Josef Thorak ist ein Jahrhundertkünstler

von Joe F. Bodenstein

 

Sein Name klingt wie aus der nordischen Mythologie: Josef Thorak (1889 – 1952)

Mit Thor, dem Gott des Donners, hat der deutsch-österreichische Bildhauer Thorak gemeinsam, daß sein künstlerisches Werk bis heute wie ein Donnerhall in der europäischen Kunst wirkt.

Josef Thorak, Gemälde von Fritz Erler, 1939

Nach 1945 vom offiziellen Kunstbetrieb in Deutschland diffamiert, ist es international in einem breiten Bewußtsein geblieben.

Thorak wird zu Recht als ein Jahrhundertkünstler bezeichnet. Über sein Schaffen sagte Thorak:

Mein Credo ist, nach der Natur und der Schöpfung zu arbeiten.

Thorak wurde Ende des Zweiten Weltkrieges zum Verhängnis, daß er wie der Bildhauer Arno Breker im Dritten Reich ebenfalls zu den Staatskünstlern zählte. Beide Künstler genossen jedoch bereits hohes Ansehen, bevor die Staatsaufträge Adolf Hitlers und seines Architekten Albert Speer kamen.

Breker setzte nach 1945 seine Erfolge in Frankreich fort, Thorak lebte zurückgezogen und verbittert über die politische Ächtung. Dabei hatte ihn die Spruchkammer München im Entnazifizierungsprozeß als „nicht betroffen“ eingestuft. Der Bildhauer verstarb für seine Verehrer viel zu früh am 26. Februar 1952 in Hartmannsberg am Chiemsee.

Geboren am 7. Februar 1989 in Salzburg erlernte Thorak zunächst wie sein Vater das Töpferhandwerk. Er wechselte frühzeitig zur Bildhauerei und studierte bis 1914 an der Wiener Kunstakademie. Sein Studium beendete Thorak in Berlin.

In den 20er Jahren formte Thorak vor allem Plastiken in Wachs. Ihm fehlte das Geld für teuere Bronzegüsse und Marmorblöcke.

Mit 39 Jahren erhielt er den Staatspreis der Preußischen Akademie der Künste.

Thoraks Fähigkeit zur Monumentalplastik brachte ihm ab 1930 die ersten Staatsaufträge. So schuf er 1934 u.a. auch das erste nationale türkische Befreiungsdenkmal in Eskisehir.

Seine künstlerische Gestaltungskraft entsprach den Vorstellungen der staatlichen Auftraggeber.

1935 wurde Thorak mit einer Werkschau in Berlin geehrt. Zu den Olympischen Spielen 1936 schuf er die monumentale Bronze ›Der Faustkämpfer‹, zu der Max Schmeling Modell stand.

1937 gestaltete Thorak zwei monumentale Figurengruppen für den ›Deutschen Pavillon‹ auf der Pariser Weltausstellung, die fälschlicherweise bis heute immer wieder dem Bildhauer Arno Breker zugeschrieben werden. (Breker und Charles Despiau leiteten die Juroren-Kommission Kunst)

Pariser Weltausstellung 1937

Während auf Wunsch Adolf Hitlers Breker ausschließlich für den Skulpturenschmuck bei der Neugestaltung der Reichshauptstadt vorgesehen war, konnte Albert Speer den Bildhauer Thorak für staatliche Projekte vor allem in Süddeutschland sowie für ein Denkmal an der vom Ausland bestaunten Reichsautobahn einsetzen.

 

Hitler ernannte Thorak zum Leiter einer Meisterklasse an der Akademie der Bildenden Kunst in München. Außerdem ließ er ihm noch vor dem Krieg in Baldham (Oberbayern) ein Staats-Atelier nach Plänen Speers bauen. Dort konnten Plastiken in einer Höhe bis zu 17 Meter aus einem Stück hergestellt werden.

Weniger bekannt ist, daß Thorak in allen Schaffensperioden auch kleine Formate modellierte. Dazu gehören Arbeiten wie ›Liebespaar‹, ›Leda mit dem Schwan‹ und Bronze-Reliefs wie ›Martin Luther‹ oder ›Hans Sachs – der Meistersinger von Nürnberg‹

Leda mit dem Schwan

Sein Privatleben hat Thorak stets bedeckt gehalten. Er galt in jungen Jahren als ein “Weiberer”, wie man in Bayern zu Männern sagt, die besonders gern auf “Frauenjagd” sind. Sein Privatleben war stets Tabu. In erster Ehe war er mit einer Jüdin verheiratet. Sie durfte im Dritten Reich mit Zustimmung der Reichsführung ungehindert nach England ausreisen und wollte nach Kriegsende nicht mehr zurückkehren. Seine letzte junge Ehefrau Erna heiratete er nach 1945 in Österreich.

Der letzte Große Auftritt im ›Haus der Kunst‹
 1944 beteiligte sich Thorak ein letztes Mal an der offiziellen Ausstellung im Haus der Deutschen Kunst in München mit sieben Arbeiten. Dort waren während der NS-Zeit regelmäßig auch Werke zu sehen von Arno Breker, Georg Kolbe, Richard Scheibe, Adolf Wamper, Fritz Nuss, Fritz Klimsch, Paul Mathias Padua, Ernst Liebermann, Heinrich Faltermeier, Ludwig Angerer, Rudolf Agricola, Josef Strahn und anderen.


Nach dem großen Ruhm als Staatskünstler lebte Thorak ab Mai 1945 zurückgezogen und weitgehend isoliert in Österreich und Bayern.

1949 wird er von Bekannten als “gebrochener Mann” geschildert.

1950 ehrt ihn die Geburtsstadt Salzburg mit einer Ausstellung, die in den Medien kritisiert wurde.

1951, ein Jahr vor seinem Tod, wollten Kunstliebhaber den Bildhauer auch in Deutschland würdigen. Am 20. Oktober wird in München eine Ausstellung mit Werken von Altmeistern der Kunst aus der NS-Zeit eröffnet. Darunter waren neben Thorak auch Sepp Hilz und andere vertreten. Es gab öffentliche Proteste gegen diese Ausstellung im einstigen ›Haus der Deutschen Kunst‹.

Thorak ist über die Attacken gegen ihn verbittert und klagt: “Geben denn die nicht endlich Ruh?”
Der bayerische Kultusminister Josef Schwalber fordert damals demokratische Toleranz und die im Grundgesetz verbürgte Freiheit der Kunst ein.

Zu den Porträtbüsten, die Thorak schuf, gehören Bildnisse von Friedrich Nietzsche, Adolf Hitler, Benito Mussolini. Er verewigte den Schauspieler Otto Gebühr, den Kunsthistoriker Julius Alwin Ritter von Schlosser, Paracelsus und Kopernikus.

 

Paracelsus, Kurpark in Salzburg

Große Figuren aus Marmor stehen heute noch in Salzburg.
 Werks-Kenner Uwe Möller schrieb posthum über den Bildhauer:

Nie hatte er irgendwelchen Ismen gehuldigt, auch Altmetall und Bombentrümmer nie als Kunstwerke ausgegeben. Thorak war nicht in der Strömung getrieben, sondern ist seinen Kurs gesteuert: als Künstler, als Künder der Wesensmächtigkeit seines Volkes. Was Wilhelm von Bode in Würdigung des Schaffens des Vierzigjährigen 1929 aussprach, daß Thorak durch all die Jahre nach dem Kriege, das Elend und die Korruption der Zeit “ungeschädigt und unbeeinflußt hindurchgehen” konnte, daß er “sich gerade in dieser traurigen Zeit zu voller Eigenart durchgerungen” habe, dies hätte er auch zwanzig Jahre später–nun dem Totgeschwiegenen, dem Verfemten bezeugen können.


Josef Thorak ist im Grab seiner Mutter in der Festspielstadt Salzburg beigesetzt. Es ist mit Figuren und Kleinreliefs des Bildhauers gestaltet. Um sein künstlerisches Vermächtnis bemüht sich das Josef-Thorak-Archiv.

Erbbegräbnis Franz Ullstein, Friedhof Heerstraße in Berlin, um 1928

 

Print Friendly, PDF & Email