Julius Evola

In der imperialen Periode schwankt das italische Römertum. Kamen ihm aus den östlichen Provinzen manchmal Elemente uralter solarer Geistigkeit zu (z. B. durch den Mithrakult, die göttliche Auffassung des Reiches usw.), so kamen ebenfalls Fermente völkischer und geistiger Zersetzung dazu, die sich durch den ethischen, bevölkerungspolitischen und rassischen Verfall der alten italisch-römischen Stämme besonders verheerend auswirkten.

So soll uns der Untergang des Weltreiches der Cäsaren eine Lehre sein. Es wäre logisch gewesen, daß man im gleichen Verhältnis, wie die Ausbreitung des römischen Imperiums vor sich ging, eine entsprechende Verteidigung und Verstärkung jener ursprünglichen, italisch-römischen Herrscherschicht vorgesehen hätte, die seine Größe ausgemacht hatte.

Es geschah jedoch gerade das Gegenteil: je mehr das antike Weltreich sich ausdehnte, desto mehr verfiel die ›Rasse von Rom‹, sie erschloß sich unverantwortlicherweise jeglichem Einfluß minderwertiger Schichten oder fremder Rassen; sie erhob zu Römern allerlei gemischte Elemente, sie übernahm Kulte und Gebräuche, deren scharfer Gegensatz zur ursprünglichen römischen Art ― wie schon Livius bemerkte ― in vielen Fällen unglaublich war.

Außerdem arbeiteten oft die Cäsaren darauf hinaus, eine Leere um sich zu schaffen. Anstatt sich auf jene treuen Vertreter des alten Römertums zu stützen, die noch fähig wären, in ihrer Rasse und Ethik standzuhalten, machten sie sich das absolutistische Symbol zu eigen und glaubten an die wundertätige Macht ihres vergöttlichten, aber nunmehr abstrakten, isolierten, wurzellosen Amtes.

Es ist undenkbar, daß das Imperium, einmal auf diesen Zustand herabgesunken, sich noch lange über den verschiedenen, in seinen Raum einbezogenen Völkern behaupten konnte. Die ersten ernsthaften Stöße von außen mußten den Zusammenbruch des riesenhaften, aber nunmehr rückgratlosen Organismus zur Folge haben.

Frühes Römertum und Sparta rufen aber die Vorstellung von reinen Kräften, von einem strengen Ethos hervor, von einer wirklich mannhaften und gebieterischen Haltung, also von einer Welt, die sich kaum in der darauffolgenden, sogenannten ›klassischen‹ Kultur erhielt, aus der man die Latinität und die Einheit der lateinischen Völkerfamilie ableiten will. Greifen wir hingegen beim Gebrauch des Wortes ›lateinischB auf die italischen Ursprünge zurück, so erfolgt eine vollständige Umwälzung der lateinischen These.

Die ursprüngliche Latinität entspricht all dem, was die Größe Roms an Italisch-Nordischem enthielt; sie führt uns auf Lebens- und Kulturformen zurück, die denen nicht entgegenstehen, sondern verwandt sind, die später auch die nordisch-germanischen Rassen gegenüber einer nunmehr eher romanisch und byzantinisch als lateinisch zu nennenden Verfallswelt aufweisen sollten. Jenseits der äußerlichen einheitlichen Tünche enthielt vielmehr die angebliche Latinität auseinanderstrebende Kräfte, die nur zusammenliefen, solange sie sich nichts Ernsthafterem gegenübersahen als ›der Welt von Kunst und Literatur‹.

Jedenfalls muß die These einer durchaus indoeuropäischen Vorgeschichte der Völker und Kulturen Altitaliens aufgestellt werden, die mindestens so weit zurückgreift wie die nordische Vorgeschichte Indiens, Persiens, Hellas’ und der nordisch-atlantischen Länder. Das alte Rom ist in seinen unvergänglichen Zügen als eine Schöpfung der soeben erwähnten rassischen und traditionellen Elemente anzusehen: also nicht als eine vereinzelte, etwa aus dem Nichts erstandene Wirklichkeit, sondern als ein Höhepunkt der gemeinsamen Front der indoeuropäischen Völker und Kulturen.

Unter die ältesten Spuren dieser Rasse, aus der die Vorahnen der Römer, die Latiner hervorgingen, rechnen wir die kürzlich in Val Camonica entdeckten. Nun stehen solche Spuren in sinnvollem Zusammenhang mit denen der indoeuropäischen Urrassen, seien es nordisch-atlantische (franko-kantabrische Cromagnon-Kultur), seien es nordisch-skandinavische (Fossum-Kultur).

Wir finden dieselben Sinnbilder einer sonnenhaften Geistigkeit, denselben Stil des Zeichnens, dieselbe Abwesenheit jener Sinnbilder demetrisch-tellurischer Frömmigkeit, die dagegen in den nichtindoeuropäischen oder entartet indoeuropäischen Kulturen des Mittelmeeres immer wiederkehrten (Pelasger, Kreter und in Italien Etrusker, Maiella-Kultur usw.).

Runen, Äxte, Sonnenschiffe, Rentiere sind zahlreich in diesen vorgeschichtlichen Spuren. Sie zeugen von Rassen von Kriegern und Jägern, die schon damals das Pferd als Reittier benutzten, während anderwärts bis in eine verhältnismäßig spätere Zeit nur Streitwagen bekannt waren. Darstellungen, wo das Kriegerische sich mit dem Einweihenden verbindet, sind hier beredte Zeichen für den Geist dieser uritalischen Val-Camonica-Kultur.

Valcamonica, Darstellung eines Kriegers

Nicht nur das. Eine weitere Verwandtschaft ist zwischen den Spuren von Val Camonica und der Kultur der Dorier festzustellen, also der Stämme, die später aus dem Norden nach Griechenland kamen, Sparta gründeten und denen der Kult des sonnenhaften hyperboreischen Apollon eigen war.

In der Tat kann nach Altheim und Trautmann die Wanderung der Völker, von denen die Latiner und ihre Verwandten abstammen und deren Folgeerscheinung in Italien die Entstehung Roms sein sollte, als der dorischen Einwanderung gleichbedeutend angesehen werden, deren Folgeerscheinung in Griechenland die Enstehung Spartas war: Rom und Sparta, zwei entsprechende Schöpfungen von verwandten Rassen des Blutes und des Geistes, die ihrerseits in Verbindung mit den eigentlichen indoeuropäischen zu bringen sind. ◊

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