Wolfram Nahrath

Die Kriminalisierung einer schöpferischen Errungenschaft in der indo-europäischen Geschichte

 

Von den germanischen Runen, insbesondere dort von der Runenfolge des meist als Futhark bezeichneten „Runenalphabets“, haben viele Menschen schon einmal gehört. Nicht wenige werden ihnen im Schrifttum oder auch schon in Zeugnissen unmittelbar begegnet sein, so etwa bei der Besichtigung von Runensteinen oder in Ausstellungen zur nordischen Kultur. Einige dieser Sinnzeichen sind weltweit verbreitet und fest im jeweiligen kulturell-religiösen Ritus verankert. Besonders in der Bundesrepublik Deutschland findet eine seit Jahrzehnten zunehmende Kriminalisierung bezüglich der Verwendung solch historischer Sinnzeichen statt. Die Strafverfolgung hat derart totalitäre, teils auch groteske Züge angenommen, daß dieser in jeder Hinsicht unverhältnismäßigen Praxis Einhalt geboten werden muß.

Nach Ergründung der Bedeutung der Runen und aufgrund deren Verbreitung in Mittel- und Nordeuropa sowie auch darüber hinaus, kann sicher davon gesprochen werden, daß es sich um europäisches Kulturgut handelt, welches uns überliefert wurde. Zwingende Folge ist, daß Runen als kulturgeschichtliche Zeugnisse nicht auf die Sonderheit eines bestimmten Volkes und dessen Siedlungsraum beschränkt werden können.

Nach der Bildung von Staaten bis in die heutige Zeit hinein stellen die Runen deshalb ein grenzübergreifendes Kulturgut dar. Insbesondere das Zeichen der sogenannten ›Swastika‹, im deutschen Sprachgebrach als ›Hakenkreuz‹ oder in runder Form als ›Sonnenrad‹ bezeichnet, findet sich – teils in verschiedentlich abgeänderten Erscheinungen – auch im südlichen Europa oder im heutigen Indien. Beispielhaft sei hier das ›Baskenkreuz‹ benannt, welches die vier Speichen in runder Fassung enthält, deren Auslauf in Tropfenform gestaltet ist. Dieselbe Symbolik ist auch in der dreispeichigen „Triskele“ und in mehrspeichigen Ausformungen zu finden.

In Indien feiern die Hindus jährlich das mehrtägige Diwali-Fest, dessen führendes Heilssymbol das Hakenkreuz ist und dort millionenfach in einer Vielzahl von Gestaltungen in Erscheinung tritt. Das Fest gibt es etwa auch in Sri Lanka und Nepal. Hintergrund dieses Lichterfestes ist die Manifestation der „Ewigen Ordnung“, wobei der Sieg des Lichtes über die Dunkelheit begangen wird. Diwali bedeutet sprachlich so viel „Lichterschwarm“ und leitet sich wohl daraus ab, daß Straßen, Häuser und Geschäfte mit Öllampen geschmückt werden. Letzteres ist in unserer Kultur durchaus mit der traditionellen „Weihnachtsbeleuchtung“ zu vergleichen. In Indien beschenkt man sich dabei unter anderem mit Süßigkeiten, Glücksbringern und kleinen Götterfiguren.

Allein die vorstehenden Gedanken zeigen schon, daß es sich bei den Runen nicht nur um bloße Schriftzeichen handelt, sondern die Verwendung derselben für den Einzelnen auch religiöse, glaubensmäßige Bedeutung haben kann. Sie sind deshalb grundsätzlich jeder Art von Ideologie und jedem Dogma entzogen, selbst wenn sie in anderem Zusammenhang verwendet werden, etwa als Hoheitszeichen, als Symbol militärischer Einheiten, Parteien oder sonstigen Vereinigungen. So kann es auf Runen in der Neuzeit auch keine Marken oder vergleichbare Rechte geben. Sie sind vielmehr Allgemeingut und damit der Deutungshoheit staatlicher Institutionen entzogen.

Der kundige oder gar leidgeprüfte Leser wird nunmehr schon ahnen, weshalb diese vorangehenden Ausführungen im Zusammenhang mit der Kopfzeile dieser Abhandlung notwendig sind. In der Bundesrepublik Deutschland ist die Verwendung von Runen zum strafrechtlichen Minenfeld geworden. Vom Strafrecht haben die meisten Bürger unseres Landes, gemeint ist hier die Bundesrepublik Deutschland als staatliche Organisation, völlig zu Recht die Vorstellung, daß dessen Aufgabe die Erhaltung der öffentlichen Ordnung ist und zum Beispiel zu unser aller Sicherheit Straftaten von Kriminellen aller Art wirksam verfolgt, gemeingefährliche Verbrecher in Sicherheitsverwahrung und geschlossene psychiatrische Einrichtungen gebracht werden.

Strafverfahren im Rahmen der Äußerungsdelikte, dem politischen Strafrecht im engeren Sinne – auch gerne Staatsschutzstrafrecht genannt, weil sich das besser anhört – Verfahren also, die sich gegen Menschen im In- und Ausland richten, gleichgültig, ob sie parteilich organisiert sind oder nicht, weil sie in Schriften oder Darstellungen oder an sich selbst bestimmte Runen verwenden, sind deshalb von besonderer Bedeutung.

An dieser Stelle hat sich der Gesetzgeber in der Bundesrepublik, also der Bundestag, ein Sondergesetz im Strafgesetzbuch gegönnt, welches das öffentliche Verwenden von Kennzeichen einer als verfassungswidrig verbotenen Vereinigung oder die Verwendung von Zeichen, die solchen Kennzeichen zum Verwechseln ähnlich sind, unter Strafe stellt. Dabei kann auch Freiheitsstrafe verhängt werden. Da in der Zeit von 1933 bis 1945 seitens des Staates (hier das Hakenkreuz als symbolischer Teil von Hoheitszeichen) und von mehreren Organisationen und Untergruppen Runen als „Kennzeichen“ verwendet wurden, sind eine ganze Reihe der alten Runen durch dieses Gesetz in ihrer öffentlichen Verwendung inkriminiert worden.

Wegen der später eingeführten sehr weichen Begriffsbestimmungzum Verwechseln ähnlich“ in dieser Vorschrift (§ 86a Strafgesetzbuch) ist die Anwendung der Vorschrift durch richterliche Urteile genauso beliebig möglich, wie die Vorschrift unscharf formuliert ist. Sie findet deshalb in der „Strafrechtspflege“ nahezu uferlos auf die alten Runen Anwendung, die von verbotenen Vereinigungen – auch nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland – verwendet wurden oder werden.

Die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, wie es so schön heißt, sind derartig weit, daß sie sich im Nebel der Unberechenbarkeit verlieren und nicht selten das Analogieverbot oder gar den Grundsatz „Nulla poena sine lege“, das heißt „Keine Strafe ohne Gesetz“ verletzen.

Bei der strafrechtlichen Verfolgung des Verwendens alter Runen wird stets ignoriert, daß diese Strafvorschrift mit dem Grundrecht (Artikel 4 Grundgesetz) der Religionsfreiheit, der Freiheit des Glaubensbekenntnisses und der Freiheit der Weltanschauung kollidiert. Darüber hinaus gerät die Anwendung dieser Sonderstrafvorschrift mit der Menschenrechts-Charta der Vereinten Nationen (UN) und der europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) aneinander.

In diesem Bereich der Strafverfolgung gibt es völlig bizarre Fälle, etwa solche der Körperbemalung (Tätowierung) mit germanischen Runen im Zusammenhang mit vorchristlichen Darstellungen (Odins Raben, Wikingerkopf) oder Fälle, in denen eine junge Frau ein Bernstein-Amulett, ein junger Mann einen selbstgeschnitzten Anhänger aus Hirschhorn mit Odalrune oder Lebensrune tragen oder wenn das mit germanischen Runen dieser Art ziselierte Met-Horn, welches auf einem Mittelaltermarkt zum nachhaltigen Ausschank von Met öffentlich zur Verwendung kommt.

Da kann sich ein objektiver Betrachter eben nicht mehr erklären, daß Menschen deshalb verfolgt, vor Strafgerichte gestellt und sogar verurteilt werden. Sonderrecht und Sondergerichtsbarkeit beispielsweise auch dann, wenn ein grüner Tannenkranz mit einer mittig gesetzten, aus roten Rosenblüten gesteckten Todesrune am Volkstrauertag zur Lebensrune und damit zum verbotenen Kennzeichen des Sanitäts- und Apothekerdienstes der Sturmabteilung (SA) mutiert und es erst in der Berufungsinstanz vor dem Landgericht (hier in Würzburg) zu einem Freispruch kommt, oder wenn die Verwendung der Odalrune (Buchstabenwert „O“) als Bestandteil des insgesamt unter Verwendung germanischer Runen auf dem Oberarm einer jungen Frau eintätowierten Satzes „OH IHR ELFEN“ zur strafrechtlichen Verfolgung wegen des Verwendens verbotener Kennzeichen gemäß § 86a Strafgesetzbuch führte, die erst nach Intervention eines Strafverteidigers „unter Zurückstellung erheblicher Bedenken“ von der ermittelnden Staatsanwaltschaft eingestellt wurde.

Ob die Anwendung des § 86a StGB beispielhaft auf das Verwenden der Lebensrune, der Todesrune, der Tatrune und der Sigrune mit Art. 1, Art. 2 und Art. 4 Grundgesetz noch vereinbar ist, wenn jeglicher Bezug auf eine nach § 86 StGB verbotene verfassungswidrige Vereinigung bei der Verwendung fehlt, insbesondere dann, wenn aus dem Kontext der Verwendung hervorgeht, daß diese in weltanschaulich-religiöser Weise verwendet werden oder im Zusammenhang mit einer auf vorchristliche Zeiten hinweisende Abbildung stehen, ist über 80 Jahre nach 1933 und der Tatsache, daß Europa und auch die Welt in Deutschland heute ein und aus gehen, doch sehr zweifelhaft. Vielmehr ist darin jedenfalls ein rechtspolitscher Anachronismus zu sehen, der zunehmend inquisitorischen Charakter aufweist.

Noch interessanter wird es, wenn dann zudem, wie vor nicht allzu langer Zeit noch häufig, Kruzifixe mit oder ohne die gekreuzigte Gestalt Jesu im Saal der Hauptverhandlung hängen oder Staatsanwaltschaft oder Gericht mit missionarischen Christen besetzt sind und sich der Delinquent vor Gericht zum Heidentum germanischen Glaubens bekennt. Auf die Spitze getrieben wird es dann, wenn in der Verhandlung über solche Runen sich Schöffen mit der Gottesformel als ehrenamtliche Richter vereidigen lassen.

Die Runen haben sich im Zuge der Abwendung hunderttausender, wenn nicht gar schon Millionen von Menschen von den organisierten christlichen Kirchen sowie der Rückbesinnung auf den Glauben der frühgeschichtlichen Alt-Vorderen der Deutschen als Glaubens-Symbole wieder in der Gesellschaft verankert. Sie sind im Weiteren freilich nicht spezifisch deutsche oder gar nationalsozialistische Symbole sondern vielmehr europa- und weltweit verbreitet.

So werden verschiedene Runen in der Glaubensausübung in verschiedenen Materialien, wie etwa Holz, Horn, Bernstein, Metallen und Keramik getragen, wie bei andersgläubigen etwa das Kruzifix, der Halbmond, eine Koranseite, Yin und Yan oder der Davidstem. Sie haben in die Esoterik und in Formen des autogenen Trainings Eingang gefunden. So gibt es Tarot-Karten mit Runen, wie es auch Runengymnastik und Runensingen gibt. Ihnen werden nicht nur Gottheiten oder Buchstaben zugeschrieben, sondern auch Zahlenwerte, Töne, Farben, Elemente und Eigenschaften. Dies verhält sich ähnlich wie bei der derzeit wieder auflebenden Hinwendung dazu, daß verschiedenen Steinen, Metallen oder Mineralien bestimmte Eigenschaften oder gar Heilkräfte zugeschrieben werden.

Nach alledem blieben als einzige derzeit wohl noch charakterisierende Zeichen des Nationalsozialismus im Segment der heidnischen Symbole das Hakenkreuz und die Doppelblitze (doppelte Sigrunen) übrig, für die‘ eine Berechtigung des Verbots denkbar sind.

Die im Zuge der geplanten und geförderten nomadisierenden Globalisierung rasant fortschreitende Verortung von Menschen aus ihren ursprünglichen Siedlungsgebieten heraus wird gesellschaftliche Werturteile, Strukturen, Weltanschauungen und die Glaubenseinheit der großen christlichen Kirchen über Jahrzehnte hinweg ändern und letztere zunehmend einer Glaubensvielfalt in Deutschland und Europa weichen. Es stellte also auch eine menschenrechtswidrige Verletzung der freien Entfaltung der Persönlichkeit, eine Verletzung der Menschenwürde und des Wesenskerns der Weltanschauungs- und Religionsfreiheit (der Glaubensfreiheit) und deren Ausübung dar, wenn Menschen bei Strafe verboten wird, solche germanischen Runen zu tragen, zu zeigen oder sonst zu verwenden, wenn jeglicher Bezug zu einer nach § 86 StGB verbotenen Vereinigung fehlt oder diese im Zusammenhang mit Kult, Glaube, Religion oder Weltanschauung, namentlich mit dem Heidentum unserer Vorfahren verwendet werden.

Es kann – auch angesichts der kolportierten „besonderen“ Genese der Bundesrepublik Deutschland – nicht (mehr) angehen, daß das Jahrtausende alte Kulturgut der Runen aufgrund einer kurzen Zeitspanne in Deutschland auf ewig inkriminiert und damit aus der Kulturgeschichte Deutschlands radiert wird. Zwölf Jahre sind, aus kulturgeschichtlicher Sicht betrachtet, gerade einmal ein Augenblick.

Das aus weit zurückliegender Zeit überlieferte geistige, kulturelle und weltanschauliche Erbe wird ungeachtet des Bezuges auf besagte zwölf Jahre ein tiefgreifendes Neuergründen erfahren. Die Kriminalisierung des uralten Kulturgutes macht es nur noch wertvoller. Dessen Verteidigung erzeugt ein neues Bekenntnis, eine neue Generation von Bekennenden, veredelt durch den Kampf für Sinn und Wert.

Quelle: Not-Wende, Zeitschrift für Volkstum, Kultur, Recht und Freiheit, November 2024, Folge 3
Beitragsbildquelle: Metapedia