Gerhard Hess

 

wunjo: Freude
Phonetischer Wert : w
Tierkreis: Löwe
August Mitte

Sakralfest: Erntewonnen

Wir befinden uns in der Zeit, in der die Ernte reif ist und eingefahren wird – für jeden bäuerlichen Menschen, bis zum heutigen Tage, die Phase höchster Wonne. Je nach Mondstand kann das runische Erntewonnen-Zeichen um ca. 14 Tage vor oder nach diesem Termin hin- und herschwanken.

Gemälde von Konstantin Wassiljew

In der Rune- bzw. Wonne-Rune drückt sich die größte Freude und Genugtuung des gesamten materiellen Jahres aus. Auch ein mittelalterlicher Historiker Ägyptens erwähnt die 17 als Glücks­zahl.

Das Runenbild zeigt die heitere Fahne, das Banner, den dreieckigen Wimpel, der als Symbol der Erhabenheit, des Stolzes und des Frohsinns bis in die Neuzeit gut verstanden wird.

Zwei gleichartige ägyptische Hieroglyphen dokumentieren symbolgeschichtliche Verwandtschaft: das Zeichen für „Stärke“ und das Zeichen für „Gott“.

Unsere Rune steht in der Kornerntezeit, und wirklich ist das Einbringen der Ernte für alle Beteiligten ein wonniges Fest. Unter Singen und Tanzen wurde der Segen Gottes empfangen und die vollen Erntewagen in die Scheuern gefahren.

Eine laute Heiterkeit herrschte in den Dörfern. Es ist also ein Zeichen des schwelgenden Glückes, des sichtlich ergangenen himmlischen Segens, des verdienten Erfolges, des Glückes, welches dauerhaft allein dem Tüchtigen hold sein will.

Wer nicht sät und vorher pflügt und ackert, der kann auch nicht ernten – so wispert die Weisheit der Rune.

Ernte im Allgäu, Gemälde von Hans Georg Clemens, Nürnberg (1941-2009)

 

Das Getreide glastet im goldenen Glanz,
nun lädt es die scharfen Sicheln zum Tanz.
Schwer hängen Halme um Halme die Ähren,
da darf sich der Schnitter Fleiß bewähren.

Vom Ackerrain blicken aus braunen Krumen,
wie Kinderaugen, die blauen Blumen.
Aus Äckern erwächst den Enkeln das Brot,
auf den Feldern finden die Väter den Tod.

Und überall dort, wo ein Vater fiel,
da wachsen der blutigen Rosen so viel.
Den Mohn hat, wie rote Tropfen im Feld,
der Herrgott über die Gräber gestellt.

Nach Reife ringt jedes rechte Leben,
zur Spitze sputet sich sprossendes Streben.
Jede Vollendung mag sich verschwenden,
gesättigte Reife will sich beenden.

Leben ohne Opfer ist ohne Sinn,
Leben gibt sich als Opfer für Leben hin !
Nach jedem Erlöschen wird es hell,
aus jedem Verrinnen erwacht ein Quell;

aus jedem Fall strebt ein Auferstehen,
das Junge wächst aus altem Vergehen.
Gibt sich Leben hin zum Wiedererwachen,
schwingt auch im Sterben ein Kinderlachen.

Beitragsbild: Jan Fibinger