Interview von Terre&Peuple mit Jean-Patrick Arteault

 

Terre&Peuple: Warum beziehen Sie sich auf die Autochthonie? Ist das nicht ein Begriff, der den Völkern oder Stämmen vorbehalten ist, die man früher in Amerika, Afrika, Ozeanien oder Asien als „primitiv” bezeichnete? Und warum nicht „Indigenismus”?

Jean-Patrick Arteault: Am Anfang steht der Begriff der Identität. Ich bin mir durchaus bewußt, daß Identität ein relativ fließender Begriff ist, aber es gibt identitätsstiftende Elemente, die lange genug bestehen, um als relativ dauerhaft und vor allem strukturierend angesehen zu werden. Das sind die ethnisch-rassischen Elemente und die Elemente der langjährigen Kultur. Deshalb bezeichne ich echte Europäer zunächst als „Albo-Europäer”, d. h. als Weiße, die durch ein langjähriges kulturelles Unterbewußtsein, die indoeuropäische Weltanschauung, geprägt sind.

Aber diese ethnokulturelle Sichtweise reicht nicht aus. Wenn wir uns Europäer nennen oder als solche bezeichnet werden, dann deshalb, weil wir über viele Jahrtausende hinweg eine besondere Beziehung zum europäischen Kontinent aufgebaut haben. Die Albo-Europäer sind die Ureinwohner Europas, d. h. diejenigen, deren Vorfahren von dem Kontinent stammen, auf dem sie leben. Wie die Indianer in Amerika, die Papua in Neuguinea oder die Chinesen in China.

Sami-Familie, ursprüngliches nomadisches Volk im hohen Norden, Bildquelle: https://www.skandi.de/wissen/samen-volk/

Ich betone: Das Wort „Ureinwohner” steht für eine besondere und privilegierte Beziehung zu einem Land, eine Beziehung, die nicht nur spirituell und kulturell, sondern auch politisch ist. Denn jede Art und Weise, wie ein Land bewohnt wird, beinhaltet auch eine Frage der Souveränität und Macht über dieses Land. Die Dimension der Ureinwohner umfaßt sowohl Spiritualität als auch Kultur und Politik. Deshalb ist sie ergänzend und unverzichtbar für die ethnokulturelle Identität.

Tatsächlich grenzt die Autochthonie an die Allochthonie, die sich auf Allochthone bezieht, d. h. auf Bewohner eines Landes, die nicht von dort stammen. Jeder Allochthone ist auch Autochthon in seiner eigenen geografischen Herkunft. Aber so sehr die Eigenschaft als Autochthon ein unveräußerliches und heiliges Recht auf ein Land begründet, so sehr begründet die Eigenschaft als Allochthon kein Recht auf dasselbe Land. Das einzige Element, das meine Aussage relativieren kann, ist Macht und Stärke. Ein Recht, selbst wenn es heilig ist, ist ohne Macht, insbesondere demografische Macht, und ohne Stärke, insbesondere militärische Stärke, nur ein moralisches Recht ohne Konsequenzen.

Dies erklärt das unterschiedliche Schicksal der indigenen Völker auf der Erde im Laufe der Geschichte: Wenn die Chinesen die Herren Chinas geblieben sind, dann verdanken sie dies ihrer demografischen Macht und ihrer militärischen Stärke, während die amerikanischen Ureinwohner in den Vereinigten Staaten auf ihrem angestammten Land völlig marginalisiert sind, weil sie nicht über die notwendige demografische Macht und militärische Stärke verfügten.

In dieser Geschichte haben die Albo-Europäer, das darf man nicht verschweigen, lange Zeit eine räuberische Rolle gespielt. Heute sind sie selbst der Ausbeutung durch dynamische Rassen und Ethnien ausgesetzt, die als Allochthone kommen und sie verdrängen. Einige Albo-Europäer sind im wahrsten Sinne des Wortes degeneriert (sie haben die ihrer ethno-racialen Gruppe eigenen Eigenschaften verloren) sind der Meinung, daß dies eine gerechte Wendung der Dinge ist, und daß nun sie an der Reihe sind, sich zu verringern und zu verschwinden. Dies könnte geschehen, wenn sich nicht genügend Albo-Europäer dagegen wehren. Nichts ist jemals endgültig gewonnen.

Germanen, Bildquelle: https://www.wikingar.de/Germanen-Ursprung-Kultur-Mythologie-und-Vermaechtnis

Was mich jedoch betrifft, so lehne ich als bewußter europäischer Autochthoner jede Reue für die Handlungen der Vergangenheit ab, so fragwürdig und unangemessen sie auch gewesen sein mögen, und ich bekräftige das unveräußerliche Recht auf einen privilegierten und dominierenden Status der europäischen Ureinwohner auf europäischem Boden, während ich diese dazu aufrufe, die Macht und Kraft wiederzufinden, um dieses Recht durchzusetzen.

Ich möchte klarstellen, daß die Ablehnung von Reue und Buße nicht bedeutet, daß ich alle Entscheidungen, insbesondere koloniale, der europäischen Eliten der Vergangenheit gutheiße. Ich kann diese Entscheidungen sehr hart beurteilen und mich weigern, sie in Zukunft als Handlungsoption zu wählen. Das bedeutet, daß ich mich weigere, das moralisierende Gejammer der Besiegten von gestern anzuhören, die entschlossen sind, sich billig zu rächen, indem sie heute unser Land besetzen.

Und schließlich, warum sollte man sich nicht als „Indigener” bezeichnen? Ein Indigener ist jemand, der aus dem Land stammt, in dem er geboren wurde, also ist es fast gleichbedeutend mit „Einheimischer”. Allerdings wurde dieser Begriff von afrikanischen Allochthonen vereinnahmt, die sich im Namen einer „dekolonialen” Ideologie selbst zu „Indigènes de la République” (Einheimische der Republik) erklärt haben.

Auswahl an Eingeborenen Afrikas, Bildquelle: Metapedia.org

Das ist sowohl ein Irrtum hinsichtlich der Bedeutung des Wortes „indigène” als auch eine Lüge, da sie nicht aus Frankreich und Europa stammen, auch wenn sie dort geboren sind. Aber so ist es nun einmal, „Indigène” wird in den Medien nun mit ihnen in Verbindung gebracht. Es liegt an uns, dafür zu sorgen, daß „Autochtone” tatsächlich die Europäer europäischer Abstammung bezeichnet.

Terre&Peuple: Der Begriff „Autochtonie” wird von den Identitären in Frankreich kaum verwendet. Was ist der Grund dafür?

Jean-Patrick Arteault: Zunächst einmal möchte ich demjenigen meine Hochachtung aussprechen, der mir
die Bedeutung des Themas „Autochthonie” im Hinblick auf die Befreiung Europas nähergebracht hat. Es handelt sich um Antonin Campana, den ich vor einiger Zeit in dieser Rubrik interviewt habe. Er ist Betreiber des Blogs ›Terre Autochtone‹ (autochtonisme.com), in dem er seit mehreren Jahren allein theoretische und zukunftsorientierte Überlegungen anstellt, um Identitäre dazu anzuregen, die Autochthonie als Mittel zur Emanzipation vom westlichen System und zur Befreiung vom stattfindenden Großen Austausch zu begreifen.

Antonin Campana hat kürzlich über seinen Blog einen Text mit dem Titel „Grand Remplacement: que faire ?” (Der große Austausch: Was tun?) veröffentlicht. Tatsächlich handelt es sich um die Zusammenfassung eines umfangreicheren Buches, für das er keinen Verlag mit ausreichender Reichweite finden konnte. Damit seine Arbeit nicht unbekannt bleibt, hat er ein PDF-Dokument erstellt, das so weit wie möglich verbreitet werden soll, wie viele Flaschenpostbotschaften, mit dem Ziel, das Bewußtsein zu wecken.

Ich halte dieses Dokument – und ich wäge meine Worte ab – für das Äquivalent zu Theodor Herzls „Der Judenstaat” für die Juden, nur eben für die autochtonen Albo-Europäer. Antonin Campana ist meines Wissens der einzige, der die Schlußfolgerungen aus der Feststellung des Großen Austauschs bis zum Ende durchgezogen hat, indem er eine Strategie vorschlägt, die nicht nur defensiv, sondern auch befreiend ist.

Man kann natürlich über bestimmte Feststellungen, Formulierungen, Bezeichnungen und strategische Überlegungen diskutieren. Man kann auch die Darstellung seines Projekts eines autochthonen Staates als naiv und utopisch empfinden, wenn man bedenkt, daß im Februar 1896, als Herzls Buch erschien, viele seine Visionen ebenfalls als naiv und utopisch empfanden.

Zweiundfünfzig Jahre später, bei der Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel unter seinem Porträt, war von Naivität oder Utopie keine Rede mehr. Damit will ich sagen, daß die Albo-Europäer wie die Juden lernen müssen, auf Visionäre zu hören.

Terre&Peuple: Ich wiederhole meine Frage: Warum findet eine solche Arbeit in Frankreich so wenig Resonanz?

Jean-Patrick Arteault: Aus mehreren Gründen, die ich hier nicht alle erörtern kann, von denen ich aber denjenigen herausgreifen werde, der mir grundlegend erscheint. Alle französischen Identitären haben heute das Ausmaß des ›Großen Austauschs‹ vor dem Hintergrund einer bedeutenden und konstanten außereuropäischen Einwanderung und einer Diskrepanz in der Geburtenrate zwischen Einwanderern und Nachkommen von Einwanderern und den „Einheimischen” oder Autochthonen erkannt. Aber auch wenn sie das Phänomen sehen und die Risiken intellektuell erkennen, sind sie sich der kurz- und mittelfristigen Auswirkungen nicht wirklich bewußt.

Wenn man daran gewöhnt ist, in seinem eigenen Land die Mehrheit zu bilden, fällt es schwer zu begreifen, daß man um die Jahre 2050-2060 herum Gefahr läuft, zur Minderheit zu werden. Wenn man mit der Vorstellung aufgewachsen ist, daß der Staat, selbst in den Händen politischer Gegner, die Nation verkörpert, fällt es schwer zu akzeptieren, daß er tatsächlich und bewußt zum Verschwinden der Einheimischen beiträgt.

Kurz gesagt, wenn man als Franzose erzogen wurde, der stolz auf seine Sprache, seine Kultur und seine Geschichte ist, fällt es einem schwer, innerlich zu akzeptieren, daß es nichts mehr bedeutet, Franzose zu sein. Und man hält an der Illusion fest, daß man durch politisches Handeln eine französische Nation wiederherstellen könnte, um an die Größe der Vergangenheit anzuknüpfen.

Es ist an der Zeit, um jeden Preis eine mentale Revolution durchzuführen: Auch wenn noch Bruchstücke davon übrig sind, ist die alte Welt tot. Wenn die Albo-Europäer französischer Sprache und Kultur wie alle anderen eine Zukunft wollen, müssen sie ihr Paradigma ändern, zu etwas anderem übergehen. Der ganze Sinn des Autochthonismus besteht darin, einen Ausweg, einen alternativen Weg aus der toten Welt anzubieten.

Terre&PeupIe: Sie sprechen von einer „toten Welt”. Das klingt nach einer Katastrophe. Andere weisen darauf hin, daß wir kurz vor einer Katastrophe oder einem Zusammenbruch stehen und daß es wichtig ist, sich darauf vorzubereiten, diese zu überleben. Anders ausgedrückt: Liegt die Zukunft der Autochthonen im ›Survivalismus‹?

Jean-Patrick Arteault: Wenn ich von einer toten Welt spreche, meine ich die Welt der westlichen europäischen Nationalstaaten mit ihrer homogenen Bevölkerung und Kultur. Sie ist nach einem langen, komplexen Prozeß zwischen dem 19. und dem Ende des 20. Jahrhunderts gestorben, einem Prozeß, in dem sich zivilisatorische Erschöpfung, Umbrüche, Schocks, Krisen und Kriege miteinander verbanden. Letztendlich ist das Ergebnis für die heutigen Europäer katastrophal. Aber kann man bei einem so langen Prozeß von einer Katastrophe oder einem Zusammenbruch sprechen? Der Begriff der Katastrophe oder des Zusammenbruchs impliziert etwas Brutales und Plötzliches.

Ich werde hier nicht auf die Gültigkeit des Katastrophendenkens eingehen, mit dem das Überlebenstraining verbunden ist. Obwohl es nicht unmöglich ist (nichts, was vorstellbar ist, ist unmöglich), halte ich einen totalen Zusammenbruch der gesamten westlichen technischen Zivilisation mit einer Rückkehr zu einer neomittelalterlichen oder gar neoprähistorischen Situation für unwahrscheinlich. Sollte dies dennoch geschehen, würde keine survivalistische Vorbereitung dauerhaft helfen, damit fertig zu werden.

Andererseits muß man feststellen, daß die westliche Oligarchie seit fast zwei Jahrhunderten mit Schocks agiert, die sich in gewaltsamen wirtschaftlichen und sozialen Krisen oder Kriegen oder nacheinander in beidem niederschlagen.

Es ist daher wahrscheinlich, daß wir in Zukunft mit teilweisen Zusammenbrüchen konfrontiert sein werden, die mehr oder weniger kontrolliert, mehr oder weniger lokal begrenzt und von unterschiedlicher Intensität sein werden, je nachdem, ob die Krisen mit Unruhen oder Kriegshandlungen einhergehen oder nicht.

Dies ist umso wahrscheinlicher, als seit etwa fünfzig Jahren echte „Schockstrategien” gegen die unteren und mittleren Schichten der westlichen Länder umgesetzt werden. Ohne näher darauf einzugehen, scheint es aus politischen Gründen sowie aufgrund wirtschaftlicher und technologischer Veränderungen so, als könne und wolle die westliche Oligarchie nun auf den größten Teil der unteren Schichten bis hin zur „Mittelschicht“ verzichten.

Seit den 1970er Jahren scheint die Vorgehensweise wie folgt zu sein: eine heftige Krise, die Arbeitsplätze vernichtet, einen Teil der Bevölkerung verarmt und sie auf die unterste Stufe der sozioökonomischen Leiter drängt – eine vorübergehende Stabilisierung auf einem niedrigeren Niveau als vor der Krise – eine Stigmatisierung/ Schuldzuweisung an diejenigen, die der Krise entgangen sind, um sie dazu zu bringen, „Reformen” zu akzeptieren, die sie aus „Solidarität” mit den bereits Betroffenen in die Armut treiben – dann ein neuer Krisenschock, der den Zyklus erneut in Gang setzt.

Ich habe keinen Beweis dafür, daß dies beabsichtigt ist, aber alles funktioniert so, wie wenn dies der Fall wäre. Das Ziel scheint gleichzeitig die Verarmung der Mehrheit, die Verschlechterung der Qualität ihrer Bildung und Kultur und damit die Schwächung ihrer Fähigkeit zum selbständigen Denken, die Verringerung ihrer politischen Bedeutung durch die Neutralisierung demokratischer Verfahren, und die Schwächung ihres sozialen Zusammenhalts durch die Schaffung einer Bevölkerungsmischung „ex nihilo”, und das alles unter verstärkter techno-polizeilicher Überwachung, die sich immer weniger Mühe gibt, das geplante Ende der bürgerlichen Freiheiten zu verbergen.

In jüngster Zeit scheint das System durch eine regelrechte Kulturtechnik ergänzt zu werden, die ökologische und klimatische Ängste nutzt, um zu versuchen, die Verarmung nicht nur akzeptabel zu machen, sondern sogar begehrenswert, unter dem Namen „freiwillige Mäßigung”, um „den Planeten zu retten”. Muß man noch extra erwähnen, daß für die westliche Oligarchie ihr Vermögen, ihr Lebensstandard und ihr Lebensstil nicht verhandelbar sind?

All dies soll unterstreichen, daß die bewußten autochthonen Albo-Europäer, also die Dissidenten der westlichen Ordnung, jedes Interesse daran haben, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um sich vor der Strategie des westlichen Schocks zu schützen und zu stärken. Umso mehr, als der Großteil von ihnen aus den betroffenen unteren und mittleren Schichten rekrutiert wird. Auch wenn ich wenig an den radikalen Katastrophismus glaube, der normalerweise mit dem Überlebenskampf einhergeht, sind die Prinzipien, Methoden und Werkzeuge des Überlebenskampfes hier besonders nützlich.

Terre&Peuple: Also ein Rückgriff auf den Überlebenskampf, nicht als Lebensphilosophie, sondern als Vorsichtsmaßnahme…

Jean-Patrick Arteault: Nicht nur. Wenn man den Survivalismus von seiner Mad-Max- oder Robinson-Crusoe-Philosophie löst, kann man ihm eine gemeinschaftliche und politische Bedeutung geben. Was wünschen wir uns nämlich für die autochtonen Europäer unter den gerade erläuterten Bedingungen? Wir wünschen uns die Gründung widerstandsfähiger Gemeinschaften.

Überlebenstraining für Astronauten, Bildquelle: Wikipedia

Autonome, solidarische und mächtige Gemeinschaften, die sowohl anziehend als auch ausstrahlend wirken. Die vom ›Survivalismus‹ propagierte autonome nachhaltige Basis kann der Kern sein, um sich zu einer autonomen nachhaltigen Zone zu erweitern, die eine verteidigungsfähige autonome Zone (oder verteidigungsfähige autochthone Zone) sein muß, bevor sie zu einem Zentrum spiritueller, kultureller und politischer Ausstrahlung wird, zur Startbasis für eine Rückeroberung. Sie kann dann als befreite Zone betrachtet werden.

Ich werde mich nicht in eine praktische Vorgehensweise der B.A.D. (Basis autochthoner Verteidigung) vertiefen: Andere sind kompetenter als ich und arbeiten bereits in unseren Netzwerken daran. Ich werde mich an die Grundsätze halten.

Die B.A.D. muß entschlossen aus der Perspektive eines Familien- und Gemeinschaftsclans (Großfamilie oder Zusammenschluß mehrerer Familien) konzipiert werden. Eine Gruppe von B.A.D. in derselben geografischen Zone bildet eine Z.A.D („Zone à défendre”,  eine „zu verteidigende Zone”).

Die angestrebte Widerstandsfähigkeit muß unter zwei Gesichtspunkten vorbereitet werden: Man muß sowohl in der Lage sein, den materiellen Schocks von Krisen und Unruhen als auch ideologischen, kulturellen und politischen Schocks oder Einflüssen zu widerstehen. Die Vorbereitung muß daher sowohl auf die eigentliche überlebenswichtige Vorgehensweise als auch auf die moralische, intellektuelle und kulturelle Stärke abzielen.

Darüber hinaus ist eine Z.A.D. notwendigerweise ein politischer Kern, der dazu bestimmt ist, ein Gebiet und eine Bevölkerung zu strukturieren, die von ihrem Modell angezogen werden. Jede praktische Erweiterung einer Z.A.D. muß mit einer politischen Bekräftigung und Strukturierung einhergehen, die übrigens nicht lautstark verkündet werden muß.

Das Streben nach Resilienz, also der Fähigkeit, Schocks zu überwinden, ist die erste Stufe. Das Streben nach Autonomie geht darüber hinaus. Während Resilienz auf der Ebene des Überlebens angesiedelt ist, ist Autonomie ein Prinzip des normalen Lebens, das auch außerhalb von Krisensituationen gelten muß. Die echte Autonomie einer B.A.D. kann nur durch eine Z.A.D. erreicht werden, da Autonomie die Überschreitung einer quantitativen und qualitativen Schwelle voraussetzt.

Das Streben nach Autonomie muß umfassend sein. Natürlich ist in diesem Zusammenhang das Streben nach Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln notwendig und unerläßlich, aber ich möchte vor einer ausschließlich neo-ländlichen und neo-bäuerlichen Entscheidung für die autochtonen albo-europäischen Dissidenten warnen.

Autonomie umfaßt auch die Beherrschung von Wissenschaft und Technologie. Wissenschaft und Technologie dürfen nicht in den Händen unserer Gegner bleiben. Zumal die bäuerliche Welt in der Geschichte nie die Macht inne hatte. Meistens war sie das Instrument und der Diener der Mächtigen.

Man darf sich nicht vom Charme einer ländlichen Mythologie („die Erde, die nicht lügen kann“) blenden lassen, die weitgehend auf den besten Seiten und den besten Momenten einer ländlichen Welt aufgebaut ist, die zwischen der zweiten Hälfte des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dem Elend entkommen ist. Dies war die Zeit, in der die Bauern mehrheitlich das volle Eigentumsrecht an den von ihnen bewirtschafteten Ländereien erlangten und einen nie dagewesenen Wohlstand sowie eine gewisse politische Bedeutung erlangten. Aber dies war nur eine kurze Unterbrechung in einer langen Zeit, in der die ländliche Welt stets den Mächtigen (Aristokratie, Kirche, städtische Bourgeoisie) unterworfen war. Diese Zwischenphase ist heute vorbei.

Die Entscheidung für ein neo-ländliches Leben darf nicht aus einer geistigen und lebenspraktischen Unfähigkeit heraus getroffen werden, die Komplexität und die Schwierigkeiten der Welt zu bewältigen. Sie darf kein Ausdruck von Rückzug sein. Es muß gleichzeitig an der Selbstversorgung, der intellektuellen, wissenschaftlichen und technischen Autonomie sowie der politischen Autonomie gearbeitet werden. Nichts darf aufgegeben werden.

Der ländliche Raum, der vom westlichen System aufgegeben wurde, kann eine geografische Chance sein, unsere B.A.D. und unsere Z.A.D. in allen Dimensionen zu entwickeln. Er kann der Ort und die Gelegenheit für eine echte archäofuturistische Synthese zwischen der völkischen und der faustischen Dimension des europäischen Charakters sein.

Gemälde von Jakub Rozalski, 1920

Solidarität ist auch ein wichtiges Element, das im Rahmen einer Z.A.D. aufgebaut werden muß. Ich denke an dieses Element als Reaktion auf die Romane von Laurent Obertone aus dem Zyklus ›Guérilla‹. Obertone zeigt uns eine Welt, die im Chaos eines Krieges aller gegen alle versinkt. Es ist sicher, daß die westliche Welt, die von der vom Hyperindividualismus geprägten „Anomie“ erfaßt ist, solche Auswüchse zuläßt.

Aber bei Obertone findet sich auch eine sehr hobbesianische anthropologische Sichtweise, wonach „der Mensch dem Menschen ein Wolf ist“ und man scheinbar nur die Wahl hat zwischen Konfrontationen zwischen Raubtieren, der Jagd von Raubtieren auf menschliches Wild und dem Neototalitarismus von Big Brother.

Ich gebe zu, daß der autochtone Europäer wieder eine mentale Fähigkeit zum Raubtierverhalten entwickeln muß. Das Pendel ist zu weit in Richtung des westlichen Schafes vom Typ „Bisounours“ (Glücksbärchen) ausgeschlagen. Im Falle eines Schocks oder einer Krise besteht ein großes Risiko, daß das Schaf geschoren oder geschlachtet wird.

Die Fähigkeit zu einem gewissen Maß an Wildheit wiederzuerlangen, ist auch ein Garant für das Überleben. Aber was es den Menschen ermöglicht hat, Gemeinschaften, Kulturen und Zivilisationen aufzubauen, ist auch die Fähigkeit zur Zusammenarbeit und zur Solidarität. Ohne Zusammenarbeit und Solidarität gibt es keine Gemeinschaft und keine Zivilisation, die Bestand hat.

Die Frage ist natürlich, wo die notwendige Solidarität und Zusammenarbeit aufhören. Sie hören bei Fremden, Verrätern und dummen Schafen auf.

Macht ist letztlich sowohl das Ergebnis als auch das Ziel des Ganzen. Sich darauf zu beschränken, in den Nischen ihres angestammten Landes zu überleben, ist für die autochtonen Europäer keine nachhaltige Option. Zwar muß man bereit sein, Zugeständnisse zu machen und die Kontrolle über bestimmte Gebiete aufzugeben, um der Macht der Allochthonen zu einem bestimmten Zeitpunkt Rechnung zu tragen, doch ist die Einsperrung in Mikroparzellen, in „Reservaten”, kein akzeptables Schicksal.

Sioux bei der Jagd, Bildquelle: https://www.usa-info.net/usa-wiki/indianer-der-usa/

 

Reservat, Bildquelle: https://gfbv-voices.org

Das politische Ziel der schrittweisen Umwandlung der Z.A.D. in befreite Gebiete, die in einem neuen souveränen indigenen Staat zusammengefaßt sind, darf nicht aus den Augen verloren werden. Und das unabhängig davon, ob der von einigen angekündigte Zusammenbruch eintritt oder nicht.

Terre&PeupIe: Sie glauben also nicht an das Schlimmste…

Jean-Patrick Arteault: Noch einmal: Das Schlimmste kann eintreten, denn die von Piero San Giorgo oder Laurent Obertone aufgezeigten Risikofaktoren sind real. Aber wenn die systemische Verflechtung die Voraussetzungen für eine Kettenreaktion des Zusammenbruchs schaffen kann, verleiht sie gleichzeitig dem westlichen System mächtige Faktoren für globale Resilienz.

Man kann sich sehr gut vorstellen, daß lokale Unfälle vom globalen System behandelt und absorbiert werden oder daß eine Situation sehr lange Zeit so bleibt, daß sich die Lebensbedingungen der Mehrheit unmerklich verschlechtern, ohne daß die Architektur des technologischen und administrativen Systems zusammenbricht, sodaß die Oligarchie und ihre Diener aller Ränge weiterhin gut leben können.

Die Frage ist: Was tun wir, wenn die Situation sehr, sehr lange „normal” bleibt? Jetzt in den vollständigen Überlebensmodus zu wechseln, bedeutet auch, alle anderen Kampfgebiete aufzugeben. Deshalb dürfen wir nicht nachlassen.

„Gleichzeitig” müssen wir die Voraussetzungen für Resilienz und materielle und praktische Autonomie schaffen und den intellektuellen und kulturellen Kampf, den sozialen und wirtschaftlichen Kampf sowie den politischen Kampf mit derselben Intensität fortsetzen. All dies natürlich neu geordnet im Hinblick auf die Neugeburt der Ureinwohner und nicht auf die Erhaltung oder Reaktivierung der alten Welt. ■

 

Quelle: Terre et Peuple Magazine Nr. 82