Guillaume Faye

sieht den Hauptgrund für den Niedergang der Familie in der Verquickung von Ehe und sexueller Liebe, der „Ehe aus Liebe“.

Der folgende Text ist ein Auszug aus Guillaume Faye, Sex and Deviance (Arktos, 2014), Kapitel 1.

 

 

Die fruchtbare und dauerhafte heterosexuelle Familieneinheit ist bei den Europäern stark rückläufig, was den dramatischen Rückgang ihrer Geburtenrate erklärt. Dieser Rückgang hat viele sekundäre Ursachen, die jedoch alle auf eine einzige Hauptursache zurückgehen: den mit dem Egalitarismus verbundenen übermäßigen Individualismus. Paradoxerweise liegt der Ursprung dieses Individualismus im Christentum.

Nichts spricht wirklich gegen die traditionelle heterosexuelle Familie, aber alles ist ihr abträglich, angefangen bei der allgemeinen ideologischen Prägung unserer Zeit. Meiner Meinung nach liegt die eigentliche Ursache für den schleichenden Verfall der Paarbeziehung und der traditionellen Familie nicht in der Ideologie der „konservativen Rechten“, die mit der Aufklärung und dem Triumph des Individualismus, des Konsumismus, des Feminismus usw. verbunden ist. Diese Aspekte sind zwar relevant, aber sie sind zweitrangig.

Der entscheidende Faktor für den Niedergang der stabilen, fruchtbaren Familie und des beständigen heterosexuellen Paares ist die Verquickung von Ehe und sexueller Liebe, die „Ehe aus Liebe“. Dies ist eine Verflechtung auf drei Ebenen: Abstammung, Sexualität und Liebe. Es ist eine seltsame und paradoxe Konsequenz der christlichen Vision von Ehe und sexueller Liebe. Ich sage dies mit aller gebotenen Zurückhaltung und Vorsicht, denn die bürgerliche Ehe (die aus der christlichen Liebe hervorging) konnte so paradoxerweise einen Punkt des Gleichgewichts erreichen. Aber sie hat diesen Punkt überschritten. In einer Welt des ewigen Werdens [1]gibt es nie ein permanentes Gleichgewicht; alles ist der Umgestaltung und Neuanpassung unterworfen.

Das Verschwinden der beständigen Paare

Man könnte sich fragen, ob eine übermäßig verfeinerte Sexualität (die, sagen wir, durch „Sinnlichkeit“ oder erotischen Individualismus gekennzeichnet ist) mit der traditionellen Großfamilie nicht unvereinbar ist. Der Erotomane wird ja nicht mit dem Bild des Familienvaters identifiziert, die „befreite Frau“ nicht mit dem der Familienmutter. Sexuelle Zurückhaltung scheint im Westen die Bedingung für stabile, kinderreiche Paare zu sein, so wie die unvermeidliche und notwendigerweise heuchlerische Trennung zwischen (offener) ehelicher Sexualität und (verdeckter) libidinöser Sexualität eine paradoxe Bedingung für das stabile, fruchtbare Paar ist. Den Ehepartner zu betrügen, bedeutet nicht nur, diskrete sexuelle Abenteuer zu erleben, sondern einen festen, dauerhaften Liebhaber zu haben, d.h. den ehelichen (und familiären) Pakt zu brechen, bei dem es nicht nur um die Sexualität geht, und der vielleicht nicht einmal die Sexualität beinhaltet.

Andererseits kann man das Problem auch aus einer anderen Richtung angehen: Eine Gesellschaft kann sich auf Dauer nicht reproduzieren, wenn es eine Verwechslung und Gleichwertigkeit der Rollen von Mann und Frau gibt. Das stabile, fruchtbare Paar setzt die Anerkennung der radikalen Differenzierung zwischen den Geschlechtern voraus, die der gegenwärtig vorherrschenden Ideologie völlig zuwiderläuft. 

Die Ideologie der Liebe, die offensichtlich christlichen Ursprungs ist, hat nicht nur auf politischer Ebene erheblichen Schaden angerichtet, sondern auch auf der Ebene der Familie. Die Liebesheirat und das amouröse Konkubinat haben in einem sehr komplexen soziologischen Prozess die Familie und das stabile Paar zu Grabe getragen.

Seit den 1960er Jahren haben eine explosionsartige Zunahme der Scheidungsrate, die Zahl der Alleinerziehenden, die spektakuläre Zunahme der Junggesellen, die soziale Isolation der älteren Menschen, die Bildungsdefizite usw. den Zusammenbruch der traditionellen Familie im Westen markiert. Soziologen sprechen von einer Explosion der „glücklichen Scheidungen“. Die Zahl der einvernehmlichen oder gemeinsam beantragten Scheidungen explodiert.[2]

Oft sieht man einen Vater, seine Ex-Frau und den neuen „Stiefvater“ in den Urlaub fahren oder sich (oberflächlich betrachtet) mit den Kindern aus der ersten und der zweiten Ehe vertragen. In den Schulen wird die Zahl der Kinder, die in einer dauerhaften und stabilen traditionellen Familie mit nie geschiedenen Eltern aufwachsen, zu einer Minderheit. Zwei frisch geschiedene Ehepartner bilden eine Familie, die sich aus den Kindern beider Partner zusammensetzt. 

Das Gesetz von 2004 hat das Gesetz von 1975 über die Scheidung in gegenseitigem Einvernehmen drastisch vereinfacht und damit die Scheidung durch Lossagung eingeführt, die auch ohne die Zustimmung des Ehepartners möglich ist. Das bedeutet, daß nicht die Lebenspartnerschaft in den Rang einer Ehe erhoben wurde, sondern die Ehe in den Rang einer Lebenspartnerschaft herabgestuft wurde.

In der Tat erleben wir die Abschaffung der Ehe als der Institution, die im großen und ganzen über mehrere Jahrhunderte in allen sozialen Schichten bestand. Wie der Soziologe Jean-Claude Le Goff schreibt:

In den 1950er und 1960er Jahren gewannen Institutionen wie die Ehe an Bedeutung, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer affektiven als auch ihrer institutionellen Dimension. Eine Geliebte zu haben, wurde toleriert, eine Scheidung jedoch stark mißbilligt. Seit den 1970er Jahren ist die institutionelle Dimension der Ehe immer mehr verschwunden. Für die Paare ist das Scheidungsverfahren auf gesellschaftlicher Ebene viel einfacher, aber das Drama, das auf privater Ebene erlebt wird, verstärkt sich und wird zuweilen noch schwieriger zu bewältigen. Zum Zeitgeist gehört es, nicht zu zeigen, daß man davon betroffen ist. Unsere Gesellschaft weigert sich, das Tragische anzuerkennen. Aber die Psyche ist dem Einfluß unterworfen, und das läßt sich nicht willentlich verhindern. Gefühle hinterlassen ihre Spuren im Unterbewußtsein, und es ist nicht immer gut, sie zu verdrängen.[3]

Paare, die zunehmend unreif sind und unter einer verlängerten Adoleszenz leiden, trennen sich beim ersten Sturm und sobald die Phase der Verliebtheit endet. Dies ist sehr schädlich für die geistige Entwicklung der Kinder (vor allem, wenn sich die Familieneinheit wieder zusammensetzt), da dadurch die Vorstellungen von Ehe und Elternschaft entkoppelt werden. Früher blieben die Menschen zusammen und überwanden ihre Schwierigkeiten als Paar wegen der Kinder und aus Treue zur Familienlinie, indem sie sich verpflichteten, die Kinder gemeinsam in einem gesunden und stabilen Umfeld aufzuziehen.

Heute grassiert der eigennützige Individualismus, und die Paare trennen sich trotz der Kinder. Trotz all des Geredes über Mitgefühl und Schutz werden Kinder, die nur noch ein luxuriöses Spielzeug sind, nicht mehr in den Vordergrund gestellt. Inmitten dieser deformierten Familien ist die psychische Entwicklung, ja die intellektuellen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen zwangsläufig massiv gestört.

Dies ist ein echter Rückschritt gegenüber dem europäischen Familienmodell. Die Blutsbande sind unterbrochen. Da die Familie ein Mikrokosmos der Nation ist (die Zelle ihres Körpers, die ihre Homogenität garantiert), ist der Verlust des Konzepts der familiären Abstammung, der Familientradition und des Erbes (sowohl im biologischen als auch im sozialen Sinne) eine der Hauptursachen für den Verlust des ethnischen und rassischen Bewusstseins sowie für die Gleichgültigkeit gegenüber der Rassenmischung und der Kolonisierung durch die Masseneinwanderung. […]

Die Politisierung der Liebe: Symptom des Neo-Totalitarismus

Der übermäßige Gebrauch des Wortes ›Liebe‹ ist charakteristisch für unsere Zeit, vor allem in der englischsprachigen Welt. Wir sollten auch die übermäßige Verwendung des Begriffs „Liebe“ in der christlichen Rhetorik seit den 1960er Jahren beachten. Der Satz „Gott ist Liebe“ ist eine theologische Aussage, die im Christentum bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts nur selten verwendet wurde und im Judentum und im Islam unbekannt ist.

Die Zunahme von Verweisen auf die Liebe in der westlichen Ideologie ist eine Säkularisierung der christlichen Nächstenliebe, die paradoxerweise mit einer massiven Entchristlichung zusammenfällt. Gleichzeitig haben sich die Kirchen zur Anbetung der Menschenrechte [4] bekehrt, die früher wegen ihres profanen und materialistischen Charakters abgelehnt wurden. Dieser Kult bildet die Grundlage der offiziellen und quasi rechtsverbindlichen ideologischen „Vulgata des Westens“, aus der sich drei Hauptgebote ableiten: Humanität, Antidiskriminierung und Antirassismus, die jeweils in den Gesetzestexten verankert sind.[5]

Diese Politisierung der Idee der Liebe hat nicht nur eine gigantische Flutwelle humanitärer Diskurse ausgelöst, sondern auch immense öffentliche Ausgaben, insbesondere zugunsten wachsender ausländischer Bevölkerungsgruppen, deren parasitären Charakter man nicht anprangern darf.

Der ungezügelte humanitäre Kult der „Liebe zum Anderen“ ist nicht nur ein Symbol der Entmännlichung und des Ethnomasochismus in den westlichen Bevölkerungen (wie ich in anderen Schriften mehrfach nachgewiesen habe)[6] , er geht auch – und das ist nur ein scheinbares Paradox – mit einer Explosion der sozialen Gewalt (Kriminalität), der Darstellungs-Gewalt (audiovisuelle Medien) einher, einer Schwächung der zivilen und wirtschaftlichen Ehrlichkeit, dem Rückzug der Bürger in die eigenen Reihen, der Ausbreitung des islamistischen Fanatismus, dem Auftreten eines barbarischen Primitivismus bei einem großen Teil der Jugend (die trotz der Diskriminierung zu ihren Gunsten hauptsächlich ausländischer Herkunft ist) und – für die einheimischen Franzosen aus der Arbeiterklasse und der Mittelschicht – einer starken Verschlechterung ihrer Lebensqualität und ihrer bürgerlichen Freiheiten.

Diese Ideologie der obligatorischen Fremdenliebe fungiert als eine sanfte Form des Totalitarismus, bei der der öffentliche Diskurs den beobachtbaren sozialen Tatsachen zuwiderläuft – ein Phänomen, das teilweise dem der Sowjetunion ähnelt, allerdings ohne die Gulags. Die Macht wird von einer doktrinären Professorenkaste mit exklusivem Zugang zu den Massenmedien monopolisiert, deren Ideen von der Mehrheit der einheimischen Bevölkerung nicht geteilt werden. Gegner können sich nur in Randbereichen äußern, und selbst dann nur auf die Gefahr hin, mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.

Denn wie einst die Marxisten-Leninisten in den kommunistischen Ländern, um ihr Dogma zu schützen, hat diese Kaste erneut (und mit der Zeit immer weitergehende) Einschränkungen der Meinungsfreiheit und sogar der Gedankenfreiheit eingeführt, ganz zu schweigen von den Einschränkungen der Eigentumsrechte und der Freiheit, Mitarbeiter nach Belieben einzustellen.[7]

Diese Ideologie, die von einer Generation von Richtern geschützt wird, die sie teilen (ob aufrichtig oder nicht, spielt keine Rolle), zögert nicht, die Erklärung der Menschenrechte zu verletzen, auf deren Autorität sie sich berufen, um verfassungswidrige, freiheitsfeindliche Gesetze zu rechtfertigen und den Bereich des „positiven Rechts“ zu verlassen, indem sie zu einem subjektiven, introspektiven Recht zurückkehrt, ähnlich dem sowjetischen oder mittelalterlichen Recht.

Wie in der sowjetischen Welt begnügen sich die heutigen Ideologen nicht damit, ihre Ansichten über die Kommunikationsmedien zu verbreiten, sondern versuchen auch, sie monopolistisch über das Schulsystem (von der Grundschule bis zur weiterführenden Schule) zu verbreiten, das aufgehört hat, ein staatlicher Erziehungsapparat zu sein, und zu einem Propagandaapparat im Dienste des offiziellen Dogmas geworden ist, vor allem in Fragen der Geschichte und der Moral.

Man kann ohne Übertreibung sagen, daß im heutigen „freien“ Europa, wie in den von Hannah Arendt beschriebenen totalitären Regimen des frühen zwanzigsten Jahrhunderts [8] , die Medien, die Kultur und das Bildungssystem sich darin einig sind, nichts anderes als diese Ideologie zu verbreiten, und daß diejenigen, die dagegen verstoßen, entweder ausgegrenzt oder anderweitig bestraft werden. Es wird alles getan, um zu verhindern, daß ihre Stimme gehört wird.

Auch das Internet unterliegt eindeutig der Zensur, wenn nicht sogar der völligen Schließung einiger Websites. (Die Reichweite des Internets ist ohnehin übertrieben, da die Botschaften in der enormen Masse der konkurrierenden Botschaften verwässert werden und es so viele Nischen-Websites gibt). Vor allem aber sind die Websites, die von der „breiten Öffentlichkeit“ am meisten besucht werden – die einzig wirksamen – undurchlässig für jegliche abweichende Meinung. Meinungsverschiedenheiten können nur (unter Überwachung) in versiegelten Blasen geäußert werden, die nur von Eingeweihten besucht werden.

Schließlich ist das verdeckte (und manchmal erklärte) Ziel dieser Ideologie der „Liebe zum Anderen“ oder Xenophilie die Zerstörung der europäischen Völker im kulturellen und physischen Sinne, d. h. das Verschwinden Europas. Die ständige Förderung von Rassenmischung und Einwanderung, die angeblich so vorteilhaft sind, sowie das Verbot, sich dagegen zu wehren, gehören ebenso zu dieser Strategie wie die zahlreichen Versuche, das nationalhistorische Gedächtnis zu zerstören, oder die Auferlegung einer staatlich subventionierten Pseudokunst.

Das zentrale Paradigma der Ideologie der „Liebe zum Anderen“ lautet: „Der Andere ist besser als wir; wir müssen von ihm lernen, denn wir sind von Natur aus schuldig und schlecht; der Andere ist bei uns mehr zu Hause als wir selbst.„[9] Dies läuft auf eine monströse Deformation der christlichen Nächstenliebe hinaus, die zu einer totalitären Ideologie führt, die alle sozialen Bindungen zerstört und Gewalt und Unterwürfigkeit hervorbringt.

 

Referenzen

[1] Das ontologische Konzept des „Werdens“ geht auf den vorsokratischen griechischen Philosophen Heraklit zurück, der feststellte, daß sich die Welt in einem ständigen Wandel befindet, wobei die einzige Konstante die Veränderung und das ewige Werden ist.

[2] 63.881 im Jahr 2004 und 91.850 im Jahr 2005 von insgesamt über 150.000 Scheidungen.

[3] Le Figaro, 25. September 2007.

[4] Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte war eines der wichtigsten Dokumente, in denen die Bedingungen für das nachrevolutionäre Frankreich festgelegt wurden, nämlich daß die Bürger als frei und gleich geboren anerkannt werden sollten. Es wurde 1789 von der verfassunggebenden Nationalversammlung Frankreichs verabschiedet.

[5] Zu diesem Punkt siehe Eric Delcroix, Le théâtre de Satan (Paris: L’Æncre, 2002).

[6Siehe vor allem Guillaume Why We Fight.(Wofür wir kämpfen).

[7] Im Namen der Antidiskriminierung führen offiziell anerkannte Verbände „Tests“ durch, um herauszufinden, ob Eigentümer, Immobilienmakler oder Unternehmen sich weigern, Bewerber aufgrund ihrer ethnischen Herkunft unterzubringen oder einzustellen. In Wirklichkeit wird damit ein Klima der Angst geschaffen, denn die Furcht vor Rassismusvorwürfen äußert sich in einer Bevorzugung von Personen afrikanischer und arabischer Herkunft, selbst wenn diese nicht dem für die Aufnahme erforderlichen Profil entsprechen.

[8] Hannah Arendt, Die Ursprünge des Totalitarismus (New York: Harcourt, Brace & World, 1966).

[9] Wir sind Frankreich„, so lautete der Slogan von SOS Rassismus, einer staatlich geförderten Vereinigung, während ihres „Konzerts für die Gleichheit“ am 14. Juli 2011 auf dem Pariser ›Champs de Mars‹. Die Botschaft war aggressiv, implizit, aber klar: „Wir eignen uns euer Land an, und ihr, die einheimischen Franzosen, mit eurer Kultur und Geschichte, seid nicht mehr die Eigentümer“. Wenn dies nicht die Botschaft gewesen wäre, hätte der Slogan gelautet: „Auch wir sind Frankreich“.

 

Quelle: https://arktos.com/2023/10/28/funeral-dirge-for-the-family/
Beitragsbildquelle: imago/Ikon Images
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