Edouard Husson

Die Europäische Union ist das Epizentrum der Wirtschaftskrise, in die die Welt geraten ist. Es werden nicht mehr ganze Gesellschaften mobilisiert, um in den Schützengräben Krieg zu führen. Aber die europäischen Staats- und Regierungschefs traten dem russischen Wirtschaftssanktionsregime “mit der Blume im Gewehr” bei. Sie sahen nicht, daß sie einen dreifachen Schock zu verkraften hatten: den von Joe Biden ausgelösten Inflationsschock, den Bumerang-Effekt der Sanktionen gegen Rußland und die Folgen der COVID-Krise, mit der China immer noch zu kämpfen hat. Und niemand kann sagen, wie das alles enden wird.

Die deutsche Regierung hatte 2018 eine Simulation einer Gasversorgungskrise in Süddeutschland durchführen lassen. Das Dokument ist interessant, weil es am Rande des Abgrunds bleibt: Die Dinge werden nicht wirklich ausgesprochen. Es wird erklärt, daß es für Haushalte, Krankenhäuser, Altenheime, Unternehmen usw. sehr hart wäre….. Die Schlußfolgerung lautet jedoch, daß ein solches Szenario völlig unwahrscheinlich ist.

Seit einigen Wochen ist dies jedoch nicht mehr der Fall. Erst gestern gab das Magazin ›Focus‹ zu, daß die Gasvorräte in Österreich, die Bayern versorgen, auf einem Tiefpunkt angelangt sind. Für einige Stunden war der Artikel nicht zugänglich (“Fehler 404“), dann war er wieder online.

Das Tauziehen mit Rußland bringt Deutschland in ein Dilemma: Es muß sich zwischen den “umfassenden Sanktionen” und der Fortsetzung der Gaslieferungen entscheiden. Die Mainstream-Medien und die politische Klasse in Deutschland – mit Ausnahme der AfD – sind von einer regelrechten antirussischen Hysterie erfaßt. Unternehmer haben Schwierigkeiten, sich Gehör zu verschaffen, und werden sogar zu ›Kassandras‹ gemacht, die das kommende Unheil ankündigen, aber nicht gehört werden.

Dabei würde es Deutschland gut anstehen, vernünftig zu sein. Die Inflation liegt bei 7,4 % (im Jahresvergleich). So hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr. Die Wachstumsprognosen für 2022 sind bereits halbiert. Die Wurzeln dieser Probleme liegen vor dem Krieg in der Ukraine, der sie noch verschärft. Doch Deutschland scheint sich der Krise, die über Europa hereinbrechen wird, nicht bewußt zu sein.

Am Anfang steht die COVID-Krise mit steigenden Staatsdefiziten, rückläufigem Welthandel, weniger Reisen usw. China setzt derzeit aus schwer nachvollziehbaren Gründen – jenseits des totalitären Charakters des Regimes von Xi Jinping – noch eine Schippe drauf. Die “Null-Covid-Politik“, die insbesondere in Shanghai und Peking verfolgt wird, macht die Auswirkungen des Handelsaufschwungs der letzten Monate zunichte und führt zu enormen Versorgungsproblemen für die Industrie in weiten Teilen der Welt. Aufgrund ihrer Abhängigkeit von China ist die Europäische Union besonders betroffen.

Hinzu kommt die Inflationspolitik von Joe Biden. Der derzeitige Gastgeber im Weißen Haus, der sich nach seinem Einzug ins Weiße Haus von einem Programm unbegrenzter öffentlicher Ausgaben ohne wirtschaftliche Notwendigkeit leiten ließ, löste durch die Verabschiedung einer zusätzlichen Finanzspritze für die Wirtschaft in Höhe von fast 7 Billionen US-Dollar eine weltweite Inflationswelle aus, deren größter Importeur die Europäische Union ist. Die Sanktionen gegen Rußland verstärken die Abhängigkeit der EU von den USA – und damit auch die Einfuhr amerikanischer Preise nach Europa, z. B. für Gas, das die russischen Lieferungen ersetzen soll.

Da die Europäische Union am stärksten von russischem Gas abhängig ist – vor nicht allzu langer Zeit betrachteten die europäischen Staats- und Regierungschefs Rußland als Teil Europas – kumuliert die EU in der kommenden Krise also die Nachteile.

Eric Verhaeghe nimmt in seinen Analysen seit mehreren Monaten und auch heute wieder vorweg, wie die supranationalen Instanzen Europas zweifellos auf die Rezession mit einer Flucht nach vorne in Richtung mehr föderaler Integration und Autoritarismus reagieren werden. In Wirklichkeit ist jedoch keiner der europäischen Staats- und Regierungschefs bereit, sich dem zu stellen, was zu einer EU-weiten Gelbwestenkrise werden könnte. Bei seinem ersten Auftritt als wiedergewählter Präsident in Cergy-Pontoise, einem Vorort von Paris, wurde Emmanuel Macron mit Tomaten beworfen. Mario Draghi entwickelt sich zu einem der meistgehaßten Ministerpräsidenten in der italienischen Geschichte, die Demonstrationen nehmen zu und es wird schwierig für ihn, auf die Straße zu gehen, ohne beschimpft zu werden.

Dies sind nur die Vorboten des bevorstehenden Chaos.

Und niemand weiß, in welchem Zustand sich die Europäische Union zu Beginn des nächsten Winters befinden wird, wenn der Heizbedarf steigt und ein Teil der Bevölkerung von Energierechnungen, einer Inflation der Lebensmittelpreise und steigender Arbeitslosigkeit aufgrund von Konkursen erdrückt wird.

Quelle: https://lecourrierdesstrateges.fr/2022/04/29/lunion-europeenne-au-coeur-de-la-crise-economique-mondiale-a-venir/

 

Ein hetzerischer und verlogener Beitrag der Systemmedien: ›Putins Gas-Falle‹!

Es lohnt sich, den ›Frontal‹-Bericht anzuschauen, denn die Fakten werden genannt und an denen kommt niemand vorbei. Die langfristige Verträgen besagen, daß Deutschland für die vereinbarte Gasmindestabnahmemenge bezahlen muß, auch wenn es die Gaslieferungen boykottiert (Take-or-pay-Klausel).

Putin bekräftigte mehrmals, daß die Gaslieferverträge unabhängig sind von der Politik.

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