenüber unserem Volke gibt allen Ursachen und allen Wirkungen Sinn. So gehören Erbwelt und Umwelt unseres Seins als Träger unseres Schicksals zusammen. Wir aber, die wir vor der Aufgabe stehen, den neuen Wertmaßstab aus Erbwelt und Umwelt, Elternschaft und Arbeit gegenüber den vergehenden Werten der christlichen Mission und Französischen Revolution, gegen Jenseitslehre, Gleichheitslehre und individualistisches Schmarotzertum zum Siege zu führen, wollen uns klaren Verstandes und heißen Herzens in das naturgesetzliche Weltbild der Gegenwart vertiefen, um daraus eine lebensgerechte Weltanschauung zu gewinnen.
Gesichertes und geordnetes Wissen bedeutet hier immer wieder Macht gegenüber okkulter Verschwommenheit, Magie und Selbsttäuschung. Nachdem biblische Geschichten, Heiligenlegenden und Priesterpostillen ihre Überzeugungskraft für uns verloren haben, müssen wir uns eindeutigeres und gültigeres Rüstzeug für unser Denken und Trachten erobern; schon allein deshalb, um auf die Folgerichtigkeit und Wahrheit verlangenden Fragen unserer Kinder gültige und sichere Antworten geben zu können. Gewiß, der Weg, den wir dabei zu gehen haben, ist nicht leicht. Jahrhunderte haben an dem, was jetzt als gesichertes Gut vor uns liegt, gearbeitet. Nicht nur Schweiß, auch Blut ist um diese Erkenntnisse geflossen. Wir glauben auch nicht, daß alles hier heute Gültige und sich Zusammenfügende der Weisheit letzter Schluß ist. So lange Menschen unserer Art leben und kämpfen, so lange wird auch der kämpferische Drang bestehen, die Welt um uns und in uns noch besser zu erkennen, noch besser zu verstehen, um sie noch besser zu gestalten.
Die Weltanschauung aus deutscher Gläubigkeit aber wird auch dann dem Weltbilde als der erkannten Gesetzmäßigkeit der Vorsehung folgen. Nur dann wird sie elastisch bleiben, nur dann nicht in Dogmen und überholten Gestrigkeiten erstarren und nur dann das Erbe jener großen Ketzer erfüllen, die um der Treue zu ihrem angeborenen Wesen willen ihr Einzeldasein opferten und so der Zukunft ihrer Art den Weg ins Leben freigaben.
Wenn wir in Staub zerfallen
Wenn wir in Staub zerfallen,
was bleibt von uns zurück,
von unsern Gütern allen,
von dem erbauten Glück?
Die Mauern werden brechen
und Gras wächst über Grund,
doch sollen Enkel sprechen
von uns mit frohem Mund.
Wir können nichts erwerben
in aller Ewigkeit;
wie wir uns selbst vererben,
das dauert durch die Zeit.
Wenn einst in bangen Tagen
die Enkel fragend steh’n,
dann soll in starkem Sagen
von uns ein Mut ausgehn!
Um die Existenz von Staaten zu rechtfertigen, bedurfte es einer Weltsicht, die von hoheitlichen Geschichtsfälschern festgelegt wurde. Römische Soldaten und christliche Kuttenträger arbeiteten Hand in Hand. Von einem zweitausendjährigen Krieg gegen nordische Völker zu sprechen trifft den Kern. Diese Sicht von Georg Kausch ist keineswegs weit hergeholt, sondern stimmig.
Es obliegt der einzelnen Seele, schon als Mensch ein hohes Bewusstsein zu entwickeln, um den Niederungen der Dunkelwesen zu entkommen. Daher fühle ich mich von dem Gedankengut, das mir hier auf Ahnenrad begegnet, angenehm berührt.
Wir sind hocherfreut über Ihre freundlichen und erbaulichen Kommentare zu unseren Beiträgen. Ich habe kaum damit gerechnet, daß jemand den Text von Lothar Stengel von Rutkowski tatsächlich liest und wertzuschätzen versteht. Auch wenn es „im Augenblick oder vielleicht auch auf die Dauer nicht mehr weiter vorangeht – höher in die Höhe oder tiefer in die Tiefe, so muß, wo das Weltbild verdunkelt wird, die Weltanschauung weiter leuchten“. Sieg dem Licht!
Liebe Solveig, ich habe den Rukkowski-Text soeben sogar ausgedruckt.
Lothar Stengel von Rutkowskientstammte einer alten deutsch-baltischen Familie. Sein Vater war der evangelische Pfarrer Arnold von Rutkowski, seine Mutter Elisabeth von Bahder. Im Alter von zehn Jahren erlebte er die Ermordung seiner Eltern durch die Bolschewiki. Zusammen mit seinem Bruder übersiedelte er nach Deutschland, wo er in Marburg an der Lahn vom Historiker Edmund E. Stengel adoptiert wurde. Seinen Ruhestand ab 1972 verbrachte er in Korbach (Waldecker Land), wo er zahlreiche Gedichtbände verfaßte. PK bedauert, ihn nicht persönlich kennengelernt zu haben.
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