Erwan Castel

Der russisch-ukrainische Konflikt ist die ultimative Ausprägung der Konfrontation zwischen einem systemischen, hegemonialen Einheitsdenken im Dienste einer anthropozentrischen Gesellschaft des Habens und einer multipolaren Vision, die auf der Achtung einer Vielfalt von Gemeinschaften des Seins, der Menschen und der Natur beruht, die sich weigern, in einem künstlichen und versklavenden Marktprogressismus aufgelöst zu werden.

Meiner Meinung nach besteht das Hauptproblem des Widerstands, der sich im Rahmen des westlichen Systems gegen die globale Kommerzialisierung der Erde organisiert, darin, daß viele von ihnen nur reaktionär sind und aus intellektueller Faulheit oder ideologischem Fanatismus nichts anderes anzubieten haben als eine einfache Rückwärtsbewegung auf demselben Weg, der unausweichlich zur aktuellen Situation geführt hat. So zum Beispiel die Chauvinisten oder Kommunitaristen, die die Folgen mit den Ursachen der zahlreichen aktuellen Krisen verwechseln und sich in ihren staatlichen, religiösen, ethnischen oder politischen Fantasien zusammenkauern, ohne zu verstehen, daß sie den Nährboden für das Einheitsdenken und den Totalitarismus bilden, die die Völker seit Jahrhunderten in einer Kinetik versklaven, von der die ›Neue Weltordnung‹ lediglich die Endphase darstellt.

Sicherlich ist Rußland nicht perfekt, aber heute ist es vielleicht das einzige Land, das nicht nur eine Emanzipation der vom westlichen militärisch-industriellen und intellektuellen Totalitarismus versklavten Völker anstrebt, sondern auch über die militärische und wirtschaftliche, politische und kulturelle Macht verfügt, um diese zu verwirklichen.

Aber um erfolgreich zu sein, muß man in diesen Kampf wie in die Ritterschaft eintreten und seine Gewißheiten, seine Errungenschaften und Privilegien, seine Ambitionen und Fantasien aufgeben, denn die multipolare Vision wie die ursprüngliche Ritterschaft ist ein durch und durch offenes und gleichberechtigtes Konzept im Gegensatz zur aristokratischen Kaste, die seine Häresie ist. In einen Widerstand gegen den Globalismus einzutreten, indem man dort eine kommunitaristische Hierarchie aufrechterhalten will, sei sie religiös, ethnisch oder kulturell, bedeutet, in eine neue Kastengesellschaft zu versinken, die elitäre Mächte jeglicher Art konsolidiert.

Denn zwischen dem “wokistischen” Kosmopolitismus und dem sektiererischen Nationalismus gibt es eine andere Weltanschauung, die mit der Ordnung der Natur und ihrem vitalen Gleichgewicht übereinstimmt, nämlich die Idee des Imperiums, die semantisch gesehen paradoxerweise das beste Anti-System ist, das den Warenimperialismus bekämpfen kann. Um sich dieser multipolaren Vision anzunähern, ist es für einen Europäer, der durch 2000 Jahre Einheitsdenken (religiös, wirtschaftlich, politisch, ideologisch, kulturell…) pervertiert wurde, notwendig, seine Gewißheiten und Eitelkeiten abzustreifen, die den gesunden Menschenverstand ersticken, der allein den Weg zum Weltfrieden freimacht.

Und wenn westliche “pro-russische” Menschen in einer fantasievollen Übertragung westlicher Neurosen behaupten, Wladimir Putin sei der Verteidiger einer christlichen und weißen Zivilisation, dann schwanke ich zwischen Wut und Mitleid und fordere sie auf, die Vielgestaltigkeit dieses Reiches zu erkunden, dessen menschliche Identitätsvielfalt nur von der einheitlichen Bewußtseinslage eines gemeinsamen Schicksals übertroffen wird.

Auf einer Sitzung des Sicherheitsrats der Russischen Föderation ehrte der russische Präsident Wladimir Putin am 3. März 2022 die russischen Soldaten und Offiziere, die an den Militäroperationen in der Ukraine beteiligt waren.

Ich bin Russe, und wie man so schön sagt, gibt es in meiner Familie nur Russen. Aber wenn ich den Heldenmut sehe, den dieser junge Mann Nurmagomed Gadschimagomedow (*) aus Dagestan, der zur Volksgruppe der Laks gehört, oder andere unserer Soldaten gezeigt haben, dann möchte ich sagen: Ich bin ein Laks, ich bin ein Dagestaner, ich bin ein Tschetschene, ein Inguschete, ein Russe, ein Tatar, ein Jude, ein Mordwe, ein Ossete…. Es ist einfach unmöglich, die über dreihundert nationalen und ethnischen Gruppen Rußlands aufzuzählen – ich denke, Sie verstehen mich -, aber ich bin stolz darauf, ein Teil dieser Welt zu sein, des mächtigen, starken und vielgestaltigen Volkes von Rußland.

*Nurmagomed Engelsowitsch Gadschimagomedow ist ein Leutnant der Lak (ein kaukasisches Volk in Dagestan mit moslemischer Religion), der trotz schwerer Verletzungen weiterkämpfte, bis er sich selbst und die ukrainischen Paramilitärs, die ihn umzingelt hatten, mit einer Granate in die Luft sprengte. Er wurde mit dem Titel “Held Rußlands” ausgezeichnet, und zwar leider erst posthum.

Auf dem Weg zur Konvergenz der Kampfhandlungen

Es ist falsch zu glauben, daß die Verteidigung der westlichen Nationalstaaten durch ihre nationalistischen und kommunitaristischen Mythen es ermöglichen würde, der globalistischen Diktatur zu widerstehen, denn historisch gesehen hat ihr Strukturalismus, der immer einer geschäftstüchtigen Elite gedient hat (sei es aristokratisch, bürgerlich, industriell oder banktechnisch), nichts anderes getan, als die Domestizierung der Völker im Zuge eines fortschreitenden Kapitalismus zu organisieren, der heute in seiner Endphase, dem Weltmarkt, angekommen ist. Der Grund für diese Perversion und den Verrat an den Nationalstaaten liegt darin, daß sie nicht natürlich sind und daß der Westen, den sie bis hin zu dieser ketzerischen ›Europäischen Union‹ aufgebaut haben, wie Yann Fouéré erinnerte, “nur das Ergebnis rivalisierender Imperialismen, von Eroberungen, Aggressionen und Gewalt ist, sowohl militärischer als auch wirtschaftlicher und sozialer Art” sind.

Um sich von der (oft freiwilligen) Versklavung der europäischen Völker zu befreien, ist es von entscheidender Bedeutung, ein europäisches Paradigma neu zu definieren, das die natürlichen Identitäten dieses Kontinents in einer aufsteigenden und volksnahen Subsidiarität respektiert. Die nach wie vor hohe Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen und die Dynamik der Proteste, die in den Provinzen entstehen, zeigen deutlich, daß die noch freien Menschen, während sie sich mehr und mehr von den politisch-medialen Staatsschimären abwenden, untrennbar und natürlich mit ihrem natürlichen Lebensraum verbunden bleiben.

Und hier höre ich schon die intellektuellen Faulenzer, Jakobiner, Ignoranten und Hofschranzen mit Bettelarmband aufheulen, die das Europa der Völker, das ich verteidige, mit dem Europa der von den Brüsseler Globalisten aufgepeitschten Teilstaaten verwechseln.

Dennoch ist die Wahrheit da, und zwar gleißend hell in der ukrainischen Dimension ihrer tausendjährigen Tragödie: Ein Nationalstaat, der nicht der menschlichen geografischen Realität entspricht, kann nur überleben, indem er seine Völker einem mythisierten und totalitären identitären Zentralismus unterwirft, bis er sich seinerseits einer identischen Ideologie mit größeren künstlichen Grenzen unterwirft.

Ich bin davon überzeugt, daß die Wiederherstellung der ›Idee des Imperiums‹ in Europa der einzige Weg ist, der es den Völkern ermöglicht, ihrer politischen, wirtschaftlichen, militärischen, kulturellen, religiösen usw. Entfremdung zu entkommen und ihre Identitätssouveränität in einem gemeinsamen Sinn zurückzuerobern, der ihre Vielfalt in einer supranationalen Schicksalsgemeinschaft vereint und schützt, auch wenn ich mir bewußt bin, daß dies der schwierigste Weg ist. Und ich spreche hier nicht von den karolingischen oder napoleonischen Imperien, die nur dem Namen nach ›Imperien‹ waren, weil sie die eroberten Völker einem einzigen zentralisierten Denken unterwarfen.

Die Ukraine ist eine sowjetische Erfindung, die im Zuge ihrer Rückeroberungen irrational über ihr ursprüngliches russisches Heiligtum hinausgewachsen ist, um einen künstlichen und identitätsmäßig inkohärenten Staat zu bilden (polnisches Galizien, ungarisches Transkarpatien, rumänisches Gagausien, russische Krim und Donbass usw.), der unterworfen werden mußte, um nicht zu zerbrechen.

1991 kamen die Studien zur Vorbereitung der postsowjetischen ukrainischen Unabhängigkeit zu dem Schluß, daß nur ein föderales System die Stabilität des Landes gewährleisten könne. zu dem Schluß, daß nur ein föderales System die Stabilität des Landes gewährleisten könne. Diese Empfehlung, die immerhin dem geopolitischen gesunden Menschenverstand gehorchte, wurde nie befolgt, genauso wenig wie derselbe geopolitische gesunde Menschenverstand von Präsident Putin befolgt wurde, als er im vergangenen Dezember und im Januar einen europäischen Vertrag über kollektive Sicherheit vorschlug!

Der Rest ist bekannt: Staatszerfall und Unterwerfung unter eine mafiöse Oligarchie, die in einem zwangsläufig progressiven Kapitalismus die Interessen und Freiheiten der ukrainischen Völker für Partikularinteressen und einen Scheinliberalismus verraten hat, bis hin zur Versklavung aller Völker im aggressiven globalistischen System, das sie in einen unvermeidlichen Krieg gegen Rußland hineingezogen hat. Das ist das Schicksal eines künstlichen und mythisierten Nationalstaates: Diktatur oder Anarchie und Unterwerfung für seine Völker oder für sich selbst bis hin zum historischen Selbstmord.

Das große Rußland hat es trotz seiner historischen totalitären Auswüchse verstanden, in seinen verschiedenen politischen Ausprägungen die ›Idee des Imperiums‹ zu bewahren, die es seinem riesigen Raum ermöglicht, seine kulturelle Vielfalt nicht nur zu bewahren, sondern durch sie sogar noch bereichert zu werden. Die Identität der Russischen Föderation ist, ob es den kosmopolitischen Globalisten oder den chauvinistischen Phantasten nun gefällt oder nicht, nicht kommunitaristisch, ganz im Gegenteil: Ihre Verfassung, ihre Institutionen und ihre hoheitlichen Kräfte führen einen unerbittlichen Kampf gegen alle ideologischen Fundamentalismen und zum besseren Schutz der Vielfalt, der Freiheiten und Traditionen ihrer Gemeinschaften.

Das Erwachen der Völker

Die derzeitige Macht im Westen ist nicht zu übernehmen,  sondern zu zerstören, denn ihre politischen Systeme mit den falschen Links-Rechts-Alternativen sind nur Theaterkulissen, die die Massen in ideologische Ablenkungen verwickeln, nur um eine nationale und automatisierte Staatsmaschinerie im Dienste einer Plutokratie, die heute globalistisch geworden ist, besser zu maskieren. Der Donbass hat nach der Krim den radikalen Weg der Emanzipation der Völker aufgezeigt. Und heute steht dieser regionale Kampf an der Spitze der Rebellion gegen die ›Neue Ordnung‹ und beim Aufbau einer neuen Welt dank dieses entschlossenen Willens zu einer ›Union der Völker‹ Rußlands. (Jede Volksgruppe bewahrt ihre Eigenheiten und ihre Souveränität … also das genaue Gegenteil von ›Multikultur‹ und ›Métissage‹, Anmerkung der Redaktion.)

Wenn man sich diese bemitleidenswerten westlichen Nationalstaaten ansieht, stellt man fest, daß sie, nachdem sie ihre künstliche Souveränität in globalistische Institutionen verlagert haben (während sie natürlich weiterhin ihre nationalen Finanzkasten mästen), sich weiterhin in Staatsfehden zanken, die das geteilte Europa und seine Völker in sozioökonomischer Knechtschaft halten.

Meiner Meinung nach gibt es von den westlichen politischen Eliten, einschließlich der sogenannten radikalen Opposition, nichts zu erwarten, solange sie weiterhin auf die Machtthrone als zu erobernde Ziele schielen. Hingegen kann die Vereinigung der europäischen Völker in der Wiederherstellung der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lokalismen, die das Gerüst der natürlichen Identitäten bilden, gesehen werden, aber unter der einzigen entscheidenden Bedingung, daß sie sich in den Horizont einer gemeinschaftsübergreifenden Föderation Europas einfügen, die es ermöglichen wird, sowohl die nationalen bürgerlichen Etatismen als auch die globalistischen Institutionen, die nur die Verlängerung ihrer Diktatur sind, zu zerstören.

Das Europa der Völker in einer Union seiner Vielgestaltigkeit könnte dann inmitten der Ruinen des Westens der Fürsten und Bankiers wieder auferstehen. Aber das wird Zeit brauchen, genauso wie dieser Krieg gegen die NATO, der in der Ukraine begonnen hat, Zeit brauchen wird.

Die Finanzelite will heute nicht nur ihre Identitäten und Traditionen zerstören, sondern auch ihre zivilisatorischen Werte, auf deren Grundlage die individuellen und kollektiven Freiheiten konzipiert und verteidigt werden können.

Und um mit einem humorvollen – wenn auch sehr ernsten – Seitenhieb zu schließen, hier die Reaktion des Präsidenten der russischen Republik Tschetschenien, Ramzan Kadyrow, auf die Fotos der transsexuellen US-Navy-Admiralin Rachel Levine und des stellvertretenden US-Unterstaatssekretärs für Atomenergie Sam Brinton, die doch bitte zum 14. Juli in die Botschaft des marconistischen Gouvernement eingeladen werden sollten…!

Da sind sie, die NATO-Soldaten! Wir haben es satt, gegen sie zu kämpfen. Gebt uns einen normalen Feind, der mutig ist, damit wir unseren Enkelkindern erzählen können, wie schrecklich und gefährlich er war. Aber was ist das? Wer ist das? Wie können wir unseren Enkelkindern davon erzählen…

Und der tschetschenische Generalleutnant, der bis in die Bartstoppeln hinein Moslem ist, fügte hinzu:

Wladimir Putin und sein Team halten eine strenge Außen- und Innenpolitik aufrecht, um den Verfall der Gesellschaft zu verhindern und die natürlichen, gesunden und klaren menschlichen Werte zu schützen, für die man dankbar sein sollte.

Wir wollen, daß Kinder einen Vater und eine Mutter haben, damit ihre Psyche nicht von Kindheit an traumatisiert wird, sondern gesund, stark und ausgeglichen ist. Und das wird sie sein.

Laut Kadyrow

hat Rußland den Rubikon überschritten und wird sich bis zum Ende gegen Niedertracht und Satanismus wehren.

Die Völker Europas sollten sich ein Beispiel an Rußland nehmen, dessen Macht im Dienste seiner Völker steht, indem sie deren natürliche Identitäten respektiert, die in einer Schicksalsgemeinschaft und einem natürlichen Gemeinsinn vereint sind, und am Donbass, der es verstanden hat, in einer Volksrebellion diese Vereinigung der Völker Großrußlands zu konkretisieren, die an die Grenzen des Imperiums gekommen ist, um die besondere Identität Noworossijas zu verteidigen. Alles andere, Nationalismen, Kosmopolitismus, ethnische und religiöse Kommunitarismen, Wokismus und andere ideologische Fundamentalismen sind nichts weiter als Hokuspokus, der die Völker in phantastischen Ablenkungen von ihrer Knechtschaft halten soll.

Beitragsbild: Diese Karte ist natürlich nicht vollständig.
Quelle: http://alawata-rebellion.blogspot.com/2022/07/vers-une-federation-deurope.html

 

 

Print Friendly, PDF & Email