William Scott Ritter Jr.

Der ehemalige Aufklärungsoffizier der US-Marineinfanterie und spätere UN-Waffeninspekteur Willliam Scott Ritter jun. erreicht mit seinen Analysen zum Ukraine-Krieg ein großes Publikum in den sozialen Medien und bei TV-Auftritten.

Diesmal hat er seine Gedanken zur Zukunft der NATO geäußert und über die wirtschaftliche Entwicklung in der EU und speziell in Deutschland „referiert“.

Scharfer Kritiker der US-Politik

William Scott Ritter, Jr., geboren 1961 ist ein „pensionierter“ US-Offizier mit „deutschen Wurzeln“, der unter anderem in seiner Rolle als Inspektor der Vereinten Nationen für die UNSCOM-Mission im Irak, bekannt wurde.

Nach seinem Studienabschluß in sowjetischer Geschichte am Franklin and Marshall College in Lancaster (Pennsylvania), trat er 1984 in das US Marine Corps ein, wo er zwölf Jahre als Offizier der Aufklärung diente. Während des Golfkriegs 1991 diente er als Berater für ballistische Raketen unter General Norman Schwarzkopf.

Während der Bush-Ära wurde er vor allem durch seine scharfe Kritik an der Politik der Vereinigten Staaten, einer breiten Öffentlichkeit bekannt.

Anders als die Kommentatoren des politisch-medialen Mainstreams sieht Scott Ritter die Verantwortung für den Krieg in der Ukraine vornehmlich bei der NATO. Er sieht diese als  „eine Organisation, die bereits vor langer Zeit ihre Existenzberechtigung verloren hat“.

Er wagt den Blick auf die in der „offiziellen“ Betrachtung, samt in der Regel unterschlagener Vorgeschichte, und analysiert die Interessen und das Agieren der Transatlantik-Partner sehr präzise und „schonungslos“.

Die NATO nutzte das Minsker Abkommen als Vehikel, um Zeit zu gewinnen, während sie die ukrainische Armee ausbildete, damit diese, die als Stellvertreter der NATO agiert, eine Offensivoperation gegen den Donbass starten, diesen besetzen und dann Rußland von der Krim vertreiben sollte. 

Das war die ganze Zeit der Plan der NATO. Deshalb erklärten Wladimir Putin und seine Generäle, als dieser Krieg, diese spezielle Militäroperation begann, daß sie keine andere Wahl hätten, als jetzt anzugreifen, weil die Ukraine massive Streitkräfte zusammengezogen hatte, die in den nächsten Tagen oder Wochen den Donbass angreifen würden. 

Sie mußten also einem Angriff zuvorkommen. Aus diesem Grund haben sie sich auf Artikel 51 berufen, also auf eine Maßnahme zur kollektiven Selbstverteidigung, die nach der Charta der Vereinten Nationen zulässig ist. Die Ukraine hatte etwa 100.000 Mann zusammengezogen, die von der NATO ausgebildet, ausgerüstet und von deren Offizieren angeführt wurden. Diese standen unter NATO-Anweisungen,  operierten und waren bereit, den Donbass irgendwann Anfang März anzugreifen. Dies ist die Realität der Situation.

Somit handle es sich faktisch um einen Konflikt, bei dem der Westen unter Rückgriff auf die ukrainische Armee als deren „Stellvertreter“ einen Krieg gegen Rußland führe. Dies habe die NATO bereits seit geraumer Zeit beabsichtigt. 

Das Kalkül sei demnach gewesen,

daß Rußland, selbst wenn es die Ukraine angreife, diesen Angriff nicht aufrechterhalten könne, weil wir Rußland mit allem, was wir haben, wirtschaftlich angreifen würden. Die Idee dabei war, daß die russische Wirtschaft zusammenbrechen würde, das russische Volk sich erheben würde und die Ukraine siegen würde.

Dies konnte jedoch nicht gelingen, denn:

Die Russen sind schlauer und besser darin als wir,  solche Dinge anzugehen. Sie sind zielstrebiger. Sie sind ernstzunehmende Akteure. Und sie waren vorbereitet auf die Sanktionen. Alles, was man dazu sagen muß, ist, daß die Sanktionen zum Bumerang geworden sind. Es ist nicht die russische Wirtschaft, die im Moment zusammenbricht. Es sind die europäische  und die amerikanische Wirtschaft. Der Rubel ist nicht wertlos. Der Rubel ist so stark wie seit Langem nicht mehr. Und er wird noch stärker werden.

Selbst diplomatisch sei Rußland demnach alles andere als isoliert. Die Beziehungen Rußlands zur Welt sind stärker als zuvor.

Zwar nicht mit dem Westen, denn:

Rußland pfeift darauf. Sie haben sich von uns abgewandt. Sie konzentrieren sich jetzt nach Osten in Richtung China, eine Allianz, die besser ist als jede andere Allianz in der Welt. Sie haben starke Beziehungen zu Indien und zum Rest der Welt. Sie verkaufen ihr Öl.

Der Wirtschaftskrieg gegen Rußland sei letztlich ein Schuß ins eigene Knie. Und entsprechend düster zeichnet Ritter seine Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung des Westens, wobei EU-Europa besonders hart getroffen werde.

Wir haben eine defizitäre Wirtschaft, die jetzt kurz vor dem Zusammenbruch steht. Aber wir US-Amerikaner haben es noch besser als die Europäer. Die Europäer werden buchstäblich in die „Steinzeit“ zurückkehren, wenn der Winter anbricht. Ich meine, sie werden Holzöfen anzünden, um sich warmzuhalten.

Schon bald würden die EU-Politiker ganz andere Sorgen haben, als Hegemonie-Bestrebungen gegen Rußland zu verfolgen. Gerade für Deutschland gelte dies in besonderem Maße, wie Ritter meint.

Sie (die EU) erklärten, dass man die Gelegenheit nutzen werde, die sich durch die Russen bieten würde, sich von russischer Energie zu trennen. So sollte das Engagement für grüne Energie wiederbeleben werden. Das hat jedoch nicht funktioniert. Deutschland befindet sich im Gasnotstand. Es wird rationiert. Die Energiewirtschaft wird heruntergefahren. Sie müssen mehr Kohle hereinbringen. Sie müssen die Kohleraftwerke hochfahren. Atomkraftwerke zum Anheizen haben sie nicht, weil sie die abgeschaltet haben. Die Deutschen sind am Ende ihrer Kräfte. Das bedeutet den wirtschaftlichen Tod.

Und schließlich stellt sich Ritter auch die Frage, ob Olaf Scholz die, sich abzeichnende Krise politisch überleben werde.

Dazu erklärt er abschließend:

Kann Scholz überleben? Kann er seine parlamentarische Mehrheit halten, wenn alles zusammenbricht, wirklich alles? Wenn die Industrie stillsteht und nicht wieder aufmacht und der Sozialstaat kein Geld mehr hat, um die Gelder für all die arbeitslosen Deutschen und Zuwanderer, zu bezahlen? Glauben Sie wirklich, daß die Deutschen auf die Straße ziehen werden und sagen: „Wir wollen die NATO! Ich glaube, sie werden genau das Gegenteil davon sagen,

so die Einschätzungen Ritters.

Als offenbar profunder, „studierter“ Kenner der russischen „Verhältnisse“, könnte es allerdings durchaus sein, daß sich Ritter da in Bezug auf die deutsche „Protest-Kultur“ zeitlich ein wenig verschätzt haben könnte. Bis sich das deutsche Volk in „unüberseh-und hörbaren“ Massen gegen NATO, Scholz und Konsorten tatsächlich auflehnt, muß es bereits halb „erfroren und verhungert“ sein.

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