Heil ist in der Gedankenwelt der Germanen letzter und tiefster Ausdruck für das Wesen sowie den Charakter des Menschen und zugleich in der Germanischen Mythologie der umfassendste Bestandteil der göttlichen Vorsehung. Einem König wurde magische Kraft zugesprochen: das Königsheil.

Dieses verlieh ihm die Kraft, die Tiere zu verstehen, Schlachten siegreich anzuführen, aber vor allem das Volk zu schützen und den Wohlstand des Stammes zu mehren. Diese übernatürliche Kraft verliehen dem Anführer jeweils die Götter.

Germanische Herrscher kannten schon im 2. Jahrhundert die goldene Königskrone als Helm oder Stirnreif (im Gegensatz zum römischen Diadem oder Lorbeerkranz), wie Funde zeigen, jedoch nicht als Symbol der herrschenden Macht, sondern des verliehenen Heils.

BEDEUTUNG

Das Wort ›Heil‹ hat verschiedene Bedeutungen: Es drückt Gesundheit und besonders Gesundung, d. h. Genesung von einer Krankheit aus – in erweitertem Sinn außerdem auch allgemeine Begnadung, Erfolg, Ganzheit usw., und in religiöser Bedeutung Erlösung. Das abgeleitete heilig ersetzt in der religiösen Sphäre den Begriff der Weihe. Antonym zu heil ist heillos, zum Heil das Unheil („Pech“, „Verderben“, „Unglück“).

VERWENDUNG

Verwendungsweisen des Wortes finden sich in unterschiedlichen Zusammenhängen: Hilfe, Rettung, Lebenskraft des Menschen als Gabe eines Gottes oder der Götter (im Christentum: die Erlösung).

HEILSGRUSS

Heil wird auch als wohlwollende Grußformel, z. B. Heil! oder Heil Dir/Euch! gebraucht, aber auch:

Waidmannsheil (Jagd)
Petri Heil (Angelsport)
Ski Heil (Skisport)
Heil am Seil (Bergsteigerei) % Berg Heil (Grußformel nach Gipfelsieg)
Gut Heil (Turner, Feuerwehr)
Herzliche Heilsgrüße (Grußformel)

 

WORTGESCHICHTE

Sprachgeschichtlich mit dem Adjektiv heil verwandte Wörter sind in allen germanischen Sprachen belegt mit der Bedeutung „ganz, gesund, unversehrt“, englisch whole „ganz“ (älter (w)hole, das w dient nur der orthographischen Unterscheidung von hole „Loch“, neben dialektalem hale).

In Lautfolge und Bedeutung verwandte Wörter gibt es auch in keltischen und baltoslawischen Sprachen. Das Verb heilen bedeutet „heil machen“ (etwa in „Wer heilt, hat recht und „heil werden“ (,,die Wunde heilt“).

GERMANISCHE VORSTELLUNG VON HEIL

Der Heilsgruß der Germanen (dies gilt auch für die Römer) war ein ganzheitlicher Ausdruck der höchsten Ehrzuweisung. Man wünschte dem Gegenüber Gesundheit, Zufriedenheit, Kriegsglück, aber vor allem Erhabenheit, Weisheit und (transzendente) Überlegenheit (z. B. in „Heil dem Führer“, „Heil Dir im Siegerkranz!“, „Heil unserm König, Heil!“) in allen Ding des Lebens und zum Wohle der Allgemeinheit oder den Untergebenen. Dies galt auch für Objekte oder Orte, ein „Heil dem Götterhain“ z. B. sollte eine Würdigung des heiligen Ortes und Ehrfurcht für dessen mystische Bedeutung ausdrücken.

Große festliche Bereitung traf der Ankömmling in der Stadt und auf dem Fürstenschloß zu Rendsburg vor. Durch die kriegerische Einigung gegen Dänemark hatte der Abschluß des Ehebündnisses zwischen Norwegen und Holstein noch eine weit gewichtvollere Bedeutsamkeit gewonnen, die Grafen Klaus und Johann, Herzog Albrecht von Mecklenburg, Junker Adolf von Schauenburg und zahlreiche andere Herren und Ritter waren zur Feier als Zeugen versammelt. Mit unveränderter Miene hörte die junge Königin den Worten der Heilsgrüße und des Beileids zu, es spiegelte sich nicht Glück noch Trauer in ihrem Antlitz. Nur als der Ritter Wernerkin nun nach den Fürsten zu ihrem Sitz hinanschritt, erschien ihr Gesicht noch um etwas blasser als zuvor. Sie sprach ihn an: „Lasset mich Euch danken, Herr Ritter, denn Ihr habt das Schwerste vollbracht, daß Ihr aus so weitem Land heut hierher gekommen, mich zu begleiten. Dessen bleibe ich Euch gedenk.“

Das Heil wird gemeinsam mit seinem doch wiederum recht üblichen Tätigkeitswort heilen im Sinn der Menschen immer als etwas Gutes begriffen.

Der Vorgang der Heilung bedeutet Erstarkung der lebensaufbauenden Geister, bedeutet Umwandlung von Schaden in frische Kräfte. Wenn etwas heil ist, so ist es ganz, vollständig, und deshalb eins mit sich selbst.

Die Germanen betrachteten das Heil u. a. als Geschenk des Schicksals, etwas, das von den Göttern mit in die Wiege gelegt wurde, aber auch als Errungenschaft, die ein Wagemutiger sich erobern konnte.

Eines Mannes Ernteheil ist die Kraft, die ihn zu Wachsamkeit, zu rastlosem Wirken antreibt, die seine Arme die Hacke schwingen läßt, daß es eine Art hat, und Schick und Schneid in seine Arbeit legt; es leitet die Hacke, so daß er sie nicht vergebens in einen kargen, unnachgiebigen Boden einhaut, sondern gerade die Poren der Fruchtbarkeit sich öffnen läßt. Es schickt das Korn aus der Erde empor, es begleitet die Ernte ins Haus, bleibt bei ihr beim Dreschen und Zermahlen und gibt dem Brot oder dem Brei die Kraft des Nährens, wenn das Essen aufgetragen wird. So ist es mit dem Ernteheil, dem Jahrheil und so auch mit jedem anderen Heil. Was hierbei zum Ausdruck kommt, ist die tiefe ungebrochene Überzeugung altgermanischer Wesensart, die das Gelingen einer Unternehmung vor allem vom Heil des Menschen selbst und nicht von äußerer Bestimmung abhängt. Hier herrscht ein Urvertrauen, welches nicht dem Schicksal einfach seinen Lauf läßt, sondern es zupackend in die Hand nimmt, um es zu gestalten. Es ist nicht der Seufzer so Gott will, sondern das tätige Bekenntnis seines Glückes Schmied zu sein. (Wilhelm Grönbech)

Germanische Priesterinnen waren, wie schon Tacitus berichtete, für das Heil des Stammes von großer Bedeutung. Im heiligen Hain deuteten sie die Runen und die Göttervögel (Raben). Im Vorfeld einer Schlacht galten der Flug und das Verhalten der Tiere als Omen für den Ausgang der kriegerischen Auseinandersetzung. Ein Glaube, der auch bei den Babyloniern und im antiken Griechenland eine wichtige Rolle spielte. Im Alten Testament galten Raben bei den Juden als „unrein“. Mit dem Aufkommen des Christentums in Europa verbreitete sich diese dümmliche Mär, da es auch darum ging, das Germanische im Volk auszumerzen. Die Zahl 13, z. B., war für die Germanen eine Zahl des Heils, die jüdisch-christlichen Eroberern machten daraus eine Zahl des Unglückes und des Bösen.

Die germanischen Edlen waren nicht, wie der spätere Adel, von „Gottes Gnaden“ eingesetzt, sondern schöpften ihre Stellung aus dem Heil, das sie kraft ihrer besonderen Befähigung hervorbrachten.

Das alte Heil erweist sich recht umfangreich: mit Selbstgewißheit in Verhalten, Auftreten und Handeln, mit der gleichen Sicherheit andere beurteilen zu können, den rechten Entschluß zu fassen, die richtige Entscheidung zu fällen. Folgerichtig erlangt das Heil im „Königsheil“seine größte Ausdehnung und zugleich schärfste Spannkraft.

Die Erwartungen an einen Volksführer waren hoch gesteckt. Es bedurfte mehr als ein sieghafter Recke zu sein, also „Siegesheil“ zu besitzen – ein wahrlich auserkorener König mußte geradezu als Heilsbringer überzeugen.

CHRISTLICHE VORSTELLUNGEN VON HEIL

›Heil‹ nahm einen religiösen Sinn an mit der Christianisierung, mit dem christlichen Heilsversprechen, d. h. der Gesundung von der Sünde. Der Begriff verdrängte wih, den gemeingermanischen Ausdruck für die Idee des sacrum.

›Heil‹ übernahm die Bedeutung volksreligiöser (Heidentum) Vorstellungen von persönlichem Glück, d. h. einer inhärenten Eigenschaft wie z. B. Königsheil oder Ernteheil (heute: einen grünen Daumen) zu haben, kurz: Glück über eine bloße Glückssträhne hinaus. „Heil“ zu haben war nicht damit identisch, tüchtig oder tapfer zu sein – vgl. dazu ähnlich magisch besetzte Begriffe wie Tyche, Fortuna, Schicksal. Man konnte sein „Heil“ auch einbüßen. Das Gegenteil von Heil ist Unheil bzw. Übel.

Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica, im nordrhein-westfälischen Kreis Minden – Lübbecke. Die Einweihung fand am 18.10.1896 statt.

DES BLUTES STIMME

Mag alles dich auch trügen
mit Lug und falschem Schein,
eins wird dich nie belügen:
Horch tief in dich hinein,
vernimm des Blutes Stimme
die ewig wach und wahr,
dann wirst Du Wege finden –
arteigen, grad und klar.

Mag dich der Feind auch hassen
und fluchen deiner Tat,
nie darfst du drob verlassen
den einen geraden Pfad,
den deines Blutes Stimme
für dich als recht erklärt,
der dich trotz stein und Dornen
zu wahrer Freiheit führt.

Folg deines Blutes Mahnen
du, deutsches Volk allein,
dann wird, wie bei den Ahnen,
Gott wieder in dir sein –
Es werden Haß und Zwietracht
wie Spreu im Wind verweh’n,
und herrlich aus den Trümmern
wird neu das Reich ersteh’n.

Beitragsbild: Bronzeskulptur ›Viktoria‹, Siegessäule Berlin

Beitrag entstammt der Zeitschrift ›Die Rußlanddeutschen Konservativen‹