Umberto Bianci

Der Westen und die gesamte Welt erleben eine neue Bedrohung, die beispiellos ist, schlimmer als die verschiedenen natürlichen oder aus dem Reagenzglas entsprungenen Viren, schlimmer als alle Kriege, die bisher auf unserem unglücklichen Globus entfesselt wurden, schlimmer als alle Mafias dieser Welt, noch schlimmer als die gefürchtete Bedrohung durch den Klimawandel … es ist eine subtile, nicht greifbare Bedrohung, gerade weil sie von einer kontinuierlichen, zwanghaften und monotonen Narrativierung verdeckt und versteckt wird.

Und wie lautet der Name dieser gefährlichen und zugespitzten Bedrohung? Und wie wirkt sie sich auf unser tägliches Leben aus? Es gibt nur eine einzige gut geeignete Definition, um die Konturen abzustecken, und das ist der “Goodismus” oder, wenn man diesen angelsächsischen Neologismus (der zugegebenermaßen sehr “trendy” ist …) nicht verwenden möchte, könnte man ihn auch “politisch korrekt” nennen. Es handelt sich um eine Art hysterisches Fieber, das seinen genauen Ursprung in einer entstellten und verzerrten Wahrnehmung des gesamten sozio-juristischen Substrats hat, das seit dem antiken Rom die Grundlage der europäischen und westlichen Rechtssysteme im allgemeinen bildet, nämlich die Idee der Zentralität der Person und ihrer Rechte.

Eine Idee, die sich mit der Beschleunigung des Prozesses der weltweiten Ökonomisierung zu einer regelrechten Form der Hypertrophie eines “Ichs” gesteigert hat, das immer mehr auf sich selbst und die ungezügelte Befriedigung seiner eigenen Triebe ausgerichtet ist und sich immer weniger um die Einhaltung von Richtlinien kümmert, die jene Selbstbeherrschung gewährleisten können, die für die Einhaltung von Pflichten und Grenzen notwendig ist, während das “begehrende Ich” das genaue Gegenteil des Aufbaus eines “starken Ichs” oder “Selbst” darstellt.

Wenn auf gesellschaftlicher Ebene und auf der Ebene der zwischenmenschlichen Beziehungen Institutionen wie die Ehe oder sogar das Paar und die Familienbeziehungen oder auch das psycho-physische Gleichgewicht der immer schwächer und schwächer werdenden Individuen zum Nachteil des Gesagten durch die unterschwellige Ermutigung zum Konsum von Drogen oder ähnlichen psychotropen Substanzen, aber auch durch eine eingehämmerte und ebenso unterschwellige Verbreitung von Werbebotschaften, die jede Art von ungezügelter Befriedigung dieses “Ego”, von dem wir gerade gesprochen haben, hervorheben und verherrlichen sollen, aufgelöst werden


All dies dient dazu, das Bewußtsein des Einzelnen von den eigentlichen Problemen abzulenken, deren Bewußtwerdung eine echte Bedrohung für den “Status quo” darstellen könnte. Dieser Ansatz spiegelt sich jedoch nicht nur auf einer rein persönlichen Ebene oder allenfalls auf der Ebene der zwischenmenschlichen und sozialen Beziehungen wider, sondern auch und vor allem auf einer politischen Ebene.

Und es ist die Idee eines “starken” Denkens, das den Anforderungen der Moderne gerecht werden kann und sich als Element der Verteidigung und des Zusammenhalts einer nationalen Gemeinschaft und ihrer Institutionen auf allen Ebenen – von der politischen bis zur sozioökonomischen – etabliert.

So wird die Tatsache, daß man sich gegen die erzwungene Einreise von Tausenden und Abertausenden von verarmten und entwurzelten Menschen aus der Dritten Welt ausspricht, um die schändliche Praxis der Sklavenarbeit und der kriminellen Arbeit zu fördern, als “ganz gewöhnlicher” Rassismus angesehen, wobei man im Gegensatz dazu vergißt, wie sehr diese Praxis eine wahre Plünderung der menschlichen Ressourcen eben dieser Dritten Welt darstellt. So wird das Eintreten gegen Drogenkonsum in ausufernden und chaotischen Massenveranstaltungen, an deren Ende oft Dutzende von Krankenhauseinweisungen stehen, als eine willkürliche Form des Autoritarismus und der Einschränkung der persönlichen Freiheit betrachtet.

Und so wird umgekehrt der Protest gegen repressive Maßnahmen und schwerwiegende Einschränkungen der persönlichen Freiheit, die unter dem Vorwand der öffentlichen Gesundheitsvorsorge (wie im Fall des Pandemie-Notfalls…) erlassen werden, oder die Ablehnung höchst verfassungswidriger Gesundheitsauflagen als Positionen angesehen, die einer Rüge und medialen Hinrichtung würdig sind und in völliger Inkohärenz mit der ständigen Entlarvung der demokratischen Grundsätze unserer Verfassungen stehen, die als Allheilmittel und Lösung für alle Übel der Welt gepriesen werden.

So kündigt auf der Ebene der internationalen Beziehungen die Opposition gegen die Entscheidungen und Richtlinien der Neuen Weltordnung den Kritikern harte Rügen und schwere Strafen an. Dies gilt auch für die Russische Föderation, die von den Eurokraten in Brüssel nun sogar als “terroristischer” Staat bezeichnet wird. Bei all dem wird die Tatsache vergessen, daß die militärische Reaktion gegen die Ukraine durch deren offensichtliche Absicht ausgelöst wurde, der NATO beizutreten, in einer Funktion, die sich offen gegen ihren mächtigen Nachbarn richtet, der angesichts der Aussicht, die Raketen der atlantischen Allianz direkt vor seiner Nase zu sehen, und der anhaltenden Angriffe des Kiewer Regimes auf die wehrlose russischsprachige Bevölkerung im Donbass nichts anderes tun konnte, als manu militari einzugreifen.

Und dies trotz wiederholter Aufforderungen, zumindest eine neutrale Haltung in der Außenpolitik beizubehalten. So wurde unter dem Banner einer falsch verstandenen Solidarität die Entscheidung getroffen, bei einer weiteren Verlängerung des Ausnahmezustands zu assistieren, sich den wirtschaftsfeindlichsten Sanktionen gegen die Russische Föderation anzuschließen und den Staatshaushalt durch Militärausgaben für die Ukraine weiter auszuhöhlen. All dies geschieht seltsamerweise unter Ausblendung des völlig illegalen Regimes, unter dem all dies stattfindet. Die NATO und das sogenannte “Atlantische Bündnis” fanden ihre Daseinsberechtigung in dem Klima, das nach dem Zweiten Weltkrieg während des sogenannten “Kalten Krieges” geschaffen wurde. Ihre Entstehung wird daher durch einen rein defensiven Zweck gerechtfertigt, der auch im NATO-Statut hervorgehoben wird.

Im Lichte der jüngsten Ereignisse (und nicht nur dieser!) läßt sich in den Handlungen der NATO gegenüber der Russischen Föderation jedoch leicht eine gravierende Rechtswidrigkeit erkennen. Eine indirekte Einmischung in den Streit zwischen Moskau und Kiew, die so weit geht, Kiew mit militärischen Mitteln auszustatten, kann nicht nur nicht zu einem Ende des Konflikts führen, indem die Ansprüche einer der Konfliktparteien gezügelt oder gestärkt werden, sondern stellt vor allem eine regelrechte willkürliche Einmischung der NATO dar, bei der die Ukraine kein Mitglied ist. Eine schwerwiegende Rechtswidrigkeit, für die sich die westlichen Regierungen womöglich eines Tages vor einem internationalen Gericht verantworten müssen.

Das eben Gesagte mag wie eine weit hergeholte Hypothese klingen, doch bei näherer Betrachtung ist der Block von Ländern, die sich auf Positionen der offenen Unterstützung der Russischen Föderation ausgerichtet haben oder zumindest von einem Gefühl des tiefen Mißtrauens und der Distanz zu den westlichen Positionen geleitet werden, von einer unerwarteten Größenordnung.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist ein überholtes Organ: Er ähnelt eher einem kleinen Kreis privilegierter Oligarchen als einem Gremium, das geschaffen wurde, um die Stabilität der Welt zu verteidigen und zu schützen. Daher bedarf er einer radikalen Reform im Sinne von mehr Offenheit und Inklusivität.

Die NATO selbst hat mittlerweile den Wert eines abscheulichen und veralteten Relikts des Kalten Krieges angenommen, dessen einziges Ziel anstelle der Verteidigung der europäischen Völker ihre fortschreitende und selbstmörderische Unterwerfung unter das Diktat der Globalisten zu sein scheint. So wie sich der Warschauer Pakt nach dem Bedeutungsverlust des historischen Kommunismus kurzerhand auflöste, müßte die NATO heute im Sinne des Fairplay das gleiche tun.

Aber das Virus der Weltverbesserer hat sich tief in das Innerste der europäischen Seelen gegraben. Auf bewegende Bilder von weinenden Frauen folgen Bilder von Bombenangriffen und Zerstörung, begleitet von dem Mantra, den Bösewicht im Dienst zu dämonisieren, der jetzt von der Russischen Föderation verkörpert dargestellt wird.

Aber vielleicht sind die Stunden des des Gutmenschenvirus gezählt. Der kalte Winter ist nicht nur in der Ukraine angekommen, sondern auch in den Häusern der Italiener und Europäer, die durch die Folgen von Sanktionen, Entbehrungen und Hunger noch mehr frieren und noch ärmer werden. Und vielleicht rüttelt dieser eisige Wind des Elends und der Mangelwirtschaft, die durch jahrzehntelange Impfung mit dem Gutmenschenvirus eingeschläferten Gewissen auf und sanktioniert damit endgültig das Ende dieser ungesunden Ansteckung.

Quelle: http://euro-synergies.hautetfort.com/archive/2022/12/01/le-visage-feroce-du-goodisme.html
Originalquelle: https://www.ariannaeditrice.it/articoli/17953
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