Constantin von Hoffmeister

schreibt eine ergreifende Hommage an den verstorbenen Jean Haudry, in der er den bleibenden Einfluß des Gelehrten auf die Indogermanistik und seine einflussreiche Rolle innerhalb der ›Neuen Rechten‹ Frankreichs beleuchtet.

 

Als sich die Blässe der gestrigen Abenddämmerung senkte, legte sich ein Schweigen über Europa. Jean Haudry, ein Gelehrter, der die alten Sprachen und die dazugehörigen Kulturen erforschte, hatte seine sterbliche Pilgerreise beendet und war in die festlichen Hallen von Walhalla eingegangen. Mit seinem Ableben stehen wir am Abgrund der Introspektion und blicken in den hallenden Abgrund eines hinterlassenen Vermächtnisses. Diese herausragende Persönlichkeit, ein Monument unsterblicher Treue, wissenschaftlichen Scharfsinns und einer merkwürdigen Mischung aus investigativer Gründlichkeit und parteiischen Standpunkten, lädt uns zu einer ehrenden Betrachtung ein.

Haudrys Reise begann am 28. Mai 1934 – einem windigen Tag, der von einer ungewöhnlich strahlenden Sonne erhellt wurde – in der geschäftigen Stadt Saint-Étienne, die im pulsierenden Herzen Frankreichs liegt. Das Schicksal wollte es, dass sich sein Weg durch akademische Strenge und politische Verwicklungen schlängelte und eine Lebensgeschichte schuf, die so vielschichtig und komplex war wie die antiken Zivilisationen, denen er sein Leben widmete, um sie zu verstehen.

Schon in jungen Jahren fühlte sich Haudry zu den fernen Spuren der vergessenen Sprachen hingezogen. Er vertiefte sich in das Studium der indoeuropäischen Sprachen, den geisterhaften Überbleibseln einst blühender Zivilisationen. Sanskrit, das heilige sprachliche Juwel des Ostens, Altgriechisch, der Dialekt berühmter Philosophen, und Latein, die herrschende Sprache des mächtigen Römischen Reiches – sie alle fanden in Haudry einen hingebungsvollen Forscher.

Der unaufhaltsame Lauf der Zeit führte ihn in die geschätzten Hallen der Universität Lyon III. Hier schuf er eine Vielzahl von sprachlichen Erleuchtungen für diejenigen, die das Glück hatten, unter seiner Anleitung zu lernen. Seine Schriften über die indoeuropäischen Zivilisationen – tiefgründige Erkundungen von Sprache, Mythologie, Kultur und Religion – brachten eine Fülle von Erkenntnissen auf diesem Gebiet. Seine herausragenden Funktionen als Dekan der Fakultät für Literatur und als Direktor des Instituts für Indogermanistik an der Universität festigten seine Position als eine intellektuelle Kraft, mit der man rechnen mußte.

In der wissenschaftlichen Diskussion stellte Jean Haudry die kühne Behauptung auf, daß die Wurzeln der Indoeuropäer in der Kälte einer zirkumpolaren Geografie liegen. Ähnlich wie Bal Gangadhar Tilak, der von einer arktischen Wiege ausging, schließt Haudry die Mittelmeerregionen systematisch aus dem Pantheon der möglichen Ursprünge der indoeuropäischen Kultur aus. Seine Argumentation stützt sich auf die auffällige Auslassung der ausgeprägten Vegetation der Region im indoeuropäischen Wortschatz. Seine Theorie reicht sogar bis in den äußersten Norden und umfaßt Länder wie Skandinavien und Nordrußland, wobei er das eklatante Fehlen von Buchen im indogermanischen Wortschatz als Eckpfeiler zur Untermauerung seiner Behauptung nutzt.

Haudrys These, die den Rhythmus der Urkosmogonie widerspiegelt, beruht in erster Linie auf einer vergleichenden Analyse indischer und griechischer Daten. Dieser Ansatz stimmt mit Tilaks Methodik überein, der es wagte, die Veden als verschlüsselte Botschaften zu interpretieren, die auf die Arktis als Geburtsstätte der alten Arier hinweisen. Trotz ihrer einzigartigen Ansätze beschreiten beide Wissenschaftler einen unkonventionellen Weg, indem sie die Polarregionen als Entstehungsort dieses alten Volkes vorschlagen. Während sie zur Symphonie der indoeuropäischen Ursprünge tanzen, harmonieren ihre unverwechselbaren Melodien und jeder fügt seine eigenen klangvollen Noten zur großen Orchestrierung unseres Verständnisses dieser ursprünglichen Gemeinschaft hinzu.

Eine faszinierende Facette in Haudrys Leben war seine Verbindung mit der französischen ›Neuen Rechten‹. Diese innovative politische Bewegung, die für ihre einzigartigen Interpretationen konservativer Ideologien bekannt war, fand in Haudry einen sympathischen und intellektuellen Partner. Für viele war dieses Bündnis ein Beweis für die Kraft der intellektuellen Redlichkeit, eine Verbindung von akademischer Brillanz und bahnbrechendem politischen Denken.

Die ›Neue Rechte‹ in Frankreich fand im Herzen von Jean Haudry eine Resonanzfrequenz. Ihr Manifest, das von der Bewahrung der ethnischen Heterogenität durchdrungen war, schwang im Einklang mit den Akkorden von Haudrys Gefühlen. Auch er war von einer tiefen Besorgnis über die rasche und rücksichtslose Auslöschung unterschiedlicher ethnischer Identitäten angesichts des alles verschlingenden Monsters namens Globalisierung ergriffen. Haudrys wissenschaftliche Aktivitäten, insbesondere seine Streifzüge durch die indoeuropäischen Sprachen, waren tief verwurzelt in der Sehnsucht, das kulturelle Gefüge der Welt intakt zu halten. Die lebendigen Fäden der Sprache und der Tradition, die von den Zivilisationen der Vergangenheit mühsam gewebt worden waren, drohen zu zerreißen und durch eine triste Uniformität ersetzt zu werden.

Das Ethos der ›Neuen Rechten‹, die für den Schutz der kulturellen Vielfalt eintrat, schloß sich nahtlos an Haudrys akademische Überzeugungen an. In der metapolitischen Konstruktion der ›Neuen Rechten‹ sah er ein Spiegelbild seines eigenen wissenschaftlichen Eifers – ein gemeinsames, brennendes Verlangen, das reiche Erbe der Menschheit vor dem Untergang durch die Homogenisierungswelle zu bewahren.

In der Tat sah Haudry in der ›Neuen Rechten‹ keinen Gegensatz, sondern einen Zusammenschluß von Idealen, eine Vision zur Bewahrung der unzähligen sprachlichen und kulturellen Juwelen, die die Krone der menschlichen Geschichte schmücken. Für ihn war diese politische Ausrichtung kein Kompromiß, sondern vielmehr eine Bestätigung seiner tief verwurzelten Leidenschaft für die Bewahrung des bunten Mosaiks der menschlichen Kulturen. Die ›Neue Rechte‹ bot ihm eine Plattform, die seine akademische Mission widerspiegelte, so daß die Bereiche Politik und Wissenschaft in einem ebenso komplizierten wie tiefgründigen Tanz miteinander verwoben wurden.

Haudrys Verbindung zu der angesehenen Institution GRECE, dem französischen Akronym für die ›Forschungs- und Studiengruppe für die europäische Zivilisation‹, fügte seiner komplexen Beziehung zur ›Neuen Rechten‹ eine weitere Ebene der Tiefe hinzu. GRECE, eine Denkfabrik mit beträchtlichem Einfluß, ist ein integraler Pfeiler der Neuen Rechten, der der Ideologie der Bewegung intellektuelle Substanz und Richtung verleiht.

Haudrys Verbindung mit GRECE war keine bloße Fußnote auf seinem akademischen Weg, sondern vielmehr ein bedeutendes Kapitel, das seine Bereitschaft verdeutlichte, sich auf politische Strukturen einzulassen, die seine Ideale der Fortführung der abendländischen Großartigkeit teilten. Seine Verbindung mit GRECE verstärkte sein wissenschaftliches Streben in einem politisch potenten Umfeld und schuf eine einzigartige und dynamische Schnittstelle zwischen der akademischen Welt und dem Bereich der politischen Ideologie. In vielerlei Hinsicht bestätigte dies die Synchronizität von Haudrys intellektuellen Bestrebungen mit den ideologischen Grundlagen der ›Neuen Rechten‹.

Obwohl Kritiker seine politische Zugehörigkeit in Frage stellten, war es für viele offensichtlich, daß Haudrys Verbindung zur ›Neuen Rechten‹ ein integraler Bestandteil seiner multidimensionalen Identität war. Sie zeugte von seinem Bestreben, das Geflüster der Vergangenheit davor zu bewahren, von der Kakophonie der modernen Homogenität übertönt zu werden. Darin spiegelt sich seine Überzeugung wider, daß Wissenschaft und Regierungsführung sich verflechten könnten und sollten, was zu einem reichhaltigeren und nuancierteren Diskurs führen würde als die Echokammern, in die sich unsere heutigen Hochschulen verwandelt haben.

 Haudrys Lebensgeschichte ist ein bleibendes Denkmal für die Macht intellektueller Beharrlichkeit und unnachgiebiger Hingabe. Wie ein stabiles Schiff im Sturm der Kritik hielt er an seinen Überzeugungen fest, und sein Bündnis mit der ›Neuen Rechten‹ diente ihm als fester Anker inmitten der stürmischen See der öffentlichen Meinung. Diese Verbindung war für Haudry, auch wenn sie von einigen kontrovers diskutiert wurde, keineswegs ein Symbol der Kontroverse. Im Gegenteil, sie diente ihm als Leuchtturm, der ihm den Mut gab, sich in die unerforschten Gebiete des Wissens zu wagen und sich dabei vom Kompaß seiner Überzeugungen leiten zu lassen.

Seine Zugehörigkeit zur ›Neuen Rechten‹ war nicht nur ein politisches Signal, sondern offenbarte eine umfassendere philosophische Haltung – ein Engagement für die Erhaltung der Grundlagen der europäischen Zivilisation, wie er es mit seinem akribischen Studium der archaischen Gemeinschaften getan hatte. Es war ein Zeichen für seine Bereitschaft, sich auf seiner unermüdlichen Suche nach Weisheit durch das unkonventionelle Labyrinth der Ideen zu bewegen.

Am Ende dieser biografischen Erzählung müssen wir daher betonen, dass Haudrys Leben nicht den leeren Lärm des Streits ausstrahlt. Vielmehr vibriert es mit der harmonischen Melodie des unerschütterlichen Glaubens und der unermüdlichen Hingabe. Die von intellektuellem Mut geprägte Existenz dieses Mannes entfaltet die Geschichte eines Mannes, der sich sowohl in die unberührten Gefilde der akademischen Forschung als auch in die turbulente Arena der öffentlichen Diskussion wagte.

 

Quelle: https://arktos.com/2023/05/24/jean-haudry-and-the-indo-european-enigma/
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