Constantin von Hoffmeister

 

Die Silhouette von Präsident Trump erhebt sich vor den Scheinwerfern, weder König noch Diktator. Er gleitet von MAGA-Kundgebungen in die Korridore von Washington und zeichnet dabei einen Bogen, der auf zwei Seelen in seiner Brust hindeutet.

Stimmen im Internet bestätigen, daß seine Basis in der Israel-Iran-Frage gespalten ist: Isolationisten wie Tucker Carlson, Marjorie Taylor Greene und Steve Bannon mahnen zur Zurückhaltung und warnen, daß eine tiefgreifende Verstrickung den Ruf der „America First“-Politik irreparabel schädigen würde.

Unterdessen drängen Neokonservative und kriegsbefürwortende Republikaner auf Maßnahmen und werfen Trump Schwäche vor, wenn er den Verbündeten nicht bewaffnet und somit die Abschreckung verstärkt.

Dieser schmale Grat erfordert einen Balanceakt: ein paar Marschflugkörper, ein oder zwei Bunkerbrecher. Genug, um die Neokonservativen zufrieden zu stellen, die „weiche“ Kritik einzudämmen und Netanjahu bei Laune zu halten. Genug, um die Fahne der Verbündeten-Solidarität hochzuhalten.

Wissenschaftler nennen dies das „Israel-Modell“: Unterstützung, die Verbündeten Autonomie gewährt und den Einsatz von US-Bodentruppen begrenzt. Trumps eigene Berater bestätigen dies: Waffenverkäufe, Pentagon-Einsätze und die regionale Haltung sind alle so abgestimmt, daß sie Stärke signalisieren, ohne einen Irak-ähnlichen Sumpf zu riskieren. Die Wut der MAGA-Anhänger über Trumps „ausgezeichnetes“ Lob für Israels Angriffe unterstreicht diese Spaltung.

Kommentatoren sprechen von einem „MAGA-Bürgerkrieg“, Stimmen reden von Verrat aufgrund eines möglichen Zwangs der USA. Umfragen zufolge unterstützt nur etwa ein Fünftel seiner Anhänger einen US-Angriff. Er kann diese Spaltungen nicht ignorieren. Er muß zwischen ihnen lavieren: Neokonservative mit dosierter Gewalt beruhigen und Isolationisten mit Dementis und Leugnungen beschwichtigen. Er hat bestritten, Angriffspläne genehmigt zu haben, und zögert, um seine Glaubwürdigkeit zu wahren.

Der Seiltänzer fürchtet einen Sturz. Zu viel Gewalt löst eine MAGA-Gegenreaktion aus: Wut über den Eintritt in „Irak 2.0“. Zu wenig bestärkt die Neokonservativen und läßt ihn schwach erscheinen. Der digitale Chor scheint seine Unentschlossenheit zu bestätigen: „Ich werde es vielleicht tun, ich werde es vielleicht anders machen“, sagt er.

Er läßt die Möglichkeit offen, zieht sich dann aber zurück. Er genehmigt Bomben, zieht aber die Truppen zurück. Er positioniert Flugzeugträger, verweigert aber die Genehmigung. Das ist Performancekunst: genug Rauch, um den Falken zu schmeicheln, genug Spiegeleffekte, um die Populisten zu beschwichtigen.

So bleibt Trump auf dem Drahtseil. Er nickt MAGA zu, bekräftigt „America First“ und verspricht, „endlose Kriege“ zu beenden. Gleichzeitig trinkt er aus dem Kelch der Neokonservativen: Er rüstet Israel auf, setzt Ressourcen ein und weist die nuklearen Bestrebungen des Iran zurück. Experten bezeichnen dieses Vorgehen als „invertierten Neokonservatismus“ oder hybride Zurückhaltung.

Das Ergebnis ist ein Patt: kein Irak 2.0, nur gezielte Schläge, Theater, um das Gesicht zu wahren. Mit der einen Hand befriedigt er zwei Lager, mit der anderen wehrt er das Chaos ab. Das Seil ist gespannt, die Scheinwerfer bleiben an. In diesem Drahtseilakt ist Trump weder Imperator noch Tyrann. Er ist Schelm und Maestro, der mit jedem Schritt zwei Zuschauergruppen ausbalanciert.

Man sollte Trump nicht unterschätzen.

Quelle: https://www.eurosiberia.net/p/trump-maga-and-the-neocons

Trump wählt den Kriegspfad statt Abschiebungen