Audrey D’Aguanno
Am 25. Dezember wurde in Rom der „Geburtstag der unbesiegten Sonne” gefeiert, der Sieg des Lichts über die Finsternis.
Zwei Tage nach dem Fest der ›Lares familiaris‹, der Schutzgottheiten, die die Familie, aber auch die Ernte, die Straßen und die Städte beschützen sollten, schloß der ›Dies Natalis Solis Invicti‹ die großen Feierlichkeiten der Saturnalien ab, die am 17. Dezember eröffnet worden waren.
Die Saturnalien, eine religiöse Feier, die dem Gott Saturn gewidmet war, der lateinischen Gottheit, die die Halbinsel zivilisierte und beherrschte, wurden von großen Volksfesten begleitet: Es wurden üppige Festessen veranstaltet, die Häuser waren mit Stechpalmen, Misteln und Efeu geschmückt, und es wurden Geschenke ausgetauscht. Und die Kinder erhielten kleine Tonfiguren aus dem göttlichen und heroischen Pantheon als Geschenke: das Fest der ›Sigillaria‹, benannt nach diesen kleinen Statuetten, die auf der ›Via Sigillaria‹ in Rom verkauft wurden, die zu dieser Jahreszeit mit temporären, eigens dafür vorgesehenen Läden ausgestattet war…. ein wenig wie die Weihnachtsmärkte, die heutzutage das Zentrum unserer Städte und Dörfer prägen.
Über den Ursprung der Feierlichkeiten zur ›Unbesiegten Sonne‹ ist viel geschrieben worden. Es wird erzählt, daß Kaiser Aurelian, der sich im Krieg gegen die Königin Zenobia von Palmyra befand, eine Vision des Sonnengottes hatte. Dieser soll eingegriffen und den römischen Truppen in der entscheidenden Schlacht den Sieg gesichert haben. Zwei Jahre später, im Jahr 274, wurde in Rom die offizielle Verehrung des ›Deus Sol Invictus‹ eingeführt und ihm am 25. Dezember auf dem Marsfeld ein Tempel geweiht.
Die Hinwendung zum Sonnengott betrachtete Aurelian als ein starkes Element des Zusammenhalts, da der Sonnenkult in verschiedenen Formen in allen Teilen des Reiches präsent war. Die griechisch-römischen Helios natürlich, aber auch Apollo, Jupiter und der indo-iranische Mithra wurden mit der Sonne identifiziert.
Für unsere indoeuropäischen Vorfahren war das Feuergestirn die Quelle des Lichts, des Lebens und der Wärme. Dies wurde nicht unbedingt von anderen Völkern geteilt, die unter den hohen Temperaturen in Gebieten mit Wüstencharakter zu leiden hatten und die Sonne mit einer zerstörerischen Kraft in Verbindung brachten. Dort wurde die Sonne negativ wahrgenommen, was sich in der Vorherrschaft von Religionen niederschlug, in denen ein eifersüchtiger und herrschsüchtiger Gott dominierte.
In unseren Breitengraden wurde der ›Dies Natalis Solis Invicti‹ im Jahr 354 von den Christen zur Feier der Geburt Christi herangezogen: ›Deus Sol invictus‹ und ›Mithras‹, von denen er inspiriert wurde, entsprachen der Geburt eines Gottes des Lichts, der in Form eines neugeborenen Kindes aus einem Felsen oder einer Höhle auftauchte; ein Erlösergott, der die Welt durch vergossenes Blut regenerierte, und die sakramentalen Mahlzeiten, bei denen Brot und Wein geteilt wurden – feste Bestandteile ihres Kults – waren vielleicht nicht zufällig ein Grund für diese Wahl.
Historisch Interessierte werden endlos über die Ursprünge der Weihnachtsfeierlichkeiten debattieren. Über die Etymologie: Stammt die Wurzel aus dem lateinischen ›Natalis‹ oder ist sie eine Verschmelzung der beiden gallischen Wörter Noio – neu – und Hel – Sonne? Man könnte die Herkunft der verschiedenen Symbole untersuchen, die uns in dieser Zeit verzaubern und Magie in unser tristes und hektisches Leben bringen…
Was für eine schöne Sache, die Genealogie unserer Bräuche zu hinterfragen, zu erforschen und zu kennen! Aber wenn es eine Tatsache gibt, an die man sich erinnern sollte, dann ist es der Synkretismus, der uns vereint. Der Geist unserer Feste. Das ist es, was wirklich zählt: Unter der scheinbaren Vielfalt unserer lokalen oder religiösen, heidnischen oder christlichen, nordischen oder mediterranen Kulturen liegt es an uns, eine Verbindung zu Gott oder dem Kosmos herzustellen, ein wenig Spiritualität in unsere traurigerweise rational gewordenen Seelen einfließen zu lassen. Wir sollten einen Sinn finden, alte Traditionen wiederbeleben, uns mit der Familie und der Gemeinschaft verbinden und den Konsumismus, der die Heiligkeit unserer Welt an sich gerissen hat, so weit wie möglich eindämmen. Wir sollten uns auch neu ausrichten und versuchen, immer besser zu werden.
Also laßt uns heute Abend mehr denn je unsere Lampions, Falotten, Kerzen und Leuchtfeuer anzünden, auf daß diese neue Geburt, unbesiegt und unbesiegbar, sei.
Quelle: BREIZH-INFO
Siehe auch:
Elemente der Metapolitik, Ausgabe 5, 1990, Spezialausgabe ›Wintersonnenwende‹, PDF