
Christelle Néant
Teilmobilisierung vor dem Hintergrund des Referendums über die Integration der DVR, der RLP und der Regionen Cherson und Saporischschja in die Russische Föderation
Am 21. September 2022 kündigte Wladimir Putin die Teilmobilmachung an, einen Tag nachdem bekannt wurde, daß in der DVR und der LVR (Volksrepubliken Donezk und Lugansk) sowie in den Regionen Cherson und Saporischschja ein Referendum über die Integration in die Russische Föderation bevorstand.
Am Montag, den 19. September 2022, nach weiteren tödlichen Bombenangriffen der ukrainischen Armee auf die Zivilbevölkerung im Donbass, forderten die Bürgerkammern der DVR und der RLP die Oberhäupter der beiden Republiken auf, so schnell wie möglich ein Referendum über die Aufnahme in die Russische Föderation abzuhalten.
Die Entscheidung wurde bereits am nächsten Tag von Leonid Passetschnik, dem Oberhaupt der RLP, und anschließend von Denis Puschilin, dem Oberhaupt der DVR, getroffen, und die Parlamente beider Republiken verabschiedeten die notwendigen Gesetze für die Durchführung des Referendums, das vom 23. bis 27. September 2022 stattfinden sollte.
Nach den beiden Volksrepubliken im Donbass beschloß auch die Militär- und Zivilverwaltung der Region Cherson, zum gleichen Zeitpunkt ein Referendum über die Aufnahme in die Russische Föderation abzuhalten, gefolgt von der russisch kontrollierten Region Saporischschja.
Laut einer von INSOMAR durchgeführten Umfrage ist die Mehrheit der Bewohner der vier Regionen bereit, zur Wahl zu gehen (von 65% in der Region Cherson über 83% in der RLP und 72% in der Region Saporischschja bis hin zu 80% in der DVR), und das Ja zur Integration in die Russische Föderation würde mit 80% der Stimmen in Saporischschja und Cherson, 90% in der RLP und 91% in der DVR einen überwältigenden Sieg davontragen.
Eine weitere Umfrage des Republikanischen Instituts der Krim für politische und soziologische Forschung (RIPSI) ergab 94% Ja-Stimmen in der DVR, 93% in der RLP, 87% in der Region Saporischschja und 80% in der Region Cherson.
Nach diesen Feststellungen wurde eine wichtige Ankündigung von Wladimir Putin noch am selben Abend erwartet, die jedoch schließlich am Morgen des 21. September 2022 erfolgte. In seiner Ansprache kündigte Wladimir Putin an, die Durchführung des Referendums in den Regionen Cherson und Saporischschja sowie in der DVR und der RLP zu unterstützen, für deren Sicherheit Rußland sorgen werde, damit die Menschen ungestört zur Wahl gehen könnten.
Wladimir Putins Entscheidung, eine Teilmobilisierung der Reservisten einzuleiten, ist Teil der “notwendigen und dringenden Maßnahmen zum Schutz der Souveränität, Sicherheit und territorialen Integrität” des Landes angesichts des Ziels des Westens, Rußland “zu schwächen, zu spalten und schließlich zu zerstören”.
Wie der russische Präsident betonte, sagt der Westen “bereits explizit, daß es ihnen 1991 gelungen ist, die Sowjetunion zu spalten, und daß es nun an der Zeit sei, Rußland selbst in eine Vielzahl von Regionen und Gebieten zu zerlegen, die sich gegenseitig tödlich bekämpfen”.
Diese Absicht, Rußland in mehrere Kleinstaaten aufzuspalten, hat nichts mit Verschwörungstheorien zu tun. Die westlichen Regierungen sprechen offen darüber unter dem wohlklingenden Namen “Entkolonialisierung Rußlands”.
Angesichts dieser existenziellen Bedrohung und der nuklearen Erpressung, die auch von einigen hochrangigen Vertretern der wichtigsten NATO-Staaten vorgenommen wurde, die von der Möglichkeit und Zulässigkeit des Einsatzes von Atomwaffen gegen Rußland sprachen, wollte Wladimir Putin daran erinnern, daß Rußland “auch über verschiedene Verteidigungsmöglichkeiten verfügt, von denen einige fortschrittlicher sind als die der NATO-Staaten” und daß wir, wenn seine “territoriale Integrität bedroht wird, selbstverständlich alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen werden, um Rußland und unser Volk zu verteidigen”. Abschließend betonte er, daß “dies kein Bluff ist”.
Im Klartext: Wenn einige glauben, Rußland mit dieser nuklearen Erpressung Angst einjagen zu können, erinnert Moskau daran, daß es über ein großes Atomwaffenarsenal verfügt und bereit ist, es gegebenenfalls einzusetzen. Im übrigen ist einer der Sätze in Wladimir Putins Rede sehr klar: “Diejenigen, die versuchen, uns mit Atomwaffen zu erpressen, müssen wissen, daß die Windrose sich auch gegen sie wenden könnte”.
Zur Erinnerung: Das Symbol der NATO ist eine Windrose. Im Klartext: Länder, die offensive Waffensysteme beherbergen und NATO-Atomwaffen, die auf Rußland gerichtet sind, würden sich in potenzielle Ziele verwandeln, anstatt von der Nordatlantik-Organisation geschützt zu werden.
Was die Teilmobilmachung betrifft, so wurden ihre Modalitäten vom russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu unmittelbar nach Wladimir Putins Ansprache erläutert. Von den 25 Millionen Männern der russischen Reserve werden nur 300.000 Männer mobilisiert. Vorrang haben Männer, die in bestimmten militärischen Spezialisierungen gedient haben und über Kampferfahrung verfügen. Im Klartext heißt das, daß Rußland nur 1,2 % seiner militärischen Reserve mobilisieren wird, was einem Anteil von 1,1 % entspricht.
Sergej Schoigu nutzte die Gelegenheit, um einen Überblick über die russischen und ukrainischen Verluste zu geben. So erklärte er, daß die Verluste in der russischen Armee 5.937 Tote betragen, eine Zahl, die den 6.476 Toten, die die BBC vor einigen Tagen meldete, ziemlich nahe kommt (diese Zahlen schließen die Nationalgarde ein, die dem Innenministerium und nicht dem Verteidigungsministerium untersteht). Was die Verletzten betrifft, so berichtete der russische Verteidigungsminister, daß über 90% der russischen Verwundeten bereits wieder in den Dienst zurückkehren konnten.
Auf ukrainischer Seite sieht die Bilanz ganz anders aus. So gab Sergej Schoigu bekannt, daß die Verluste auf ukrainischer Seite 61.207 Tote und 49.368 Verwundete betragen würden, zuzüglich der Deserteure und der in Gefangenschaft geratenen Personen. Davon wurden allein in den letzten drei Kampfwochen über 7000 ukrainische Soldaten eliminiert, was zeigt, daß die Angriffe Kiews auf die Regionen Cherson und Charkow einen hohen menschlichen Preis für die ukrainische Armee hatten.
Sobald die Regionen Lugansk, Donezk, Saporischschja und Cherson nach dem in wenigen Tagen stattfindenden Referendum in die Russische Föderation integriert sind, wird die Anwesenheit ukrainischer Soldaten in diesen Regionen als Besetzung russischen Territoriums durch die Ukraine betrachtet werden, und wenn die 300.000 russischen Reservisten ausgebildet und kampfbereit sind, wird die russische militärische Sonderoperation für Kiew eine ganz andere (weitaus dramatischere) Wendung nehmen.